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Erfindermesse iEna in Nürnberg

Innovation

Ideen für Deutschland

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    Jana Spiller und Niklas Ruf vom Gymnasium Ochsenhausen haben ein erschwingliches und autonom funktionierendes Hochwasserwarnsystem entwickelt.
    Jana Spiller und Niklas Ruf vom Gymnasium Ochsenhausen haben ein erschwingliches und autonom funktionierendes Hochwasserwarnsystem entwickelt. Foto: Matthias Zimmermann

    Deutschland lebt von seinem Erfindungsgeist, heißt es. Die Produktion hier ist teuer, und wenn Unternehmen wettbewerbsfähig sein wollen, müssen ihre Produkte cleverer und effizienter sein als die der Konkurrenz. Wenn das stimmt, öffnet in Nürnberg am Samstag quasi ein Schaufenster in die Zukunft der deutschen Wirtschaft: Bei der internationalen Erfindermesse iENA stellen über 260 Aussteller drei Tage lang gut 500 Erfindungen vor. Vielleicht ist hier also das nächste große Ding dabei? Betonen die Veranstalter doch stolz, dass etwa der Sicherheitsgurt, der Rollkoffer und das Skateboard in Nürnberg erstmals der Weltöffentlichkeit präsentiert wurden.

    Bei der Vorabbesichtigung am Donnerstag dämpft Eberhard Kübel die Erwartungen erst einmal: „Die meisten Erfindungen sind eher Lösungen für kleine Probleme“, sagt er. Und als zweiter Vorsitzender des Deutschen Erfinderverbands (DEV) hat sein Wort Gewicht. „Viele Erfindungen entstehen, weil sich eine Person über Hindernisse im täglichen Leben ärgert“, erklärt Kübel. Aber was heißt das schon. Wer schon einmal mit Familiengepäck verspätet zur Kofferabgabe am Flughafen gehastet ist, dürfte dem unbekannten Erfinder des Rollkoffers jeden Euro gönnen, den er mit seiner Erfindung verdient hat.

    Aber auch da räumt Kübel mit falschen Vorstellungen auf: „Selbst die Industrie rechnet nur mit einer Erfolgsquote von vier bis fünf Prozent ihrer Erfindungen“, sagt er. Selbstständigen Erfinderinnen und Erfindern gelingt es entsprechend selten, ihre Ideen verwirklicht zu sehen. Ohne zumindest einen funktionierenden Prototyp lasse sich kaum ein Unternehmen für eine Fremderfindung begeistern. Christian Flasch hat die Sache darum selbst in die Hand genommen. Der Zahnarzt aus dem Saarland hat sich daran gestört, dass Zahnbürsten meist eher unhygienisch aufbewahrt werden.

    Zahnarzt Christian Flasch sucht Partner für seine patentierte Zahnbürstenbox: Er hat schon ein fertiges Produkt, kann aber nicht im Nebenerwerb den Markt erschließen.
    Zahnarzt Christian Flasch sucht Partner für seine patentierte Zahnbürstenbox: Er hat schon ein fertiges Produkt, kann aber nicht im Nebenerwerb den Markt erschließen. Foto: Matthias Zimmermann

    „Wenn man mit Kindern auf Reisen ist, dauert es nicht lange und die Zahnbürsten liegen irgendwo am Boden im Hotel-Badezimmer“, berichtet er aus eigener Erfahrung. Die Initialzündung für die Idee aus jenem Urlaub liegt nun acht Jahre zurück. Seine Kinder studieren mittlerweile, seit Juni hat er eine Kleinserie seiner patentierten Zahnbürstenbox. Auf der Messe hofft er auf Kontakte, um das Produkt im großen Stil auf den Markt zu bringen.

    Die lange Zeit, die es dauert, bis eine Erfindung in Deutschland geschützt werden kann, ist eine weitere Hürde für kreative Geister, sagt Kübel. Das Problem sei bekannt, aber nur schwer zu lösen, räumt Til Huber ein. Der Sprecher des Deutschen Patent- und Markenamts hat aber andere positive Nachrichten: Bayern ist demnach die Nummer eins bei der freien Erfinderszene in Deutschland. Rund ein Viertel aller Anmeldungen aus diesem Bereich kam im vergangenen Jahr von hier. Anmeldestärkste Branche war der Maschinenbau. Fünf Prozent aller Anmeldungen kamen zuletzt von freien Erfinderinnen und Erfindern. Aber ihre Ideen haben das Leben vieler Menschen verändert oder sogar gerettet: Der erste Airbag, massentaugliche Spreizdübel oder Schraubstollenfußballschuhe etwa wurden außerhalb von Unternehmen erfunden.

    Bernhard R. Kämmerer hat 30 Jahre bei Siemens geforscht. Im Ruhestand hat er Zeit, sich ein System zur drahtlosen Stromübertragung auszudenken, das sich etwa für Spielzeuge oder eine kabellose Beleuchtung in Museen nutzen ließe.
    Bernhard R. Kämmerer hat 30 Jahre bei Siemens geforscht. Im Ruhestand hat er Zeit, sich ein System zur drahtlosen Stromübertragung auszudenken, das sich etwa für Spielzeuge oder eine kabellose Beleuchtung in Museen nutzen ließe. Foto: Matthias Zimmermann

    Wir gehen weiter, an den Stand von Bernhard Kämmerer. Der Münchner hat 30 Jahre bei Siemens geforscht und im Ruhestand eine Erfindung gemacht, die auf jeden Fall das Leben von Kindern bereichern könnte, aber längst nicht nur. Dank seines Systems einer besonders günstigen drahtlosen Energieübertragung, könnten Spielzeugautos ohne Akku oder Kabel fahren. Aber auch Museen und Geschäfte könnten in Vitrinen Objekte mit einer drahtlosen LED-Beleuchtung perfekt inszenieren.

    Philipp Häfner (links) und Prof. Hans-Achim Reimann haben sich für ihr Reinigungssystem vom Kugelkäfer inspirieren lassen.
    Philipp Häfner (links) und Prof. Hans-Achim Reimann haben sich für ihr Reinigungssystem vom Kugelkäfer inspirieren lassen. Foto: Matthias Zimmermann

    Ebenfalls von Beruf aus innovativ sind Philipp Häfner und Prof. Hans-Achim Reimann von der Hochschule Ansbach. Die Oberflächenforscher haben das Rasterelektronenmikroskop an ihrer Hochschule genutzt, um sich Tricks von Insekten abzuschauen. „Das sind hoch spezialisierte Lebewesen, die während ihrer Evolution Lösungen für viele Probleme entwickelt haben“, sagt Reimann. Der Kugelkäfer zum Beispiel. Er hat einen winzigen Spalt zwischen Kopf und Panzer. Ein System aus Borsten und einer geriffelten Rampe verhindert, dass dort Schmutz eindringen kann. Mit einem Rollo-Hersteller haben die Forscher einen selbstreinigenden Prototyp entwickelt und hoffen nun auf Ideen für weitere Anwendungen.

    Für Jana Spiller und Niklas Ruf, beide 16 und Schüler des Gymnasiums im württembergischen Ochsenhausen im Landkreis Biberach dagegen, war ganz klar, was sie erfinden wollten: ein System, das auch an kleineren Flüssen und Bächen kostengünstig und zuverlässig drohendes Hochwasser vorhersagen kann. Nach drei Jahren Arbeit kann nun jedermann für 80 Euro eine Sensorbox kaufen, die über eine frei verfügbare App bei Gefahr warnt. „80 Prozent aller Hochwasseropfer weltweit hätten bei rechtzeitiger Warnung gerettet werden können“, sagen die beiden Erfinder und hoffen auf eine weite Verbreitung ihres „WarnMe!“-Systems. Verdienen werden die beiden dabei nichts. Aber das Erfinden hört ja nie auf.

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