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Energie: Nord-süddeutscher Krach um Strompreise

Energie

Nord-süddeutscher Krach um Strompreise

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    Windräder nahe der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover.
    Windräder nahe der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Die norddeutschen Flächenländer fordern eine Aufteilung Deutschlands in unterschiedliche Strompreiszonen zu Lasten Süddeutschlands. Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" wollen die norddeutschen Länder günstigere Strompreise für ihre Bürger und Unternehmen durchsetzen. Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) sagte der Zeitung: "Wenn ich da lebe oder produziere, wo auch die Energie produziert oder angelandet wird, muss diese Energie dort auch günstiger sein." Der Norden trage seit Jahren die Hauptlast der Energiewende.

    Die bayerische Staatsregierung reagierte entrüstet und stellte eine Gegenrechnung mit dem Länderfinanzausgleich an. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezifferte die aktuellen Zahlungen Bayerns auf über neun Milliarden Euro, deren Gesamtsumme in den vergangenen Jahrzehnten auf bislang über 100 Milliarden. "Wir zahlen circa zehn Prozent der norddeutschen Haushalte", sagte Söder am Sonntag. Es könne deshalb nicht sein, dass Bayern ständig angegriffen werde. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) kritisierte die norddeutschen Forderungen als "schlicht unverschämt".

    Damit ist in der Politik offener Streit um ein Thema ausgebrochen, über das in der Energiebranche schon seit Jahren diskutiert wird.

    In Norddeutschland ist die Windstromproduktion in den vergangenen Jahren stark ausgebaut worden. Doch größer ist die Stromnachfrage im Süden mit seinen vielen energieintensiven Industrieunternehmen. Um die Stromleitungen nicht zu überlasten, sind teure Maßnahmen zur Sicherung und Stabilisierung des Netzes notwendig.

    Das beinhaltet den sogenannten "Redispatch": Zeitweise müssen teure Kraftwerke im Süden laufen, weil billiger Windstrom aus dem Norden mangels Kapazität nicht in den Süden transportiert werden kann. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) beziffert die Gesamtkosten des "Engpassmanagements" im deutschen Stromnetz für das Jahr 2021 auf knapp 2,3 Milliarden Euro, davon 590 Millionen für den "Redispatch". Der Großteil dieser Redispatch-Kosten entfiel laut BDEW auf das Gebiet des Netzbetreibers Tennet in Bayern.

    Anlass der norddeutschen Kritik ist, dass die CSU den Ausbau der Windkraft in Bayern wegen des Widerstands in Teilen der Bevölkerung faktisch zum Erliegen gebracht hatte, seit 2016 sind im Freistaat kaum noch neue Windräder ans Netz gegangen. Einen Kurswechsel gab es erst in diesem Jahr. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) wiederum hatte ehedem in der Opposition jahrelang Widerstand gegen den Bau der großen Stromtrassen geleistet, die den norddeutschen Windstrom in den Süden leiten sollen.

    "Die Höhe der Stromnetzentgelte belastet die Letztverbraucher und benachteiligt den norddeutschen Wirtschaftsstandort", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Reinhard Meyer (SPD) der "Welt am Sonntag".

    Gleich vier bayerische Regierungsmitglieder legten empörten Protest ein: Neben Söder und seinem Staatskanzleichef Herrmann auch Aiwanger und Finanzminister Albert Füracker (CSU), der die Abschaffung des Finanzausgleichs ins Gespräch brachte: "Wenn das der Dank dafür sein soll, dass Bayern seit Jahren über den Finanzkraftausgleich andere Länder mit zig Milliarden mitfinanziert, dann ist es nur richtig, dass immer dringlicher hinterfragt werden muss, ob dieses ungerechte System so noch Bestand haben darf."

    Zuvor hatte schon Wirtschaftsminister Aiwanger (Freie Wähler) protestiert. "Wir brauchen jetzt einen Preisdeckel für Strom und Gas und die Übernahme der darüber hinaus gehenden Kosten aus dem Bundeshaushalt", sagte Aiwanger. "Was wir nicht brauchen, ist eine Debatte im Klein-Klein über Netzentgelte und Strompreiszonen."

    Momentan gibt es nur eine Strompreiszone für ganz Deutschland, obwohl Produktions- und Verteilkosten regional unterschiedlich sind. Bis 2018 gab es eine gemeinsame deutsch-österreichische Strompreiszone. Nach der Aufspaltung in zwei getrennte Zonen war der Strom in Österreich teurer als in Deutschland. Im Süden wird befürchtet, dass der gleiche Effekt wieder eintreten könnte, wenn es eine eigene süddeutsche Strompreiszone gäbe.

    Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne) hingegen nannte eine Aufteilung in Preiszonen "die logische Konsequenz des energiepolitischen Irrweges" bayerischer Landesregierungen. Mehr als 15 Jahre lang hätten diese den Ausbau von Stromnetzen und Windkraft sabotiert, saget Goldschmidt der "Welt am Sonntag". Es sei "den Menschen im Norden schlicht nicht mehr zu vermitteln, warum sie die Zeche dafür zahlen müssen".

    (Von Carsten Hoefer und Christopher Hirsch, dpa)

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