Bayern kommt bei der angestrebten Reduzierung der Treibhausgasemissionen offenbar nicht im nötigen Tempo voran, um die eigenen Klimaschutzziele zu erreichen. Zuletzt - nach Corona - ist der CO2-Ausstoß sogar wieder leicht gestiegen. Das geht aus dem neuen Klimabericht hervor, den die Staatsregierung in diesen Tagen dem Landtag zugeleitet hat und der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Die Grünen warfen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und dessen Regierung Nichtstun vor. Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte dagegen: "Der Freistaat hat sich gesetzlich verpflichtet, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden. Dieses Ziel wird erreicht."
Nach Bayerns neuem Klimaschutzgesetz soll der Freistaat bereits 2040 klimaneutral sein. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um 65 Prozent pro Einwohner im Vergleich zum Jahr 1990 gesenkt werden. Das bedeutet laut Klimabericht, dass die Emissionen in dieser Zeit von 9,9 Tonnen pro Kopf auf 3,5 Tonnen pro Kopf vermindert werden müssen. Im Jahr 2019 lagen die Emissionen aber noch bei 7,3 Tonnen pro Kopf.
Betrachtet man die Gesamtsumme der CO2-Emissionen, so müssen diese, unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums, von 112 Millionen Tonnen im Jahr 1990 auf 47 Millionen Tonnen reduziert werden. Im Jahr 2019 lag der Ausstoß aber noch bei 95 Millionen Tonnen - "das entspricht einem Rückgang von 14,8 Prozent über einen Zeitraum von 29 Jahren", heißt es im neuen Klimabericht. Und weiter: Zum Erreichen des bayerischen Minderungszieles müssten in den verbleibenden elf Jahren von 2019 bis 2030 die jährlichen Emissionen um 49 Millionen Tonnen sinken "und sich damit mehr als halbieren (-51,2 Prozent)".
Von 2019 auf 2020 gab es zwar einen deutlichen Rückgang der Emissionen auf 91 Millionen Tonnen (minus 4,3 Prozent). Dies sei aber "nach ersten Schätzungen zu einem großen Teil auf die Corona-Pandemie und die hierdurch verursachten Einschränkungen zurückzuführen". Tatsächlich setzte sich der Trend auch nicht fort, sondern es kam wieder zu einem leichten Anstieg: Für 2021 weist der Klimabericht für Bayern wieder einen CO2-Ausstoß von 92 Millionen Tonnen aus - der Wert liegt damit aber immer noch unter dem Wert fürs Jahr 2019.
Für 2022 ließen sich nur schwer Prognosen abgeben, heißt es in dem Bericht weiter. Der Atomausstieg und die seit dem Ukraine-Krieg zunehmende Kohleverstromung hätten aber wohl "erhebliche negative Auswirkungen", dies werde sich auch in den bayerischen Zahlen zeigen.
Die Grünen werfen der Staatsregierung ein völlig unzureichendes Tempo beim Kampf gegen den fortschreitenden Klimawandel vor: Nach eigenen Berechnungen der Grünen seien die Treibhausgasemissionen in den vergangenen zehn Jahren, von 2012 bis 2021, im Schnitt nur um 0,5 Millionen Tonnen pro Jahr zurückgegangen. "Eine halbe Million Tonnen an CO2 pro Jahr einzusparen ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein", sagte Fraktionschef Ludwig Hartmann. "Bayern will bis 2040 klimaneutral sein - nach Adam Riese müssen wir also ab jetzt jährlich fünf Millionen Tonnen weniger CO2 verbrauchen." Die Einsparungen müssten also verzehnfacht werden. "Wie wir das schaffen und wo wir dafür ansetzen müssen, wissen wir - doch die Söder-Regierung ignoriert dieses Wissen und verweilt weiter im Nichtstun und Blockieren", klagte Hartmann.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze kritisierte: "Statt zu handeln, rechnet sich die Staatsregierung lieber die eigenen Zahlen schön." Es werde betont, dass der CO2-Ausstoß pro Einwohner in Bayern geringer sei als in anderen Bundesländern. "Dass der Freistaat große Mengen an Strom importiert und die Emissionen für den hier verbrauchten Strom teilweise anderen Bundesländern zugerechnet werden, lässt die Söder-Regierung großzügig unter den Tisch fallen."
Schulze kritisierte, der Klimabericht enthalte "nur Larifari", keine konkreten Maßnahmen. "Was wir dringend brauchen, ist ein modernes Klimaschutzgesetz mit einem verbindlichen CO2-Budget und klaren Zielen für die einzelnen Sektoren, damit Bayern bis 2040 klimaneutral werden kann." Hartmann sagte: "Anders als die Söder-Regierung legen wir konkrete Klimaziele fest - und definieren klar, was in den verschiedenen Sektoren, also im Verkehr, in der Landwirtschaft, im Gebäudebereich passieren muss, damit wir genügend CO2 einsparen."
Der Ministeriumssprecher wies diese Forderung zurück. "Auch die Bundesregierung verzichtet inzwischen auf spezifische Sektorenziele und hat sich damit dem bayerischen Weg angeschlossen", sagte er.
"Beim Klimaschutz in Bayern passiert viel", argumentierte er. "Der Freistaat bringt den Klimaschutz mit großer Dynamik weiter voran." Mit dem neuen Klimaschutzgesetz erfolge eine grundlegende Neuausrichtung der Klimapolitik in Bayern. So schreibe das Gesetz beispielsweise das überragende öffentliche Interesse für alle erneuerbaren Energien fest. Dies solle einen substanziellen Ausbau der erneuerbaren Energien ermöglichen. "Das Klimaschutzprogramm ist dynamisch ausgestaltet, unterliegt im Hinblick auf die Zielerreichung einem regelmäßigen Evaluierungsprozess und wird kontinuierlich angepasst und fortgeschrieben", betonte der Sprecher weiter.
(dpa)