Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Elternvertretung fordert Ende unangekündigter Tests

Schule

Eltern gegen Söder: Verein kritisiert sein Festhalten an „Exen“

    • |
    • |
    Für die Landes-Eltern-Vereinigung steht fest: Exen führen zu Angst und Druck bei Schülerinnen und Schülern.
    Für die Landes-Eltern-Vereinigung steht fest: Exen führen zu Angst und Druck bei Schülerinnen und Schülern. Foto: Armin Weigel, dpa

    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wollte die Diskussion eigentlich beenden: „Exen und Abfragen bleiben erhalten“, stellte er vergangene Woche auf einer Pressekonferenz klar. Die Landes-Eltern-Vereinigung der Gymnasien in Bayern e. V. will das Basta aber nicht akzeptieren. In einem offenen Brief an Söder schreibt nun die Vorsitzende des Vereins, Brigitte Bretthauer: „Eine große Mehrheit der Gymnasialeltern in Bayern lehnt kleine unangekündigte schriftliche Leistungsnachweise ab.“ Stattdessen sollten diese künftig angekündigt werden.

    Es sei unbestreitbar, dass unangekündigte schriftliche Tests bei vielen Schülerinnen und Schülern Angst erzeugten, begründete der Verein seine Position. Zudem werde in der Berufswelt viel stärker lösungsorientiertes Denken und strukturiertes Arbeiten unter Druck verlangt. Diese Eigenschaften förderten die Tests jedoch nicht, heißt es in dem Schreiben. Abfragen will der Verband dagegen weiter zulassen. Söders Staatsministerium antwortete unserer Redaktion, dass man sich grundsätzlich nicht zu offenen Briefen äußere. Auch auf inhaltliche Nachfragen gab es keine Auskunft.

    Söder mache Bildungspolitik mit Schnellschüssen, sagt die BLLV-Präsidentin

    Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), hatte sich zuletzt ebenfalls gegen Söder gestellt: „Die Bildungspolitik in Bayern macht der Ministerpräsident mit Machtworten und Schnellschüssen und auf Basis eines veralteten tradierten Bildungs- und Leistungsverständnisses“, sagte sie am vergangenen Freitag.

    Sie kritisierte auch den Umgang des Ministerpräsidenten mit Schülerinnen und Schülern. So hatte die 17-jährige Münchnerin Amelie Anfang des Monats eine Petition gegen Exen und Abfragen gestartet. Unterstützt wird die Petition von Organisationen wie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie Prominenten, darunter der Satiriker Max Uthoff. Fast 20.000 Personen haben sich ihr bisher angeschlossen. Es sei schlimm, dass der Ministerpräsident diese Petition schon im Ansatz mit einem Machtwort aushebeln wolle, sagte Fleischmann: „Da können wir uns die ganze Demokratiebildung an unseren Schulen sparen.“

    Eine Studie bestätigt: Unangekündigte Test lösen Ängste aus

    Die Petition und die Diskussion um Söders Entscheidung sind die jüngsten Ausläufer einer bereits länger geführten Debatte. So forderte vor zwei Jahren der Bayerische Elternverband die Abschaffung der unangekündigten Tests. Hintergrund war eine Studie der Universitäten Bayreuth und Wien, die an einer Hamburger Schule den Einfluss von unangekündigten Tests an 414 Mittel- und Oberstufenschülern untersuchte. Das Ergebnis: Wurden die Tests nicht angekündigt, hatten die Schülerinnen und Schüler weniger Freude am Unterricht und mehr Ängste. Sogar die Noten wurden schlechter. Die Forderung des Verbandes verhallte jedoch.

    Zum Start des aktuellen Schuljahres kündigte dann Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) an: „Wir werden die Zahl der Leistungsnachweise unter die Lupe nehmen und die Frage diskutieren, inwiefern Leistungsnachweise angekündigt sein sollen.“ Besonders der Druck auf die Schüler sei ihr gegenüber immer wieder angesprochen worden. Und in Zeiten von Künstlicher Intelligenz müssten die Prüfungsformate ohnehin überprüft werden.

    Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) haben sich gegen die Abschaffung der Stegreifaufgaben ausgesprochen.
    Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) haben sich gegen die Abschaffung der Stegreifaufgaben ausgesprochen. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Eine mögliches Aus der uangekündigten Prüfungen durch die Ministerin hätte zwar nicht alle Schulen getroffen, denn einige lassen bereits gar keine Exen mehr schreiben: Die jeweilige Lehrerkonferenz kann für die eigene Schule beschließen, die Tests nur noch angekündigt zu schreiben. Aber Stolz hätte den Stegreifaufgaben in ganz Bayern auf einen Schlag ein Ende bereiten können.

    Nachdem Söder sich für die Exen ausgesprochen hatte, ruderte auch Stolz mit den Worten zurück: „Wir sind beide der Überzeugung, dass wir unsere Kinder und Jugendlichen dazu befähigen müssen, auch spontan und adäquat auf herausfordernde Situationen zu reagieren. Dazu gehören auch unangekündigte Leistungsnachweise.“

    Das Kultusministerium will die Prüfungsformen nun „weiterentwickeln“

    Zur Forderung der Landes-Eltern-Vereinigung diese abzuschaffen, teilte das Kultusministerium auf Nachfrage schriftlich mit: Man wolle die Prüfungsformen weiterentwickeln. Die Ministerin werde dafür in den Dialog mit der Schulfamilie treten. Auf die konkrete Frage, wie das Ministerium die Debatte über Exen fachlich beurteile, antwortete es nicht. Auf die Inhalte des offenen Briefs wollte es ebenfalls nicht eingehen.

    Für den Erhalt von Exen hatte sich Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, eingesetzt. Es gehe dabei um Selbstdisziplinierung, zum Beispiel beim regelmäßigen Vokabellernen, sagte er in einem Interview mit unserer Redaktion. Der ein oder andere Leistungsnachweis schade nicht. Das Nervenkostüm werde zwar belastet – besonders bei schwächeren Schülern –, aber man müsse aufpassen, sich nicht an denjenigen zu orientieren, die Leistungen nicht bringen könnten oder wollten, sagte er.

    Diskutieren Sie mit
    10 Kommentare
    Maja Steiner

    Verstehe ich nicht. Ich könnte es mir anders herum genau so gut vorstellen, da es doch bekannt ist, dass viele Schüler Prüfungsangst haben. Also hat der Schüler, der mit solcher "gesegnet" ist, tagelang Sorge vor der nächsten "Ex", vor der er, der immer gut vorbereitet ist, bislang nicht nächtelang schlecht träumte. Meiner Ansicht nach ist das ein Pampern von Schülern, die nur punktuell lernen wollen. Ja, klar ist es unangenehm, wenn ich nichts gelernt habe, blank bin und der Lehrer zieht das Papier für den Test aus der Tasche. Dem kann ich aber ganz leicht vorbeugen, wenn ich mich auf die Stunden vorbereite. So einfach ist das. Das Problem wird zugunsten "fauler" Schüler auf die, die sich ordnungsgemäß vorbereiten aber von Prüfungsangst geplagt sind verlagert. Wer denkt sich so etwas aus?

    Klara Rasper

    Ich haette nicht geglaubt, dass ich einmal so hinter Soeder stehen koennte. Die Exen haben uns nicht umgebracht und werden auch den heutigen Schuelern nicht schaden. Das Lernen von Pruefung zu Pruefung und anschliessendes vergessen ist schon viel zu weit verbreitet. Sogar in den Hochschulen sind die Bachelor/Masterpruefungen nicht mehr mit dem Diplom zu vergleichen.

    |
    Martin Goller

    Früher wurden Kinder geschlagen, hat ja auch nicht geschadet, gell?

    Maria Reichenauer

    ICh denke doch, da ist ein kleiner Unterschied. Ich habe viele Exen in meiner Schulzeit geschrieben, alle unangekündigt, manche erahnt. Ich habe kein Trauma davongetragen. Es ist schon ein wenig viel des Dramas, das man um die Exen veranstaltet. Es gäbe sicher Dinge im und um den Unterricht, die man verbessern könnte – den Stoff schriftlich abzufragen gehört sicher nicht dazu. Auch im späteren Leben wird man ja manchmal unangekündigt auf den Prüfstand gestellt – man muss den Kindern nicht alles abnehmen.

    Gabriele Schuster

    Ich kann Frau Rasper nur zustimmen. Dieses Affentheater, daß man Kindern Alles abnehmen und ja jeden Stress vermeiden muß, finde ich kontraproduktiv. Wie sollen Kinder später das Leben bewältigen, wenn sie nie gelernt haben, mit Problemen und entsprechenden Anforderungen zurechtzukommen. Das Leben ist kein Wunschkonzert, das Leben fordert Einiges und nur wer darauf vorbereitet ist, wird bestehen.

    Martin Goller

    Eine Frage an die "man hätschelt die Kinder zu sehr" Fraktion: In welchen Situationen im realen Leben werden Erwachsene ad-hoc über kurz vorher zwangsweise erlernte Inhalte bewertet? Im Job gibt es klar definierte Ziele (Das Haus muss am Tag X fertig sein, das Projekt bis dann, die Präsentation gehalten). Ich werfe einfach mal ein: Die Polizei sollte bitte bei jeder Verkehrskontrolle 5 zufällige Fragen aus der Fahrschule stellen - dann reden wir nochmal über die Stegreifaufgaben. Was ist denn bitte schlecht daran den Schülerinnen und Schülern klar und deutlich zu sagen an welchen Tagen welche Leistung zu bringen ist?

    |
    Maja Steiner

    Folgt man Ihrer Argumentation, könnte man die Schulpflicht gleich abschaffen. Die Kinder lernen den vorgegebenen Stoff aus ihren Büchern und lassen ihre Merkfähigkeit zu bestimmten Terminen abtesten. Warum sollen sie denn in den verrottenden Schulen sitzen, wenn es ohnehin nur wichtig ist, sich zu einem bestimmten Termin den Stoff eingetrichtert zu haben. Im Beruf kommen jeden Tag Aufgabenstellungen auf einen zu, die einen fordern - ggf. sogar überfordern. Das hat dann meist weniger mit in der Schule vermitteltem Lernstoff zu tun, dieser aber ist die Grundlage mit den Anforderungen der Berufswelt gut umgehen zu können.

    Franz Xanter

    Scheinbar haben einige das System Schule und die Notwendigkeit der Wissensvermittlung immer noch nicht begriffen. Hier geht es darum, Gelerntes zu erhalten und zu vertiefen um später eine oder mehrere Prüfungen, Abschlussprüfungen etc. zu bestehen; d. h. das Vorhandensein von Wissen nachzuweisen. Es mag ein altes Sprichwort sein, "ohne Fleiß kein Preis", doch im Kern trifft es genau die Sache. Und zwischenzeitliche Leistungsnachweise bestätigen sowohl aber insbesondere den Lernenden über das vorhandene Maß an Wissen und Mangel bzw. noch fehlendes Wissen werden aufgezeigt.

    Thomas Keller

    Wenn es in den Aufgaben darum geht Faktenwissen abzuprüfen, halte ich dies für ungeeignet. Man hat früher auch die Leute mit Goethes Glocke traktiert, welches Kind versteht das gestelzte Deutsch denn noch richtig und kann solch "Wissen" gebrauchen? Eher sollte das eigenständige Denken, die Informationsbeschaffung und kritische Verwendung gelehrt werden. Auch der Einsatz von Transferwissen ist im Berufsleben sehr hilfreich. Vielleicht können Politiker mir in zwei Wochen das spanische Abfallgesetz und die Bedeutung für einen deutschen Wertstoffhof erklären, ich frage zwischendrin mal nach. Aus einem niedersächsischem Schulsystem kommend, erlernte ich drei Berufe. Solche Exen kenne ich gar nicht, das gab es nicht. Wir sind alles Lehrlinge, es hört nach der Schule nicht auf bzw. geht dann erst richtig los. Meine Amateurfunkprüfung kann ich durch Fragen lernen schaffen, durch Verstehen und anwenden können, dauert es halt a weng länger.

    Wolfgang Leonhard

    Es wäre der Sache wohl am besten gedient, wenn sich Söder nicht immer wieder in Angelegenheiten einmischen würde, die ihn nichts angehen und von denen er nichts versteht.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden