Geht es um Videoüberwachung, richtet sich der Blick schnell auf London: Die Stadt ist laut Erhebungen mit Abstand die am stärksten überwachte Metropole in Europa. Bis zu einer Million Kameras sollen dort installiert sein.
In Deutschland ist das Thema umstritten: Datenschützer fürchten um die Persönlichkeitsrechte, Befürworter argumentieren mit mehr Sicherheit. Zuletzt befeuerte die Debatte ein Vorstoß des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU). Er will künstliche Intelligenz bei der Gesichtserkennung von Menschen auf öffentlichen Plätzen stärker nutzen. Wie nutzt die Polizei im Allgäu Videotechnik?
Polizei im Allgäu: Die rechtlichen Hürden für eine Videoüberwachung sind hoch
Die rechtlichen Hürden für eine Videoüberwachung sind hoch, teilt Polizeisprecher Christian Lindstedt mit. Dauerhaft installierte Kameras nutze die Polizei nicht. Die Technik komme aber zum Beispiel auf Autobahnen für den Verkehrsfluss zum Einsatz. Da gehe es darum, den Verkehr zu lenken und gegebenenfalls mit Tempobeschränkungen stark befahrene Abschnitte sicherer zu machen.
Bei Versammlungen und Demonstrationen könne die Polizei im Rahmen der Beweissicherung auch auf Videoüberwachung zurückgreifen. „Aber auch hier sind die Hürden hoch, die Videoaufzeichnung muss offen und für jedermann wahrnehmbar sein“, sagt Lindstedt.
So helfen Überwachungskameras bei den Ermittlungen
Auch wenn die Polizei selbst keine Videoüberwachung hat, kann sie im Rahmen von Ermittlungen auf Kameras zugreifen. Das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West, zuständig für das gesamte Allgäu und die Landkreise Günzburg und Neu-Ulm, hat 1000 Objekte mit Videoüberwachung gelistet. Lindstedt erläutert: „Jede Bank hat eine Videoüberwachung, zum Beispiel in den Vorräumen.“ Weitere Beispiele sind öffentliche Gebäude, Gerichte, Bahnhöfe oder zum Beispiel der Flughafen Memmingen. Aber auch Hotels, Restaurants, Geschäfte, Autohäuser sowie Parkhäuser und Firmen nutzen Videotechnik.
Schlägt ein Ladendieb zu, begeht jemand Tankbetrug oder kommt es zu einem Streit mit einer Körperverletzung: In solchen Fällen greifen die Beamten auf potentiell vorhandenes Videomaterial zurück. „Das ist oftmals sehr hilfreich für die Ermittlungen“, sagt Lindstedt, der von einem wichtigen Baustein spricht. Aber: Elementarer sei der Personenbeweis, also Aussagen von Geschädigten oder Zeugen. Kommt es etwa zu einem Gerichtsverfahren, werde ihm die höchste Bedeutung beigemessen.
Auch Handyaufnahmen nutzen der Polizei
Einfluss auf die Ermittlungen haben immer häufiger auch Videoaufnahmen von Menschen, die mit ihrem Handy gefilmt haben, sagt Lindstedt. Die Polizei fragt aktiv die Bevölkerung nach diesen. Zuletzt zum Beispiel im Rahmen der tot aufgefundenen 70-jährigen Frau in Nonnenhorn. Das zur Verfügung stehende Datenmaterial habe sich im Vergleich zu früher „immens vergrößert“, sagt der Polizeisprecher. Dazu beigetragen haben aber nicht nur die Smartphones: „Es gibt auch mehr Menschen, die sich eine Videoüberwachungsanlage ans Haus installieren.“
Das viele Datenmaterial habe aber auch einen Haken: „Wenn Sie mehr Daten haben, müssen Sie auch mehr auswerten“. Im Falle der Frau aus Nonnenhorn seien die Beamten aber über jede Aufnahme froh - daraus könne sich ein Ermittlungsansatz ergeben. In dem Fall deute alles bisher auf ein Gewaltverbrechen hin.
Bodycams: Schutz der Beamten im Einsatz
Videoaufzeichnungen decken aber nicht nur Straftaten auf, sie dienen auch dem Schutz der Beamten. Seit ein paar Jahren sind die Polizisten zum Teil mit sogenannten Bodycams, also kleinen Kameras, an der Uniform ausgestattet. So können sie Einsätze, nach strengen Regeln, aufzeichnen. Etwa 120 Geräte sind mittlerweile im Bereich des Präsidiums im Einsatz.
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