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Eigenheim: Ist Holz der Baustoff der Zukunft in Bayern?

Eigenheim

Ist Holz der Baustoff der Zukunft in Bayern?

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    Judith Storr und ihr Verlobter Markus Kugelmann (rechts) haben sich für grau angestrichenes Lerchenholz an der Fassade entschieden. Storrs Vater Johann Storr (links) hat das Haus mitgeplant.
    Judith Storr und ihr Verlobter Markus Kugelmann (rechts) haben sich für grau angestrichenes Lerchenholz an der Fassade entschieden. Storrs Vater Johann Storr (links) hat das Haus mitgeplant. Foto: Marcus Merk

    Mutige Macher, Menschen, die viel Zeit, Energie und Herzblut in aufwendige Projekte stecken, können die Welt verändern. Im Kleinen und im Großen. In unserer Serie „Ideen für ein besseres Bayern“ wollen wir solche Menschen und Projekte vorstellen. In unserer letzten Folge geht es um Bauen mit Holz.

    In Gedanken hat Judith Storr ihr Traumhaus komplett durchgeplant. Wie soll die Küche aussehen, welche Farben passen gut ins Schlafzimmer und in welchem Winkel des Hauses macht sich ein Schwedenofen am besten? Die junge Bauzeichnerin hat an alles gedacht. Sie läuft zusammen mit ihrem Verlobten Markus Kugelmann durch deren Rohbau in Villenbach (Landkreis Dillingen), der in wenigen Jahren nicht nur mit Möbeln, sondern auch mit mehr Leben gefüllt sein soll.

    Holz spielt eine große Rolle in der Baubranche der Zukunft

    Nicht nur die Einrichtung soll etwas Besonderes werden, der Bau an sich auch: Er wird nämlich zum größten Teil aus Holz sein. Dieses Material hat einen wichtigen Stellenwert in der Zukunft der Baubranche, findet Stephan Birk, Professor für „Architektur und Holzbau“ am Department für Architektur der Technischen Universität München (TUM). „Dass wir gerade im Bauwesen nicht so weitermachen können, verdeutlichen die Zahlen“, sagt Birk. Das Bauwesen verursache weltweit rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen, des Abfallaufkommens sowie des Energie- und Rohstoffverbrauchs. „Das Bauen mit dem CO2-neutralen Holz kann einen wesentlichen Beitrag zur Lösung dieser Probleme beitragen“, sagt der Experte.

    Die Holztreppe im Inneren des Hauses ist noch provisorisch.
    Die Holztreppe im Inneren des Hauses ist noch provisorisch. Foto: Marcus Merk

    Dass Storr und Kugelmann umgeben von Holz wohnen wollen, war schon lange klar. „Ich will mich nicht an eine kalte Betonwand anlehnen“, meint die 29-Jährige. Die warme Atmosphäre von Holz sage ihr einfach zu. Das konnte sie bereits im Haus ihrer Schwester und ihres Vaters testen. Denn Vater Johann Storr hat bereits 1993 ein Holzhaus gebaut. „Da war ich einer der ersten, Vorreiter sozusagen“, sagt er. Einige Skeptiker hätten damals noch gewarnt, ein Holzhaus sei doch instabil. Der Architekt und Ingenieur, der seit kurzem in Rente ist, wusste in den 90ern schon, dass das ein Irrtum ist. „Natürlich hat auch der Klimaaspekt bei unserer Entscheidung mit reingespielt“, sagt Judith Storr. „Das ist sozusagen der große Bonus“, fügt Kugelmann hinzu und lächelt seine Verlobte an.

    Söder will verstärkt auf Holzhäuser in Bayern setzen

    Holz ist gerade in Bayern ein natürlicher, nachwachsender Rohstoff. Das betont Ministerpräsident Markus Söder in seiner Regierungserklärung: „Das Material für ein durchschnittliches Holzhaus, das in Bayern gebaut wird, wächst in 40 Sekunden nach.“ Bei staatlichem Bauen gebe es daher künftig eine klare Priorität. „Wo es geht, wird Holz verbaut“, versichert Söder. Auch in den Kommunen soll der Holzhausbau gefördert werden.

    In der rund 1300-Einwohner-Gemeinde Villenbach ist man bereits auf den Geschmack gekommen. Allein in der Straße, in der Storr und Kugelmann bauen, gibt es zwei weitere Holzhäuser. Ein Trend, den auch Birk beobachtet: „Neu ist der Werkstoff ja nicht. Rund jedes vierte Haus in Bayern ist bereits aus Holz“, erklärt der Experte. Er betont aber auch: „Um die Holzbauquote weiter zu steigern, braucht es das Wissen für den richtigen Umgang mit diesem

    Die richtige Dämmung im Holzhaus ist wichtig

    Das klimafreundliche Baumaterial birgt aber auch Herausforderungen, die der Experte nicht auslassen will: „Holz muss vor Feuchtigkeit geschützt werden, dann ist es auch langlebig“. Je nach Sorte kann es beispielsweise bei zu feuchter Umgebung dazu führen, dass sich eine Spalte im Dielenboden bildet. Deswegen sollte sich das Holz im jeweiligen Raum aklimatisieren, bevor es verarbeitet wird.

    „Man sollte auch beachten, dass Holz ein sehr leichtes Material ist und nur eine geringe Masse besitzt“, sagt Birk. Läuft man durch das Haus von Storr und Kugelmann, knarzt es ein bisschen. Natürlich liegt das daran, dass der Innenausbau erst in den Anfängen steckt. Kombiniert mit anderen Materialien, könne man trotzdem einen guten Schallschutz bekommen. Das sieht auch Joachim Beck von der Firma Gumpp und Maier so. Er ist mit auf der Baustelle in Villenbach und Projektleiter. „Hier werden wir aufgrund der Massivholzdecke kein Problem mit dem Schall haben“, sagt Beck und zeigt nach oben. Um die Wände zu dämmen, wird das Paar Holzwolle verwenden – ökologisch und nachwachsend. Viele entscheiden sich für ein Holzhaus aufgrund der guten Ökobilanz.

    Die Versorgungskrise habe sich wieder etwas entspannt

    Das zeigen auch Zahlen des Bundesumweltamtes. Im Vergleich zu herkömmlichen Baustoffen fallen bei einem Kubikmeter Holz etwa acht bis 30 Kilowattstunden (kW/h) an. Bei Beton sind es zwischen 150 und 200 kW/h und für Vollziegel sogar rund 1100 kW/h. Doch wie viel kostet die gute Ökobilanz? Storr und Kugelmann meinen, sie würden ähnlich viel für ihren Hausbau zahlen, wenn sie sich für Ziegel als Baumaterial entschieden hätten. Eine grobe Kalkulation von Gumpp und Maier veranschlagt etwa 2500 bis 3000 Euro pro Quadratmeter – abhängig von vielen Faktoren, wie Energieklasse, Dämmung, Ausstattung und der Ausführung des Holzes. „Wir haben die KfW-Förderung beantragt und denken, wir können auch da noch etwas sparen“, sagt Kugelmann. Heizen wollen sie mit Fernwärme.

    Auch die Fensterrahmen sind aus Holz.
    Auch die Fensterrahmen sind aus Holz. Foto: Marcus Merk

    In den vergangenen Jahren habe es nach Birks Einschätzung einen enormen Bau-Boom gegeben: „Ich denke, dass die Nachfrage nach Holz weiter steigen wird.“ Glücklicherweise hätte sich die Lage auf dem Holzmarkt etwas entspannt. Denn während der Corona-Krise kam es zwischenzeitlich zu Lieferengpässen.

    Man braucht auch keine Sorge haben, dass es in ein paar Jahren keine Wälder mehr gibt. „Die Grundlage für den Holzbau ist die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder, also nur so viel Holz zu schlagen, wie auch nachwächst“, sagt Birk. An der TUM wurde berechnet: Etwas mehr als ein Drittel der jährlichen Holzernte in Deutschland würde theoretisch für die gesamten Neubauten eines Jahres ausreichen.

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