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Drag Queen: München streitet um eine Draglesung für Kinder

Drag Queen

München streitet um eine Draglesung für Kinder

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    Dragqueen Olivia Jones.
    Dragqueen Olivia Jones. Foto: Marcus Brandt, dpa (Archivbild)

    Ist es vertretbar, wenn Drag Queens Kindern aus Büchern vorlesen? In München gibt es da Zweifel, wie der Wirbel um eine geplante Lesung mit Vicky Voyage und Eric BigClit zeigt. Der Vorwurf: Es sei eine Frühsexualisierung der Kinder zu befürchten. Prominente wie die Drag Queen Olivia Jones halten dagegen: "Etwas mehr Unaufgeregtheit und weniger Populismus würde der Diskussion sicher gut tun", sagt die Künstlerin, die selbst oft vor Kindern auftritt. Auch bei der Aktion Jugendschutz in Bayern bleibt man gelassen, schließlich hätten die Akteure ein kindgerechtes Programm angekündigt.

    "Drag Queen Vicky Voyage mit Drag King Eric BigClit und die trans* Jungautorin Julana Gleisenberg nehmen euch mit in farbenfrohe Welten, die unabhängig vom Geschlecht zeigen, was das Leben für euch bereithält und dass wir alles tun können, wenn wir an unseren Träumen festhalten!", wird die Lesung "Wir lesen euch die Welt, wie sie euch gefällt" angekündigt. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger sah darin "Kindswohlgefährdung und einen Fall fürs Jugendamt", wie am Wochenende in der "Bild"-Zeitung zu lesen war.

    "Die Gefährdung von jungen Menschen geht nicht von einer harmlosen Drag-Lesung aus, sondern von der Hetze und den Abwertungen, die von den Gegnern der Community verbreitet werden", entgegneten die Vereine LesCommunity und Münchner Aidshilfe. Die in der Lesung verwendeten Kinderbücher böten eine altersgerechte Möglichkeit, sich dem Thema der Geschlechterrollen zu nähern.

    Der Sexualpädagoge Michael Kröger von der Landesarbeitsstelle Aktion Jugendschutz hält das Angebot sogar für gut. Viele Bildungsangebote und Medien zeigten nur traditionelle Geschlechterrollen und Familienmodelle. Drag sei eine Kunstform, die mit Geschlechterrollen spiele und oft das Gegengeschlecht der agierenden Person in überzeichneter Weise darstelle. "Kinder nehmen die bunten Kostümierungen eher als lustig und interessant wahr – vielleicht sind sie auch zunächst irritiert, weil der Anblick sehr ungewohnt ist. Wahrscheinlich haben viele Kinder auch viele Fragen dazu", sagt er.

    Diese Erfahrung hat auch die Drag Queen Veuve Noir gemacht, die für das Projekt "Olivia macht Schule" von Olivia Jones auch in Schulen und Kindertagesstätten unterwegs ist. "Die Kinder sind vor allem neugierig und auch vorurteilsfrei", und "mit viel Vorfreude auf den "Schrägen Vogel"". Sie wolle für Toleranz und Vielfalt werben und sich gegen Ausgrenzung starkmachen. "Schwul ist oft immer noch auf Schulhöfen ein Schimpfwort, Mobbing mancherorts immer noch salonfähig. Das wollen wir ändern und zeigen, dass Vielfalt ganz natürlich ist - und Homosexualität nicht ansteckend oder gar eine Krankheit", erklärt Veuve Noir.

    Vicky Voyage kann die Aufregung um ihren Auftritt am 13. Juni nicht verstehen - und findet die Vorwürfe haltlos. "In einem Kino laufen nachmittags Filme für die ganze Familie und abends teilweise für Publikum 18+. Ist es dadurch ein Erotik- oder gewaltverherrlichendes Kino, das man mit Kindern meiden sollte? Nein. Sondern das Programm wird individuell an das jeweilige Publikum angepasst", erklärt sie. "Wem das Programm nicht gefällt, kann den Raum jederzeit verlassen." Sie wolle Kinder für Bücher begeistern und ihnen verschiedene Lebensweisen und Blickwinkel nahebringen. "Es geht nicht um Sexualität sondern um Identität und Diversität."

    Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) entschuldigte sich für seine anfängliche Kritik an der Lesung. "Mir war nicht bewusst, dass meine Äußerung eine solche Auswirkung in die Community hinein haben würde und dass ich damit auch Menschen verletzt habe. Das war nie meine Absicht und tut mir leid", stellte Reiter klar. "Völlig absurd ist, dass mein Statement von rechten Kreisen als Legitimation für queer-feindliches Auftreten genutzt wird." Er stehe "auch weiterhin stabil an der Seite der gesamten queeren Szene".

    Die CSU-Fraktion in München stört sich vor allem am Namen "BigClit", zu deutsch so viel wie Große Klitoris. Dieser Name sei sexualisiert, urteilte die Fraktion. Eine Reaktion, die den Sexualpädagogen Krüger nicht überrascht. Für die Außendarstellung sei der Künstlername problematisch, er provoziere und könne falsche Assoziationen hervorrufen. "Festzustellen ist aber auch, dass Kinder eine englischsprachige Abkürzung dieser Art in der Regel nicht verstehen, und selbst wenn, auch die Benennung eines Körperteils an sich keine Kindeswohlgefährdung darstellt", findet Kröger.

    In München wird weiter diskutiert. Für Unmut bei der CSU sorgte die Tatsache, dass die Stadtratsfraktion am Christopher Street Day nicht bei der Parade mit einem eigenen Wagen dabei sein darf. Voraussetzung für eine Teilnahme sei der glaubhafte und konsequente Einsatz für gleiche Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz aller queeren Menschen, so die Veranstalter, die das bei der CSU nicht gegeben sehen, auch wenn sich einzelne Personen glaubhaft dafür stark machten. Die CSU fühlt sich durch die Absage ungerecht behandelt: "Wer Vielfalt feiert, muss auch vielfältige Meinungen akzeptieren."

    (von Cordula Dieckmann, dpa)

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