Nicht Preußen, sondern ein anderes Symbol wird geehrt, verheißungsvoll erwartet und zunächst frisch gestopft von den Händen Hans Dorners und Rolf Angers, Metzgermeister von der Augsburger Fleischerschule. Anger hat schon tonnenweise Wurst gemacht, seine erste vor 42 Jahren, aber dieser Tag ist ein besonderer: ¿Das ist mir eine Freude und eine Ehre, dass ich hier direkt am Brandenburger Tor eine Weißwurst machen darf.¿
Das Kultobjekt, das angeblich auch in Dosen nach China geliefert wird, gibt es seit 150 Jahren. Der Legende nach soll sie der Metzger Sepp Moser in einer Münchener Gaststätte 1857 erfunden haben. Und viele sind gekommen, sie gemütlich speisend zu preisen. Mit Brezn, süßem Senf und Weißbier.
Es ist Sitzungswoche in Berlin. Für Parlamentarier bietet so eine Weißwurst-Tafelrunde einen willkommenen Anlass, sich zu aus ihren Büros heraus zu bewegen und bei der Gastgeberin, Bundesratsministerin Emilia Müller, blicken zu lassen zwischen all den Reden übers Abnehmen und eine bessere Ernährung. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) allerdings kommt seine Gratulation ein wenig säuerlich über die Lippen: ¿Ich wünsche der Wurst alles Gute.¿ Zwei Würschtl schaffe er übrigens. ¿Das ist auch eine Frage des Maßhaltens.¿ Gesundheitsministerin Ulla Schmidt wäre sehr zufrieden mit ihm.
Anger ist es auch, denn seine Weißwürschtl werden nicht nur von den Ministern, sondern auch von Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner (SPD) ¿über die Höflichkeit¿ hinaus gelobt. Trotz des kleinen Malheurs, das ihm zuvor passiert ist. Alle Augen sind gespannt auf die Bühne gerichtet, gerade hat Anger den Gästen erklärt, wie eine Münchener Weißwurst zubereitet wird, da ertönt plötzlich ein unschönes Kreischen. Der so genannte Kutter, das Gerät, in dem das Fleisch gerieben und gemahlen wird, hat einen Motorschaden. Sehr unangenehm. Und woran liegt es? Die Maschine ist nicht die von Fachmann Anger aus Augsburg. Zur Verfügung gestellt hat sie - typisch! - eine Berliner Firma.