Markus Söder ist wandlungsfähig - das hat er früher im Fasching schon gezeigt. Ob als Gandhi, Rocker, Punker oder Vamp: Der Mann passt in viele Kostüme - auch politisch. Jetzt gibt der Franke die schwäbische Hausfrau. Das ist jene Figur, die einst Angela Merkel in den politischen Diskurs eingeführt hat als Sinnbild dafür, dass sparsames Wirtschaften eine politische Grundtugend zu sein hat. Das können viele unterschreiben. Wenn daraus jedoch ein ruinöser Sparkurs wird, weil am falschen Fleck geknausert wird, ist das eine fatale Entwicklung. Und die ist in Deutschland eingetreten.
Finanzen in Bayern: Es braucht einen Deutschland-Plan
Um im Bild zu bleiben: Auch die schwäbische Hausfrau würde zur Bank gehen und einen Kredit aufnehmen, wenn daheim das Dach und die Heizung repariert werden müssen. Sie würde aber gleichzeitig darauf achten, dass sie Zins und Tilgung bedienen kann und sich dafür das ein oder andere Extra verkneifen. Söder verhält sich im Grunde nicht anders, wenn er sich jetzt offen für Lockerungen bei den Schuldenbremsen der Länder und des Bundes zeigt, zuvor aber einen Kassensturz und Einsparungen bei den Ausgaben fordert. Schließlich muss man sich neue Schulden auch leisten können. Dass er darüber hinaus als Bedingung formuliert, dass Bayern weniger für den Länderfinanzausgleich zahlt, ist aus Sicht eines bayerischen Ministerpräsidenten folgerichtig, dürfte eine Einigung aber nicht erleichtern. Zumal, wenn es unsicher ist, wer die neue Bundesregierung bilden wird.
Markus Söders Rechnung und der Faktor Zeit
Der Faktor Zeit ist ein Problem. Denn Deutschland braucht angesichts der Weltlage rasch weitere Milliarden für sein Militär, Deutschland bräuchte jetzt viel Geld für Investitionen in Bahn, Brücken, Straßen und so weiter. Es rächt sich bitter, dass in den vergangenen Jahren keine der Parteien, die am Ruder waren, also auch die Union, die laufenden Kosten in den Griff bekommen hat. Kann man diesen Protagonisten nun zutrauen, dass sie rasch für eine Verbesserung der finanziellen Lage sorgen, dass sie sich nach den Wahlen allen Widerständen zum Trotz zügig auf einen Deutschland-Plan einigen? Realistischer ist vermutlich, in den sauren Apfel einer höheren Verschuldung zu beißen, weil der Preis für ein weiteres Warten auf bessere Zeiten noch höher wäre.
Höhere Schulden wären das kleinere Übel
Im wohlhabenden Bayern ist die Lage leichter. Dort regieren zwei Partner, die ähnlichen wirtschafts- und sozialpolitischen Forderungen anhängen, dort stopfen 1,8 Milliarden Euro aus der Rücklage die größten Löcher. Dennoch muss Söder eine Kurskorrektur einleiten und eigene Vorzeige-Projekte eindampfen. Der Stellen-Zuwachs bei Lehrern und Polizisten wird vorerst gestoppt, das bayerische Familiengeld und das Landespflegegeld werden halbiert, stattdessen soll das Geld direkt für Kita-Plätze oder Pflegeeinrichtungen ausgegeben werden. Das ist auch dringend nötig. Beispiel Kindergärten: Bislang decken die staatlichen Zuschüsse nur 60 Prozent der Betriebskosten von Kitas. Wenn dann die klammen Kommunen nicht einspringen, wird es schnell eng. Nach ähnlichem Muster wie im Freistaat würde Söder auch gerne beim Deutschlandticket verfahren: Weniger Zuschüsse für Millionen von Bahnfahrern, dafür mehr Geld fürs marode System. Die Richtung ist klar: Vater Staat hat weniger zu geben und die schwäbische Hausfrau lässt garstig grüßen.
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