Du hast nun die dritte Station unserer politischen Stadtführung erreicht: die Räume des Katholischen Verbands für soziale Dienste in Augsburg (SKM). Der Verein hilft Menschen in Not beispielsweise mit einer Wärmestube oder Wohngruppen für Strafentlassene. Gegründet wurde der SKM im Jahr 1983. Die Stadt Augsburg unterstützt diese Angebote finanziell, zahlreiche Bürgerinnen und Bürger engagieren sich ehrenamtlich in den Projekten.
Und das ist nötig – besonders in Augsburg. Zwar gibt es kaum Daten über die Wohnungslosigkeit in der Stadt. Klar ist aber: In Augsburg verfügen Menschen im Schnitt über weniger Geld als in anderen Kommunen. So lag das mittlere Haushaltsnettoeinkommen in der Stadt im Jahr 2020 im Monat bei 3539 Euro, im Landkreis Augsburg bei 5008 und im Kreis Aichach-Friedberg bei 5244 Euro. Auch die Renten sind geringer. Dadurch erhöht sich die Zahl derer, die bedroht sind, in Armut abzurutschen.
Der Audioguide
Aber was heißt das eigentlich: Armut? Wer ist davon betroffen? Und was wollen die Parteien dagegen unternehmen? Das erklären wir dir in unserem politischen Audioguide.
Das Dossier
In unserem Dossier fassen wir die Probleme in der Sozialpolitik kurz und bündig zusammen.
Zunächst müssen wir feststellen: Wer ist überhaupt von Armut bedroht? Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. Im vergangenen Jahr lag dieser Wert für eine allein lebende Person in Deutschland bei 1250 Euro netto im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren waren es 2625 Euro netto im Monat. Besonders häufig betroffen sind Erwerbslose sowie Rentnerinnen und Rentner. Das zeigen Daten des Statistischen Bundesamts.
Auch die Jüngsten in der Gesellschaft sind bedroht. Im vergangenen Jahr waren in Deutschland knapp 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet. Das entspricht einer Armutsgefährdungsquote von 14,8 Prozent. Wie häufig das vorkommt, hängt vom Elternhaus ab.
Eine wichtige Rolle spielt auch das Alter. Die nächste Grafik zeigt, welche Altersgruppen besonders betroffen sind.
Ein Blick in die Stadt Augsburg offenbart auch einen Unterschied zwischen den Stadtteilen. In Oberhausen leben etwa besonders viele arbeitslose Menschen. So erhielten laut dem städtischen Strukturatlas 2021 etwa 15 Prozent der Haushalte im Viertel "Links der Wertach" Arbeitslosengeld, darunter jeder Dritte mit einem oder mehr Kindern im Haushalt. Der Anteil der Wohngeld-Empfänger ist im Wolfram- und Herrenbachviertel am höchsten (3,6 Prozent).
Die Parteiprogramme
Wir haben für dich die Wahlprogramme der Parteien gelesen. Hier erfährst du, was die Parteien unternehmen wollen, um Armut zu bekämpfen.
CSU
- Um Menschen in Armut zu helfen, verspricht die CSU, entsprechende Hilfsorganisationen stärker zu unterstützen. Die Partei nennt unter anderem Tafeln sowie Stellen zur anonymen Armutsberatung.
- Besonders betont die Partei: "Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet." Das Bürgergeld lehnt die CSU als "leistungsfeindlich" ab.
- Wie die meisten anderen Parteien auch möchte die CSU staatlichen und sozialen Wohnungsbau fördern.
Bündnis 90/Die Grünen
- Um auch Familien mit geringem Einkommen einen Urlaub zu ermöglichen, wollen die Grünen die Einkommensgrenzen für das staatliche Familienurlaubsprogramm erhöhen. Damit werden Familien gefördert, die sich anders keinen Urlaub leisten könnten. Steigt die Einkommensgrenze, wie die Grünen es versprechen, werden mehr Familien gefördert.
- Außerdem unterstützt die Partei die Einführung der Kindergrundsicherung. Die Kindergrundsicherung soll bisherige Leistungen wie Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder und den Kinderzuschlag bündeln. Durch mehr Übersichtlichkeit und eine zentrale Plattform sollen auch Familien erreicht werden, die bisher aus Unkenntnis oder wegen bürokratischer Hürden ihnen zustehendes Geld nicht abrufen.
- Lehrerinnen und Lehrer wollen die Grünen darin schulen, sensibel auf Armut zu reagieren. Begründung: "Wer sich weniger leisten kann als seine Mitschüler*innen, fühlt sich schnell ausgeschlossen und entmutigt."
- Außerdem will die Partei speziell Frauen unterstützen. Sie sind häufiger von Armut betroffen. Dafür will die Partei die "Gender Pay Gap" schließen, also die Lücke zwischen dem Einkommen von Frauen und Männern.
- Beratungsangebote wollen die Grünen ausbauen.
Freie Wähler
- Die Freien Wähler stehen – wie die CSU – dem Bürgergeld kritisch gegenüber. Sie fordern eine Reform. Ansetzen wollen die Freien Wähler stattdessen beim Niedriglohnsektor. Dieser müsse "von Steuern und Sozialabgaben entlastet werden".
- Die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen versprechen auch die Freien Wähler zu schließen.
- Außerdem fordert die Partei gleiche Bezahlung für Zeitarbeiter und Stammbelegschaft und eine höhere Entlohnung für Praktika.
SPD
- Die SPD will neue Anlaufstellen schaffen für Menschen, die von Armut betroffen sind. "Plötzlich auf Hilfe angewiesen zu sein, kann über Nacht jede und jeden treffen", schreibt die Partei. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sollen dort beispielsweise Betroffenen helfen, Gelder zu beantragen. Zunächst soll es in jedem Landkreis mindestens einen solchen Stützpunkt geben, in städtischen Bereichen entsprechend mehr.
- Die SPD möchte außerdem die Bildungschancen der Menschen verbessern, um zu verhindern, dass sie später in Armut abrutschen. Wie genau das geschehen soll, geht aus dem Wahlprogramm nicht hervor.
- Die Kindergrundsicherung will die SPD um einen bayerischen Zusatzbetrag ergänzen, mit der Begründung, dass in Bayern die Lebenshaltungskosten höher sind als anderswo.
- Auch die SPD verpflichtet sich, die Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern zu schließen.
- Straftaten, die mit Armut zusammenhängen, möchte die Partei entkriminalisieren. Darunter beispielsweise Schwarzfahren oder Containern.
AfD
- Die AfD beschränkt sich im Wesentlichen darauf, Migration zu begrenzen.
- Außerdem möchte die Partei den sozialen Wohnungsbau fördern.
- Die AfD fordert eine bessere Unterstützung der Kommunen bei der sozialen Betreuung von Wohnungslosen.
- Außerdem möchte die Partei, dass Geld nicht für "ideologischeProjekte verschwendet" wird. Was damit konkret gemeint ist, geht aus dem Wahlprogramm nicht hervor.
FDP
- Die FDP möchte die Auflagen der Rente flexibilisieren. So sollen Rentnerinnen und Rentner Geld zu ihrer Rente ohne Grenzen hinzuverdienen dürfen. Menschen, die noch nicht das Rentenalter erreicht haben, sollen frühzeitig Beratungen zur Alterssicherung in Anspruch nehmen können.
- Außerdem fordert die Partei, dass selbstständige Schwangere den gleichen gesetzlichen Mutterschutz genießen wie Angestellte.
- Die Partei will außerdem eine schnellere Wohnungsvermittlung für Obdachlose. Auch die medizinische Versorgung von Wohnungslosen soll ausgebaut werden. Obdachlose Menschen hätten oft keine Krankenversicherung, die eine Gesundheitsversorgung ermöglichen würde. "Niedrigschwellige und kostenlose Gesundheitsversorgung würde die bestehenden Lücken schließen und allen einen Zugang zu Gesundheitsleistungen eröffnen."
Die weiteren Stationen
Du möchtest den Wahl(rund)gang fortsetzen? Hier findest du die Standorte der anderen QR-Codes.