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So verändern sich Bayerns Kliniken durch die Krankenhausreform

Krankenhausreform

Weniger Angebot, längere Wege: So verändern sich Bayerns Kliniken

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    Am Krankenhaus in Nördlingen wird die stationäre Urologie wegfallen.
    Am Krankenhaus in Nördlingen wird die stationäre Urologie wegfallen. Foto: Jan-Luc Treumann

    Lange Zeit hat man über Bayerns Kliniken nicht allzu viele Worte verloren. Man war froh, wenn man nicht hinmusste, verließ sich aber darauf, im Notfall gut versorgt zu werden. Seit einigen Jahren ist das anders. Die Kliniken im Freistaat - und im Rest Deutschlands - sind wegen horrender finanzieller Defizite selbst zum Patienten geworden. Zu einem, der dringend behandelt werden muss.

    Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) zeichnet ein düsteres Szenario. Die Lage sei „sehr, sehr schwierig“, sagt sie am Dienstag nach einer Sitzung des Ministerrates. Die Krankenhäuser stünden unter einem immensen Reformdruck, und das werde durch die Krankenhausreform der Bundesregierung nur noch weiter verschärft. Aber was heißt das eigentlich? Für die Kliniken, die alles auf den Prüfstand stellen müssen, aber auch für die Patientinnen und Patienten?

    Krankenhausreform: Patienten in Bayern müssen längere Wege in Kauf nehmen

    Jürgen Busse, Vorstandsvorsitzender der Donau-Ries-Kliniken, blickt einigermaßen skeptisch in die Zukunft. Man müsse, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion, mit einer Verschlechterung in der Versorgung rechnen. In den vergangenen Monaten hätten seine drei Häuser - Donauwörth, Nördlingen und Oettingen - ihr Angebot ausgewertet. „Es hat uns darin bestätigt, dass wir mit der jeweiligen Schwerpunktsetzung auf dem richtigen Weg waren und vieles richtig gemacht haben“, sagt Busse. „Aber was wir definitiv verlieren werden, sind die Bereiche, in denen niedergelassene Ärzte tätig sind, ob sie nun angestellt sind oder belegärztlich. Diese Bereiche werden wir stationär nicht vorhalten können.“

    Jürgen Busse, Vorstandsvorsitzender der Donau-Ries-Kliniken, sagt: „Man geht über die ganze Kliniklandschaft hinweg, ohne, dass man ins Detail geht. Es gibt ja regionale Besonderheiten.“ 
    Jürgen Busse, Vorstandsvorsitzender der Donau-Ries-Kliniken, sagt: „Man geht über die ganze Kliniklandschaft hinweg, ohne, dass man ins Detail geht. Es gibt ja regionale Besonderheiten.“  Foto: Barbara Wild

    In Donauwörth betrifft das die Augenheilkunde und die Hals-Nasen-Ohren-Abteilung - wobei beide Busse zufolge schon aktuell nicht stationär arbeiten, sondern nur ambulant. In Nördlingen fällt ebenfalls die Augenheilkunde weg. Und auch die Urologie wird dort stationär wegfallen. „Die Fallzahlen pro Jahr für urologische stationäre Eingriffe liegen bei 115 Patienten pro Jahr. Diese Eingriffe werden dann nicht mehr hier stattfinden können, die müssen woanders gemacht werden“, erklärt Busse. Das bedeutet: Diese Patienten müssen dann längere Strecken in Kauf nehmen, etwa in den Landkreis Augsburg oder nach Baden-Württemberg fahren. „Es ist wahrscheinlich nicht einmal der Weg das größte Problem, sondern vor allem die Terminfindung, das ist eine Katastrophe“, sagt Busse. Die Bevölkerung nehme auch weitere Fahrtstrecken in Kauf, wenn in einem Haus die Versorgung besonders gut sei, glaubt Busse. „Die Kardiologie in Nördlingen etwa wurde vor über zehn Jahren eröffnet, geplant waren 600 Herzkatheter-Eingriffe pro Jahr. Wir sind jetzt in diesem Jahr bei 1800. Die Menschen kommen aus allen Landkreisen zu uns.“

    Staatsregierung will Kliniken bei Umstrukturierungen unterstützen

    Seine Kritik an den aktuellen Reformplänen: „Man geht über die ganze Kliniklandschaft hinweg, ohne dass man ins Detail geht. Es gibt ja regionale Besonderheiten.“ Die Region Nordschwaben etwa habe eine Viertelmillion Einwohner, der Großraum Augsburg etwa 300.000. „Wie viele Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung gibt es denn da? Die Uniklinik ist nicht mehr groß in der Regelversorgung dabei und in Augsburg gibt es ansonsten nur noch spezialisierte Kliniken. Augsburg ist zwar eine Großstadt, aber die Versorgung ist nicht wie in München, wo es über 60 Krankenhäuser gibt.“ Man müsse sich die Region dringend näher anschauen und sich etwa fragen: „Wo wird denn der Patient mit einem Herzinfarkt hingefahren, wenn in Wertingen die Notaufnahme geschlossen ist? Der hat eigentlich nur zwei Anlaufstellen, Augsburg oder Nördlingen.“ Und da müssten die Anfahrtszeiten des Rettungswagens natürlich im Rahmen sein.

    Die Staatsregierung hat bereits angekündigt, die Kliniken in Bayern bei anstehenden, nötigen Umstrukturierungen zu unterstützen, um die Zukunft möglichst vieler Häuser zu sichern. Das ist das Ziel eines Sieben-Punkte-Plans, mit dem das Kabinett auf die vom Bundestag beschlossene Krankenhausreform reagiert. Kern dieses Plans ist eine möglichst umfassende Datenbasis. Für jede Region soll ermittelt werden, welche medizinischen Leistungen die Kliniken dort künftig anbieten können, inklusive der Notfallversorgung. Zudem will die Staatsregierung ein externes Gutachten für den Freistaat erstellen lassen, zum aktuellen Versorgungsbedarf, vor allem aber zur Prognose der künftigen Patientenzahlen. An diesem Donnerstag will Gesundheitsministerin Gerlach zur Lage der Krankenhäuser eine Regierungserklärung im Landtag abgeben.

    Lauterbach: Hunderte Kliniken fallen durch Krankenhausreform weg

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte mit seiner Vorhersage, es werde in Deutschland spätestens in zehn Jahren „ein paar Hundert Krankenhäuser weniger“ geben, für große Verunsicherung gesorgt. Konkrete Abschätzungen für Bayern gibt es bisher nicht.

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