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CSU: Wie sich Kirchen und CSU immer mehr voneinander entfernen

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Wie sich Kirchen und CSU immer mehr voneinander entfernen

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    CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wird für seine Äußerung über abgelehnte Asylbewerber scharf kritisiert.
    CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wird für seine Äußerung über abgelehnte Asylbewerber scharf kritisiert. Foto: Sven Hoppe (dpa)

    CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer ist zurzeit ein gefragter Mann. Allerdings nicht aus Gründen, die ihm gefallen dürften. Denn der Unmut über ihn, vor allem in Kirchenkreisen, ist groß. Seit seinem Auftritt im Regensburger Presseclub am vergangenen Donnerstag hat sich der Unmut sogar von Tag zu Tag weiter verstärkt. Scheuer sagte vor Journalisten: „Das Schlimmste ist ein fußballspielender ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre in Deutschland – als Wirtschaftsflüchtling –, den kriegen wir nie wieder los.“

    Nun fühlt er sich missverstanden; gestern wollte er sich nicht mehr dazu äußern. Am Sonntag noch bezeichnete er den Satz als „eine bewusste Zuspitzung von mir in einem längeren Gesprächsbeitrag“. Es sei, im Zusammenhang, um die Schwierigkeit gegangen, abgelehnte Asylbewerber „nach einem abgeschlossenen, rechtsstaatlichen Verfahren wieder zurückzuführen, wenn diese sich über einen längeren Zeitraum hier aufhalten“. Ob Missverständnis, „bewusste Zuspitzung“, Gedankenlosigkeit oder Entgleisung – der Schaden für die CSU ist angerichtet. Auf allen Ebenen der katholischen – und evangelisch-lutherischen – Kirche wird Scheuer mit unmissverständlichen Worten bedacht.

    Auch Vertreter des Bistums Augsburg ärgern sich über Scheuer

    Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, etwa reagierte „verärgert“. Zum Beginn der Herbstvollversammlung der katholischen Bischöfe in Fulda kritisierte er gestern Äußerungen, die nur darauf abzielten, wie Deutschland Flüchtlinge loswerden könne. „Diese Tonlage ist nicht hilfreich für die Integration hunderttausender Flüchtlinge.“ Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und bayerische Landesbischof, wandte sich direkt an Scheuer. Ihn habe dessen Aussage „schockiert“. So rede man nicht über Menschen. „Solche Sätze sind Futter für Rechtspopulisten.“

    Auch im Bistum Augsburg herrscht Verärgerung. Diakon Ralf Eger, der Flüchtlingsbeauftragte des katholischen Bistums, zeigte sich befremdet. Er stelle, sagte er, einen „gewissen Unmut“ bei Menschen fest, die sich in der Asyl- und Integrationsarbeit engagierten. Diese fühlten sich von den Aussagen in politischen Debatten getroffen, „weil für sie ,der Senegalese‘ eben nicht das Schlimmste ist, sondern Namen, Gesicht und Schicksal hat“. Ein Priester aus dem Bistum, der nicht mit seinem Namen genannt werden will, meinte: „Mir wäre ein ministrierender CSU-Generalsekretär tausend Mal lieber als einer, der blöde Sprüche von sich gibt.“

    Neuer Tiefpunkt im Verhältnis zwischen CSU und Kirchen

    Es sind Äußerungen, die das seit geraumer Zeit überaus angespannte Verhältnis der Kirchen zur CSU offenbaren – und von einem neuen Tiefpunkt künden. So appellierten bereits Ende vergangenen Jahres 45 katholische bayerische Ordensobere in einem offenen Brief an CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer, „von einer Rhetorik Abstand zu nehmen, die Geflüchtete in ein zwielichtiges Licht stellt“.

    Längst geht es nicht mehr um die Wahl der Worte. Es geht um Grundsätzliches. Gegen eine Obergrenze für Flüchtlinge haben sich beide großen Kirchen schon mehrfach ausgesprochen. Erst vor wenigen Tagen stellte sich der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick gegen die Forderung der CSU, Zuwanderern aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis den Vorzug zu geben. Dann wurde das Scheuer-Zitat publik. Und hochrangige Kirchenvertreter gehen erneut auf Distanz zu der Partei mit dem C für „Christlich“ in ihrem Namen.

    Viele fragen sich: Wo bleibt das C in CSU?

    Die Aufregung in Kirchenkreisen ist bundesweit riesig, Scheuer Gesprächsthema – weshalb der frühere CSU-Chef Theo Waigel gestern auch eine Versachlichung der Diskussion anmahnte; jedem könne einmal etwas herausrutschen. Zugleich haben er wie sein Parteifreund Alois Glück, der einst Präsident des Bayerischen Landtages war, erkannt, dass „kirchliche Wähler“ durch derartige Beiträge verprellt werden könnten. Glück berichtete im Gespräch mit unserer Zeitung, er höre immer öfter von in der Flüchtlingshilfe engagierten Katholiken: Sie wüssten nicht, wem sie bei der nächsten Landtagswahl in Bayern ihre Stimme geben sollten.

    Noch deutlicher formulierte es der Provinzialobere der deutschen Jesuiten, Pater Stefan Kiechle, gegenüber unserer Zeitung. „Der Versuch der CSU, am rechten Rand zu fischen, wird nicht aufgehen. Die CSU wird in Bayern Wähler verlieren. Denn wer Merkels Flüchtlingspolitik in Bayern unterstützen will, wird wohl nicht die CSU wählen, sondern vielleicht Rot oder Grün.“ Den Satz Scheuers nannte er „ausgrenzend und abwertend“, er sei „nicht tolerierbar“. Die Christlich-Soziale Union hat aus Sicht von Christen also ein Problem, das der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann mit der Frage auf den Punkt bringt: „Wo bleibt hier noch das Christliche?“

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