Es ist ein ziemlich alter Witz, der bei der Auftaktklausur der CSU–Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz neue Aktualität bekommt. Es gibt ihn in verschiedenen Variationen. Eine davon lautet: Wenn wir es ernst meinen mit dem Bürokratieabbau in Bayern, dann brauchen wir ein Landesamt für Entbürokratisierung mit einigen 1000 gut bezahlten Beamten und Zweigstellen in jedem Regierungsbezirk ...
Nur wenige der 85 CSU-Abgeordneten, die bis zum Donnerstag unter der Leitung von Fraktionschef Klaus Holetschek in dem ehemaligen Benediktinerkloster diskutieren, können sich an die Klausur vor 20 Jahren im oberbayerischen Wildbad Kreuth erinnern. Damals hatte der Witz Hochkonjunktur. Nach dem grandiosen Wahlsieg von Edmund Stoiber im Herbst 2003 ging es im Januar 2004 schon einmal darum, den Freistaat durch einen Sparkurs für die Zukunft fit zu machen: Achtjähriges Gymnasium, Zusammenlegungen von Behörden, Personalabbau, Streichung des Blindengeldes, Rückkehr zur 40-Stunden-Woche.
Für Stoiber nahm der scharfe Sparkurs kein gutes Ende
So rigoros wie sein Vorgänger will Ministerpräsident Markus Söder freilich nicht zu Werke gehen. Er gehört zu den wenigen Zeitzeugen in der Fraktion und er weiß, dass der scharfe Sparkurs für Stoiber kein gutes Ende nahm. Es gab Proteste und in der Nachfolge Stoibers musste die CSU nahezu alle Kürzungen und Sparmaßnahmen wieder zurücknehmen.
Von einem Sparkurs zu reden, wenn beim Freistaat bis zum Jahr 2035 mehr als 5000 Stellen eingespart werden sollen, wäre bei insgesamt rund 285.000 Staatsbediensteten ohnehin übertrieben, zumal Schule und Sicherheit von Kürzungen ausdrücklich ausgenommen sind. Söders landespolitischer Ehrgeiz konzentriert sich auf folgende Ziele: Er will die Schuldenbremse einhalten, nicht auf Investitionen verzichten sowie mit Hilfe von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz für eine effektivere Verwaltung sorgen.
Markus Söder: Keine Faxgeräte mehr in der Verwaltung
Wie der Bürokratieabbau konkret aussehen könnte, blieb noch weitgehend unklar. Söder kündigte zwar an, dass es in der Verwaltung keine Faxgeräte mehr geben solle. Ansonsten aber verwies er darauf, dass er seine Vorschläge erst den Abgeordneten präsentieren wolle. Es soll ein „großer Prozess“ sein, der mit einem Digitalgipfel beginnen werde. Ziel sei es, „in allen Bereichen, die serviceorientiert sind“, schneller zu werden, und bisherige Verwaltungsverfahren zu entrümpeln. Mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz, so ergänzte Fraktionschef Holetschek, wolle man auch „die Kontrolldichte in den Griff kriegen.“
Beim Thema Bildung bekräftigte Söder seine Absicht, die bisher geltenden Teilzeitregelungen für Lehrerinnen und Lehrer auf den Prüfstand zu stellen. „Mich treibt die Qualität an der Schule um“, sagte der Ministerpräsident, ließ aber erneut offen, in welcher Weise die Möglichkeiten für Teilzeit eingeschränkt werden könnten. Seine Andeutungen tags zuvor waren, wie berichtet, bei Lehrerverbänden sofort auf Kritik gestoßen.
Mehr Deutschunterricht an Grundschulen geplant
Konkret wurde Söder nur bei anderen bildungspolitischen Plänen: An Grundschulen soll es künftig eine Stunde mehr Deutschunterricht geben, ohne dass sich die Gesamtzahl der Unterrichtsstunden erhöht. Was im Gegenzug gestrichen werden soll, stehe noch nicht fest. Außerdem soll das angekündigte „Gender-Verbot“ umgesetzt und – wie geplant – die Verfassungsviertelstunde eingeführt werden. In den 15 Minuten pro Woche soll den Schülerinnen und Schülern der Wert von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat vermittelt werden.
Eine härtere Gangart kündigten Söder und Holetschek im Umgang mit der unter Rechtsextremismus-Verdacht stehenden AfD an. Deren Fraktionsvize Martin Böhm hatte am Wochenende zugegeben, dass er einen Vorfall inszenieren wollte, der Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) blamieren sollte. Böhm hatte dem derzeit per Haftbefehl gesuchten AfD-Abgeordneten Daniel Halemba – die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn der Volksverhetzung – geraten, sich bei der Eröffnungssitzung im Landtag verhaften zu lassen. Dazu kam es dann allerdings nicht, die Polizei erwischte den Gesuchten schon früher.
Holetschek kündigt Nachspiel für AfD-Abgeordneten an
CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek nannte den Vorgang einen „neuen Tiefpunkt“ und kündigte eine Nachspiel im Landtag an, der kommende Woche wieder zusammentritt. Söder sprach sich erneut gegen ein AfD-Verbotsverfahren aus. Er forderte aber die zuständigen Behörden auf, die Partei noch genauer zu beobachten, um Belege für eine mögliche Verfassungsfeindlichkeit zu sammeln. „Die Indizien mehren sich“, sagte Söder. Statt eine Parteiverbots könnte dann auch die Unvereinbarkeit einer AfD-Mitgliedschaft mit dem Öffentlichen Dienst festgestellt werden.