Innere Sicherheit, Migration, Wirtschaft: Das sind die bestimmenden Themen im Wahlkampf. Geht es nach der CSU in Bayern, kommt ein vierter Punkt dazu: die Zukunft der Pflegeversicherung. Denn Klaus Holetschek, der CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, glaubt: „Die soziale Frage bewegt die Menschen mehr denn je und muss im Wahlkampf eine größere Rolle spielen.“ Gerade bei den Punkten Gesundheit und Pflege bestehe Handlungsbedarf.
Das fordert die CSU für die Zukunft der Pflegeversicherung
Deshalb soll die CSU-Landtagsfraktion in dieser Woche bei ihrer Klausurtagung in Kloster Banz einen Rettungsplan für die Pflegeversicherung beschließen, dessen Grundzüge unserer Redaktion vorliegen. Denn die jüngste deutsche Sozialversicherung geht mit 30 Jahren am Stock. Sie wird teurer und leistet weniger. Holetschek und die CSU fordern deshalb eine „tiefgreifende Reform“. Diese müsse eines der ersten Projekte der neuen Bundesregierung sein.
Erst zu Jahresbeginn war der Beitragssatz zur Pflegeversicherung um 0,2 Prozentpunkte angehoben worden, um diese vor der Pleite zu retten. Doch das „ist nur ein Notbehelf“, sagt die Vorstandvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), Doris Pfeiffer: „Die geplante Erhöhung wird im besten Fall bis zum Jahresende 2025 reichen, aber das grundsätzliche Finanzierungsproblem in der Pflege ist damit nicht gelöst.“ Eine umfassende Reform sei nötig. Zunächst müsse der Bund die Gelder zur Finanzierung zahlreicher Corona-Maßnahmen an die Pflegeversicherung zurückzahlen und die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige übernehmen, um die finanzielle Lage zu stabilisieren.
Die vollständige Rückerstattung der pandemiebedingten Ausgaben findet sich auch in den Vorstellungen der CSU. Doch das eigentliche Problem sind die ständig steigenden Ausgaben, mit denen die Leistungskraft der Versicherung nicht mithalten kann. Die Folgen für die Betroffenen seien fatal, warnt Holetschek: „Viele Pflegebedürftige und ihre Angehörigen fühlen sich überfordert – physisch, psychisch und finanziell.“ Gleichzeitig sei es der falsche Weg, weiter die Sozialbeiträge zu erhöhen, welche von Beschäftigten und Betrieben bezahlt werden müssen.
Pflegekosten haben sich verdoppelt
Die CSU-Fraktion plädiert daher für ein Budget, das flexibel für pflegerische Leistungen eingesetzt werden kann und ein Entlastungsbudget, das es insbesondere Angehörigen erlaubt, die Pflege mit beruflichen und anderen familiären Anforderungen zu vereinbaren. So sollen den Betroffenen langwierige Antragsverfahren erspart werden. Erstes Ziel müsse eine Stärkung der Pflege daheim werden – denn schon heute werden 84 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause betreut. Für Menschen, die in Heimen leben, ist dieser Punkt wichtig: Nach den Vorstellungen der CSU soll die Pflegeversicherung künftig alle pflegebedingten Kosten übernehmen. Diese haben sich in den vergangenen Jahren verdoppelt.
Bei der Frage nach der Finanzierung verweist die CSU - wieder einmal - auf das Bürgergeld, das die Union abschaffen will. Einsparungen dort sowie bei den Kosten für die Migration sollten zur Rettung der Pflege eingesetzt werden. Zudem müsse das Geld der Versicherung effektiver eingesetzt werden. Holetschek: „Dazu gehört auch die Frage: Wo können wir Kosten einsparen und zu hohe Standards senken, ohne an der Qualität zu rütteln.“
Der jetzige Vorstoß ist bereits der zweite Versuch, das Thema Pflegeversicherung prominent ins Wahlprogramm der Union zu hieven. Anlauf eins war im September im Getöse um den Verzicht von Parteichef Markus Söder auf die Kanzlerkandidatur untergegangen. Ob jetzt die Chancen besser stehen?
So wollen Union, SPD und Grüne die Zukunft der Pflegeversicherung retten
Der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Friedrich Merz reagierte schon zurückhaltend, als die CSU eine Ausweitung der Mütterrente forderte. Zum Thema Pflege finden sich im Wahlprogramm der Union zudem andere Töne. Dort ist von Zusatzversicherungen die Rede, um Finanzlücken zu schließen. SPD und Grüne wiederum schreiben in ihren Wahlprogrammen, dass sie die privaten Pflegeversicherungen mehr zur Finanzierung heranziehen wollen. Die Grünen rufen das Ziel einer einheitlichen Bürgerversicherung aus, die SPD will die Zusatzkosten für die Pflege bei Betroffenen auf 1000 Euro deckeln.
In 25 Jahren bis zu einer Million Pflegebedürftige in Bayern
Unstrittig ist, dass das Thema an Brisanz gewinnt. Laut Prognosen erhöht sich die Zahl der Pflegebedürftigen binnen 15 Jahren von heute rund fünf auf sechs Millionen, ein besonders starker Anstieg ist aufgrund der Demografie in Bayern und Baden-Württemberg zu erwarten. Allein im Freistaat wird noch einmal zehn Jahre später mit einer Million Betroffener gerechnet. Im Herbst hat die Staatsregierung angekündigt, dass sie das bayerische Landespflegegeld ab 2026 halbiert. Die so gewonnenen 200 Millionen Euro werden stattdessen in Pflegeangebote gesteckt.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden