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CSU-Parteitag: Söder greift die Ampel an und verkündet landeseigene Gesellschaft für Windenergie

CSU-Parteitag

Söder greift die Ampel an und verkündet landeseigene Gesellschaft für Windenergie

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    Markus Söder, Parteichef der CSU, teilt am Parteitag gegen die Ampel aus.
    Markus Söder, Parteichef der CSU, teilt am Parteitag gegen die Ampel aus. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Wenn der britische König am selben Tag auf den Thron gehoben wird wie CSU-Spitzenkandidat, dann kommt man an diesem Vergleich nicht vorbei. Die Rituale sind in beiden Fällen seit langer Zeit festgelegt. Überraschungen sind nicht willkommen. In London glitzert es natürlich mehr als in den nüchternen Nürnberger Messehallen. Und Markus Söder bekommt auch keine Krone aufgesetzt. Dafür ist er zwei Stunden früher dran am Samstagvormittag. Und er ist deutlich dynamischer als Charles III.

    Die CSU geht in die heiße Phase des Landtagswahlkampfes

    Mit einem kleinen Parteitag läutet die CSU die heiße Phase des Wahlkampfs ein. Es gibt nur zwei wesentliche Tagesordnungspunkte: die Nominierung des unangefochtenen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl und den Beschluss eines neuen Grundsatzprogramms. Parteichef Söder ist zwar schon seit Monaten voll im Wahlkampf, aber bei solchen selbst von CSU-Leuten spöttisch als "Krönungsmesse" bezeichneten Veranstaltungen geht es immer darum, die Signale möglichst klar, laut und pointiert ins Land zu posaunen. Schon die Eröffnungsmusik dröhnt derart laut, dass man das Gefühl bekommt, die CSU möchte den Leuten ihre Botschaften geradezu einhämmern.

    In fünf Monaten wird in Bayern gewählt und Söder und seine Partei stehen vor einer extrem wichtigen Abstimmung. Söder hat in seiner Zeit als Parteichef noch kein wirklich gutes Wahlergebnis zustande gebracht, bei der letzten Landtagswahl holte die CSU ein historisch schlechtes Ergebnis von 37,2 Prozent und verlor die absolute Mehrheit im Landtag. Jetzt geht es um viel. 

    Dementsprechend energisch legt Söder los: In seit Monaten bewährter Manier drischt er auf die Berliner Ampel-Koalition ein und macht sie praktisch für alles verantwortlich, was aus seiner Sicht derzeit schlecht läuft – und zwar wohlgemerkt auch in Bayern. Der Freistaat habe etwas Besseres verdient. "Die Ampel wird mit dem, was sie tut und beschließt zum größten Armutsrisiko der jüngeren Geschichte", poltert Söder. An vielen Stellen erneuert er seine Vorwürfe, die Ampel-Parteien betrieben eine Umerziehungs- und Verbotspolitik.

    Söder wirft den Grünen Korruption und Vetternwirtschaft vor

    Hinsichtlich der Verwandten-Affäre um Staatssekretär Patrick Graichen im Bundeswirtschaftsministerium fordert Söder: "Habeck muss Graichen entlassen." Sonst werde aus der Affäre Graichen eine Affäre Habeck. Graichen steht seit Tagen massiv in der Kritik, weil er an der Auswahl des neuen Geschäftsführers der Deutschen Energie-Agentur, Michael Schäfer, beteiligt war, obwohl dieser sein Trauzeuge ist. Das sei nichts anderes als "grüne Korruption". 

    Dann, an Grüne, SPD und FDP gerichtet, schreit er fast: "Wenn Ihr noch einmal das Wort Filz in den Mund nehmt, dann rufe ich euch zu: Löst Eure eigenen Probleme, anstatt anderen ständig Ratschläge zu geben." An dieser Stelle erntet Söder den lautesten und längsten Beifall. Auch die Ankündigung, man werde die Heiz-Pläne der Ampel-Koalition kippen, wenn die Union wieder an die Macht komme, erfreut die Delegierten.

    CSU-Chef Söder kündigt eine eigene Gesellschaft zum Windkraftausbau an

    Aber Söder setzt auch inhaltlich interessante Punkte, zum Beispiel bei der Energiewende. Er zeigt sich aufgeschlossen für eine staatliche Übernahme von Uniper-Wasserkraftwerken, wenn der Bund sie verkaufe. Die Grünen setzen sich seit Monaten dafür ein. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ist ebenfalls dafür. Zudem kündigt der bayerische Ministerpräsident eine eigene Gesellschaft namens "Bayernwind" an, die Windkraftanlagen im Staatswald bauen soll.

    Söder will darüber hinaus den Schwimmunterricht in Bayern deutlich ausbauen und die Kommunen beim Erhalt und der Sanierung von Schwimmbädern unterstützen. Beim Parteitag sagte er: "Mir macht es Sorge, dass immer weniger Kinder schwimmen können.“ Das sei in einem Land wie Bayern, das viele Freizeitregionen habe und viele Seen nicht richtig. Wie berichtet, lernen immer weniger Kinder schwimmen, auch weil immer öfter Kommunen ihre Bäder wegen Geldmangels schließen müssen.

    Daneben pflegt er in seiner mehr als eineinhalb Stunden dauernden Rede die Parteiseele und verbreitet Optimismus: "Die CSU hat sich stabilisiert, die Mitgliederzahlen steigen wieder, wir haben unsere Mitte gefunden." Söder verweist auf die aktuellen Umfragen, in denen die CSU zwischen 40 und 42 Prozent liegt. Stakkatoartig haut Söder Klassiker des CSU-Programms raus: Wohlstand für alle, man müsse von harter Arbeit gut leben können, die CSU sei nicht die Kaviar-, sondern die Leberkäs-Etage, in Bayern werde es keine Kreuzberger Nächte geben. Und schließlich: "Wir sagen ja zum Klimaschutz, aber nein zu Klimaklebern" und "wir wollen Freistaat bleiben und kein Zwangsstaat werden". Am Ende gibt es langen stehenden Beifall der Delegierten.

    Einige CSU Politiker stehen wegen eines Treffens mit DeSantis in Kritik

    Mit keinem Wort erwähnt Söder eine Episode, die auf dem Parteitag für viel Getuschel gesorgt hat: ein Treffen mehrerer CSU-Politiker mit dem umstrittenen Gouverneur des US-Bundesstaats Florida, Ron DeSantisDeSantis. Der frühere Verkehrsminister Andreas Scheuer hatte am Freitag auf Twitter Fotos von einem Treffen mit dem republikanischen Gouverneur DeSantis geteilt. Darauf sind unter anderem der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn, und die Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, zu sehen. Dazu schrieb Scheuer: "Die starken strategischen und außenpolitischen Einschätzungen des Gouverneurs heben die transatlantische Zusammenarbeit hervor."

    Florida hat vor Kurzem das Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität ausgeweitet. Die Regelung gilt mit wenigen Ausnahmen bis einschließlich zur zwölften Klasse. "Wenn die Politik von DeSantis ein Vorbild für die CSU ist, dann gute Nacht", sagte der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Rechtsaußen-

    Die CSU will eine "nachhaltige Soziale Marktwirtschaft"

    Die Nominierung Söders als Spitzenkandidat ist nur eine Formsache. Abgestimmt wird nicht geheim, sondern lediglich per Handzeichen und ohne förmliche Auszählung. Die CSU nominiert Söder einstimmig zu ihrem Spitzenkandidaten.

    Am Samstagnachmittag beschließt die CSU auf dem eintägigen Parteitag ihr neues Grundsatzprogramm, sie will damit ihr Image entstauben. Damit will sie sich in Zeiten des Ukraine-Krieges und nach Corona für aktuelle und kommende Herausforderungen rüsten. Das rund 90 Seiten dicke Werk, das die Partei nach rund einjähriger Arbeit kürzlich öffentlich vorgestellt hatte, ist eine klassische Standortbestimmung der CSU als konservative Volkspartei – aber auch mit einigen neuen Aspekten und Botschaften. Herausgearbeitet werden etwa die Bedeutung der erneuerbaren Energien, einer funktionierenden Gesundheits- und Arzneimittelversorgung und der heimischen Lebensmittelproduktion. Die Co-Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission hatte unserer Redaktion gesagt, die CSU wolle die Soziale Marktwirtschaft zu einer "nachhaltigen Sozialen Marktwirtschaft" weiterentwickeln.

    Für September, kurz vor der Landtagswahl, plant die CSU einen weiteren großen Parteitag. Dort wird dann turnusgemäß der komplette Parteivorstand, inklusive Söder, neu gewählt.

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