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CSU-Austritt: Pschierer wird vom Störenfried zum Überläufer – und wechselt zur FDP

CSU-Austritt

Pschierer wird vom Störenfried zum Überläufer – und wechselt zur FDP

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    Diese Harmonie ist Geschichte: Markus Söder (links) und Franz Josef Pschierer zogen 1994 gemeinsam in den Landtag ein. Nun ist Pschierer zur FDP gewechselt.
    Diese Harmonie ist Geschichte: Markus Söder (links) und Franz Josef Pschierer zogen 1994 gemeinsam in den Landtag ein. Nun ist Pschierer zur FDP gewechselt. Foto: Matthias Balk, dpa (Archiv)

    Lange Gesichter bei der CSU, schelmische Freude bei der FDP: Der schwäbische

    Der denkwürdige Tag im Maximilianeum beginnt mit einer ominösen Einladung. Um 8.21 Uhr teilt die FDP-Fraktion mit, dass es um 14.30 Uhr eine „wichtige Pressekonferenz“ geben werde. Worum es dabei gehen sollte, wird wie eine geheime Kommandosache behandelt. Doch das

    Schwabens CSU-Chef Markus Ferber: "Er hinterlässt einen Scherbenhaufen"

    Die ersten Reaktionen aus der CSU lassen nicht lange auf sich warten. Der Chef der schwäbischen CSU, der Europaabgeordnete Markus Ferber, sagt: „Ich bin maßlos enttäuscht. Damit zerstört er, was er als Staatssekretär und Minister für Bayern und die CSU geleistet hat. Er hinterlässt einen Scherbenhaufen.“ Auch Volker Ullrich, CSU-Bezirkschef in Augsburg, sagt, er habe „keinerlei Verständnis“ für Pschierers Schritt: „Langjähriges Miteinander, geteilte Überzeugungen und gemeinsame politische Arbeit und Erfolge für unsere Heimat kann und darf man nicht einfach wie einen Mantel an der Garderobe abgeben.“

    Ähnlich reagieren Pschierers CSU-Kollegen im Landtag. „Nicht nachvollziehbar. Ich kann das nicht verstehen“, sagt Johannes Hintersberger aus Augsburg. Wolfgang Fackler aus Donauwörth sagt: „Reisende soll man nicht aufhalten.“ Ein „gedanklicher Bruch“ zwischen Pschierer und der CSU sei schon seit Wochen spürbar gewesen. „Aber“, so sagt Fackler, „auch davor gefiel er sich mehr in der Rolle als medial wahrgenommener Miesepeter und Chef-Kritiker, der oft übers Ziel hinausschoss.“

    Franz Josef Pschierer galt in der CSU lange als Störenfried

    Tatsächlich galt Pschierer, seit er 2018 sein Ministeramt verlor, innerparteilich als Störenfried, der auch die Konfrontation mit CSU-Chef Markus Söder nicht scheute. Doch die Differenzen darüber, so erklärt Pschierer am Vormittag im Gespräch mit unserer Redaktion, seien längst ausgeräumt gewesen. „Wir hatten im April ein wirklich gutes Gespräch. Seitdem gab es keine Querelen mehr.“ Zugleich deutet er an, dass seine Ablösung als Stimmkreisabgeordneter möglicherweise von der CSU-Parteiführung befördert worden war. Schon da fällt erstmals das Wort „Intrigantenstadl“.

    Zum Hintergrund: Unmittelbarer Auslöser für Pschierers Entscheidung war eine Sitzung des CSU-Kreisvorstandes Unterallgäu, in der der Bürgermeister des Marktes Markt Wald, Peter Wachler, erklärt hatte, er wolle sich für die Landtagswahl 2023 um die Kandidatur als Stimmkreisabgeordneter bewerben. Der 43-Jährige hatte Pschierer darüber, wie beide bestätigen, vor einer Woche vorab informiert.

    Ansonsten aber gehen die Darstellungen auseinander. Pschierer sagt, er habe im Stimmkreis bis zuletzt niemanden gefunden, der seine Nachfolge antreten wollte, auch Wachler nicht. Wachler sagt: „Das ist nicht richtig.“ Er habe Pschierer schon früher gesagt, dass er Interesse an der Landespolitik habe. Pschierers angedeuteten Verdacht, er sei auf Betreiben von CSU-Oberen angetreten, wies Wachler zurück. Er habe sich von niemandem instrumentalisieren lassen.

    Reaktionen aus CSU-Fraktion: Pschierer verfolge eigene Karriereinteressen

    Pschierer sieht dies anders. Bei der Pressekonferenz mit FDP-Fraktionschef Hagen wird er deutlicher. Er habe trotz des Gespräches mit Söder feststellen müssen, „dass in den letzten Tagen Dinge gelaufen sind, die ich nicht akzeptieren kann“. Bereits im Vorfeld sei – „vor Zeugen“, wie Pschierer sagt – in der Partei die Losung ausgegeben worden, „das Problem Pschierer müsst ihr vor Ort lösen“. Was da im Einzelnen gelaufen ist, wisse er zwar nicht. Klar aber sei für ihn: „In diesem Intrigantenstadl wollte ich diese Legislaturperiode nicht zu Ende bringen.“ Zugleich beteuert er, dass er von der FDP keinerlei Zusagen – etwa für eine Leitungsfunktion in der Fraktion oder einen guten Listenplatz bei der Wahl – bekommen habe. Er betont seine liberalen Überzeugungen und giftet in Richtung Söder: „Wenn ich bayerische Interessen engagiert vertreten will, dann kann ich nicht der Ampel-Koalition jeden Tag eine vor’s Schienbein hauen.“

    Entsprechend wuchtig fällt die Reaktion der CSU-Fraktion aus. Deren Chef Thomas Kreuzer wirft Pschierer vor, er habe seine „persönlichen Karriereinteressen höher bewertet als bisher vertretene sachliche Überzeugungen“. Er habe die Fraktion gewechselt, weil er offensichtlich davon ausgehe, dass eine Kampfabstimmung im Stimmkreis für ihn „aussichtslos“ sei. Jetzt wechsle er „ohne Skrupel zu einer Ampel-Partei“ und werfe seine Überzeugungen über Bord, „um seine Haut zu retten“.

    Mit Pschierers Austritt – es ist in dieser Legislatur bereits der dritte – schrumpft die CSU-Fraktion auf 82 Abgeordnete, die FDP hat jetzt zwölf. Einen Kommentar der CSU-Parteiführung gibt es am Mittwoch nicht. FDP-Chef Christian Lindner dagegen habe, wie Hagen sagt, Glückwünsche übermittelt.

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