Der Umgang von Polizei und Behörden mit den „Spaziergängen“ von Gegnern der Corona-Maßnahmen wird im Landtag von einer breiten Mehrheit gestützt. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sah sich am Mittwoch in einer Sitzung des Innenausschusses zwar mit einigen Nachfragen konfrontiert. Grundsätzliche Kritik aber gab es nicht – auch nicht von den Grünen oder von der AfD.
Die „Spaziergänge“ laufen, wie Herrmann und zwei Ministerialbeamte berichteten, „mittlerweile sehr geordnet“ ab. Am vergangenen Montag etwa seien bayernweit bei 170 Demonstrationen zur Corona-Politik rund 68.000 Menschen unterwegs gewesen. Aber es seien nur 63 Regelverstöße registriert worden, bei denen die Polizei „unmittelbaren Zwang“ ausüben musste. Seit Anfang Dezember sind die Sicherheitsbehörden nach den Worten Herrmanns mit dem neuen Phänomen der nicht angemeldeten Versammlungen konfrontiert, die als „Spaziergänge“ ausgegeben werden. Die überwiegende Mehrheit der Demonstrantinnen und Demonstranten habe sich gesetzeskonform verhalten. Man habe aber auch „zum Teil eine provokative und grobe Missachtung der Infektionsschutzvorschriften“ und „aggressives Auftreten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Übergriffe auf Polizeikräfte“ erlebt.
Vorgehen der „Spaziergänge“ in Bayern ist laut Herrmann sehr unterschiedlich
Der Staat habe darauf mit dem Instrument der Allgemeinverfügung reagiert, das durch ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestätigt wurde. Das Gericht stellte fest, dass die neue Strategie der Organisatoren „ganz offensichtlich auf systematische Missachtung bzw. Umgehung von Beschränkungen gerichtet“ sei. Sobald konkrete Hinweise auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliegen, könne eine nicht angemeldete Demonstration mittels einer behördlichen Allgemeinverfügung auch verboten werden.
Zu beachten ist laut Herrmann, dass sich das Demonstrationsgeschehen von Ort zu Ort verschieden darstelle. „Es gibt kein einheitliches Vorgehen der Polizei, weil es kein einheitliches Vorgehen der Demonstranten gibt“, sagte der Minister. So habe es in Nürnberg und Regensburg Demonstrationen gegeben, die problemlos verlaufen seien. In München und Schweinfurt dagegen habe es Eskalationen gegeben. Aus diesem Grund hätten die Behörden vor Ort auch einen gewissen Ermessensspielraum im Umgang mit den Demonstrationen.
Welchen Einfluss haben Extremisten auf die Corona-Proteste?
Umstritten bleibt die Frage, welchen Einfluss Extremisten nehmen. Laut Innenministerium wurde dies bei 68 von 1011 Demonstrationen beobachtet. „Nur bei vergleichsweise wenig Veranstaltungen waren Extremisten beteiligt“, sagte Herrmann, schränkte aber ein, dass sie sich oft nicht zu erkennen geben. Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze dagegen sagte: „Rechtsextremisten und Reichsbürger nutzen schon seit Beginn der Pandemie die Proteste, um ihre Botschaften in die Mitte der Gesellschaft zu tragen.“