Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Corona-Pandemie: Covid-Experte Wendtner: "Derzeitige Beschlüsse werden nicht reichen"

Corona-Pandemie

Covid-Experte Wendtner: "Derzeitige Beschlüsse werden nicht reichen"

    • |
    In Deutschland gelten Corona-Regeln wie 2G. Nach Ansicht von Clemens Wendtner wäre aber ein Lockdown nötig gewesen.
    In Deutschland gelten Corona-Regeln wie 2G. Nach Ansicht von Clemens Wendtner wäre aber ein Lockdown nötig gewesen. Foto: Julia Cebella, dpa (Archiv)

    „Die derzeitigen Beschlüsse werden nach meiner persönlichen Einschätzung nicht reichen“, sagt Professor Dr. Clemens Wendtner und meint die neuen Beschränkungen, auf die sich die Vertreter des Bundes und der Länder zur Eindämmung des Coronavirus’ geeinigt haben. Der Chefarzt an der München Klinik Schwabing geht daher davon aus, dass noch vor dem 7. Januar, also vor der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz, eine Verschärfung folgen wird. Denn aus seiner Sicht müssen die Kontakte jetzt sehr viel schneller und schärfer reduziert werden. „Mit gut gemeinten Appellen allein wird das aber leider nicht funktionieren.“

    Aus Wendtners Sicht wäre ein Lockdown an Weihnachten notwendig gewesen

    Für den Chefarzt der Infektiologie steht fest: „Nur ein Lockdown würde die Ausbreitung von Omikron in kurzer Zeit effektiv eindämmen.“ Und aus seiner Sicht wäre dieser Lockdown schon jetzt an Weihnachten nötig gewesen. Man hätte zum Beispiel wie in den Niederlanden bis zum 14. Januar noch einmal alles schließen müssen.

    „Denn mit diesen moderaten Maßnahmen, die noch dazu erst ab dem 28. Dezember in Kraft treten, werden wir nicht vor die fünfte Welle kommen.“ Das Problem bei Omikron sei die schnelle Verdoppelungszeit, die von vielen Entscheidungsträgern offensichtlich unterschätzt werde: Sie liegt aktuell bei ein bis zwei Tagen. Ein Beispiel verdeutlicht die Gefahr: Registrierte das Robert-Koch-Institut noch vor zwei Wochen 1000 Fälle mit Omikron, wären es bei einer zweitägigen Verdoppelungszeit rechnerisch jetzt schon 128.000 Omikron-Fälle. Es sei daher eine hohe Dunkelziffer anzunehmen. Das gehe mit weiteren Verdopplungszyklen blitzschnell in hohe Millionenfälle. „Hier kommt es also auf jeden Tag an“, betont Wendtner.

    Bis Januar hat sich Omikron aus seiner Sicht durchgesetzt. „Diese Variante verbreitet sich mit rasender Geschwindigkeit.“ Auch in Bayern. In München sei schon jetzt bei etwa zehn Prozent der Neuinfektionen Omikron nachweisbar, in Abwasseruntersuchungen wurden bereits Anfang Dezember Omikron-Sequenzen nachgewiesen.

    Für wen die Omikron-Variante ein besonders hohes Risiko ist

    Professor Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing. Der Mediziner hat zusammen mit seinem Team die ersten  deutschen Corona-Patienten behandelt .
    Professor Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing. Der Mediziner hat zusammen mit seinem Team die ersten deutschen Corona-Patienten behandelt . Foto: Peter Kneffel, dpa

    Besonders gefährdet für einen schweren Verlauf sind Wendtners Einschätzung nach ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen. Die derzeitige Impfung schütze nur zu circa 70 Prozent, was gerade für ältere und kranke Menschen ein hohes Risiko bedeute. „Und ist in einem Raum auch nur ein Mensch, der sich mit Omikron infiziert hat, hat man eine etwa 80-prozentige Infektionswahrscheinlichkeit.“ Was Omikron hierzulande aus Sicht des Experten zu so einer großen Gefahr macht: eine Impflücke von circa 30 Prozent und ein hoher Anteil älterer Menschen in Deutschland.

    Wendtner ist sich sicher: Omikron wird nicht die letzte Corona-Variante sein. Zwar setzen sich nicht alle durch, doch vor dem Hintergrund der großen Impflücke – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit – müsse davon ausgegangen werden, dass das Virus sich weiter verändert und verbreitet. Daher wünscht sich der Arzt, dessen Team in der München Klinik die ersten Covid-Patienten in Deutschland und mittlerweile über 3500 weitere stationär behandelt hat, eine präventivere Gesundheitspolitik, bei der früher und umfassender gegengesteuert wird. „Denn man darf nicht vergessen, dass es in allen pandemischen Lagen und bei einem Infektionsgeschehen, das so explosionsartig verläuft wie jetzt bei Omikron, einen Point of no Return gibt. Also einen Punkt, an dem man die Dinge nicht mehr so schnell zum Guten wenden kann.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden