Immer mehr gewöhnen wir uns daran, dass im öffentlichen Raum kaum noch eine Maske zum Schutz vor einer Corona-Infektion getragen werden muss. Nun fällt auch noch die Maskenpflicht in den Arztpraxen – aber nur für das medizinische Personal. Patientinnen und Patienten müssen weiter mit einer FFP2-Maske kommen. Sonst dürfen sie die Praxis erst gar nicht betreten. Das schreibt das Bundesinfektionsschutzgesetz vor. Dass das vielleicht aber nicht von allen Patienten so akzeptiert wird, steht zu befürchten. Doch wie gehen die Praxen mit der neuen Situation um?
Hausärztesprecher Jakob Berger: "Bis zu zehn Stunden Masketragen ist anstrengend"
Dr. Jakob Berger hat nicht nur eine Hausarztpraxis in Wemding im Donau-Ries, er ist auch der Sprecher der schwäbischen Hausärztinnen und Hausärzte. Geht es nach ihm, sollte nun in erster Linie auf die Eigenverantwortung jedes Einzelnen beim Tragen einer Maske gesetzt werden. Daher findet es der erfahrene Mediziner auch richtig, dass nun für die Beschäftigten in Arztpraxen die Maskenpflicht weggefallen ist: „Denn das Tragen einer Maske über acht bis zehn Stunden über einen so langen Zeitraum war für die Beschäftigten schon sehr anstrengend“, sagt er.
Dennoch bedeute der Wegfall der Maskenpflicht ja nicht, dass sich Ärzte und Praxismitarbeitende je nach Situation nicht auch weiter mit einer Maske schützen können. „Ich bin mir sicher, dass die Beschäftigten so viel Verantwortungsbewusstsein haben, dass sie, wenn sie beispielsweise selbst einen Infekt haben, auch weiter Maske tragen. Aber auch, wenn sie sich selbst schützen wollen, haben sie diese Möglichkeit.“ So kommen auch zu Berger jede Woche noch ein paar an Corona erkrankte Menschen, berichtet er. Und gerade bei der Behandlung von diesen sei es natürlich weiter ratsam, eine Maske zum Eigenschutz zu tragen.
Arztpraxis: Maskenpflicht für Patienten gilt noch noch bis April 2023
Doch darf denn eigentlich jeder Hausarzt in seiner Praxis selbst entscheiden, wer bei ihm ab sofort Maske tragen muss? Berger spricht hier von einer „rechtlichen Grauzone“, plädiert aber genau für die Lösung, dass jeder Arzt und jede Ärztin für seine beziehungsweise ihre Praxis das Masketragen selbst entscheiden soll. Vom Bayerischen Hausärzteverband heißt es dazu allerdings klar: Für die Patienten besteht weiterhin im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes des Bundes eine FFP2-Maskenpflicht bei dem Besuch einer Arztpraxis. Diese Regelung gilt nach Auskunft der Bayerischen Landesärztekammer (Blaek) noch bis zum 7. April 2023 – „wenn sie nicht vorher aufgehoben wird“, so Blaek-Sprecher Jodok Müller.
Allerdings ist nun zu befürchten, dass viele Patientinnen und Patienten sich ärgern, dass das Personal keine, sie aber eben schon Maske tragen müssen. Auch Hausarzt Berger sieht solche Diskussionen sehr wohl kommen. „Daher hoffe ich, dass bald überall einheitlich die Maskenpflicht wegfällt.“ Denn Berger ist überzeugt davon, dass es weiterhin Corona-Infektionen geben wird, dass wir aber lernen müssen, mit dem Virus zu leben. Umso wichtiger sei es, dass jeder Einzelne so verantwortungsbewusst ist und bei Erkältungs- und Grippesymptomen immer einen Selbsttest macht und bei einem positiven Ergebnis nicht in die nächste Praxis marschiert, sondern dort erst einmal anruft und sich einen gesonderten Termin geben lässt.
Dr. Wolfgang Ritter, der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes, erklärt auf die Frage, ob den Praxen jetzt nicht Dauerdiskussionen mit Patienten drohen: „Wir haben den Gesetzgeber mehrfach aufgefordert, diese Diskrepanz der Regelungen aufzulösen. Diese Ungleichheit der Maßnahmen verursacht große Unzufriedenheit bei den Patientinnen und Patienten.“ Und dies bekämen hautnah die Beschäftigten in den Praxen zu spüren. Ritter rät: „Die Praxen können zum Beispiel mit dem freiwilligen Tragen von Masken durch das Personal den Konflikt entschärfen.“
Masken vergessen beim Arztbesuch? Praxen können Masken verkaufen
Und was ist, wenn Patienten ihre FFP2-Maske beim Besuch einer Praxis einfach nur vergessen haben? Die Bayerische Landesärztekammer rät in diesem Fall, den Patienten eine Maske vielleicht mal ausnahmsweise zu schenken oder zum Selbstkostenpreis zu verkaufen, so Blaek-Sprecher Jodok Müller. Letzteres sei aber für die Praxen mit nicht unerheblichem organisatorischen Aufwand verbunden.
Und wie sieht die Situation in den Zahnarztpraxen aus? Dort ist das Tragen von Masken seitens des Personals aus hygienischen Gründen während der Behandlung schon lange Brauch – „zum Teil seit Jahrzehnten“, wie der Kemptener Zahnarzt Christian Berger, Vorstandsmitglied der Bayerischen Landeszahnärztekammer und Vorsitzender des Zahnärztlichen Bezirksverbandes Schwaben, sagt. „Bei der Aufklärung, dem Patientengespräch oder beim Erläutern von Therapieoptionen verzichten wir jetzt aber wieder auf den Mundschutz, weil er das menschliche Gespräch behindert.“ Welches Reglement in jeder Praxis nun genau herrsche, bestimme der Praxisbetreiber aber selbst. Für die Patientinnen und Patienten hingegen ist die Lage analog etwa zum Besuch beim Allgemeinmediziner. Beim Besuch der Praxis muss eine FFP2-Maske getragen werden – außer natürlich bei der Zahnbehandlung selbst.