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Foto: Sebastian Willnow, dpa (Symbolbild)
Foto: Sebastian Willnow, dpa (Symbolbild)

Hausärzte klagen über erste Probleme mit den Impfungen in ihren Praxen.

Corona
18.04.2021

Hausärzte beklagen Aufwand bei Impfungen: "Das ist Erpressung"

Einige Mediziner ärgern sich, dass sie für ein Fläschchen von Biontech auch eines von AstraZeneca abnehmen müssen. Das ist nicht das einzige Problem in den Praxen.

„Die Stimmung im Kollegenkreis sinkt“, sagt Lutz Menthel, Sprecher der Kemptener Hausärzte. Seit einiger Zeit können auch Allgemeinmediziner ihre Patienten gegen Corona impfen, doch die Situation ist angespannt. „Wir dürfen jetzt für die Politik die Kastanien aus dem Feuer holen“, fasst es Menthel zusammen.

Ein besonderer Dorn im Auge ist den Ärzten laut Menthel, dass sie keinerlei Planungssicherheit haben. Es dürften maximal 48 Dosen bestellt werden, welche Impfstoffe sie bekommen, darauf hätten die Mediziner mittlerweile keinen Einfluss mehr. Dazu kommt: Wer ein Fläschchen des bei Patienten beliebten Impfstoffs von Biontech erhält, muss gleichzeitig auch ein Fläschchen AstraZeneca abnehmen. „Das ist Erpressung“, sagt Menthel. Termine für AstraZeneca zu vergeben, dauere dreimal so lange, wie es bei anderen Präparaten der Fall ist. Außerdem: Mit einem Fläschchen Biontech könnten sechs Menschen geimpft werden, mit einem von AstraZeneca zehn. Das bedeute noch mehr Aufwand, denn nur etwa 20 Prozent der über 60-Jährigen nähmen die Termine mit dem in die Kritik geraten Impfstoff an.

Hoher Organisationsaufwand: Hausärzte haben keine Termin-Software

Die Terminvergabe sei ohnehin ein weiteres Problem: Anders als die Impfzentren hätten die Hausärzte keine eigene Impfsoftware, die Patienten müssten alle abtelefoniert werden. Das bedeute haufenweise Arbeit für die Arzthelferinnen – und deren zusätzlicher Aufwand werde kaum honoriert. „Wir müssen im Akkord schaffen, was im Impfzentrum pro Stunde bezahlt wird.“

Auch bei Michael Hirsch klingelt das Telefon permanent – und das, schon bevor die Corona-Impfungen überhaupt begonnen haben. Über 100 Menschen stehen mittlerweile auf der Warteliste. „Und die wächst ja jeden Tag weiter“, sagt der Ostallgäuer Hausarzt. Immer wieder müssten er und sein Team in Germaringen aufs Neue überprüfen, wer einen Impftermin bekommt und wer noch warten muss. „Das hält im Alltag doch sehr auf.“

Wür ausführliche Beratungsgespräche ist oft keine Zeit

Zudem sollen die Hausarztpraxen täglich die aktuellen Zahlen an das Robert-Koch-Institut übermitteln. „Das würde auch wöchentlich reichen“, sagt der Arzt und spricht von „Datenhunger“ und „Sammelwut“.

Hirsch hätte es sinnvoller gefunden, die Hausärzte erst einzubinden, wenn genügend Impfstoff vorhanden ist, „um alle schnell durchzuimpfen“ – unabhängig von Prioritäten und ganz ohne unnötige Bürokratie. Ein weiteres Problem: Viele Patienten möchten ein ausführliches Beratungsgespräch vor der Impfung, für das er jedoch keine Zeit habe. Ebenso wenig könne er ihnen Wünsche bei den Impfstoffen erfüllen. (sih, jes)

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