Die Bayerische Staatsregierung, ein "Unrechts-Regime"? Die Maskenpflicht während der Coronazeit nur ein Mittel, um die Kassen der Parteifreunde von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) aufzufüllen? Diese Behauptungen hat am Dienstag die AfD-Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner im Landtag aufgestellt und damit wütenden Widerspruch hervorgerufen. Von "hasserfüllten Tiraden" sprach Staatsminister Florian Herrmann (CSU) – mit diesen Äußerungen habe die AfD-Spitzenfrau ihr Recht verwirkt, Abgeordnete im Landtag zu sein.
Über die Lehren aus der Coronapolitik wird wieder bundesweit diskutiert, seit die sogenannten RKI-Protokolle Ende März in die Schlagzeilen geraten sind. Dabei handelt es sich um mehr als 1000 Seiten von – teilweise geschwärzten – Mitschriften aus dem Coronakrisenstab des Robert Koch-Instituts (RKI), die von einem Blog freigeklagt und veröffentlicht wurden. Die Brisanz der Aussagen ist umstritten, in der Politik geht es nun um die Aufarbeitung. FDP und Union fordern für den Bundestag eine Enquete-Kommission, die Empfehlungen für die Zukunft erarbeiten soll. SPD und Grüne in Berlin sind skeptisch, ob das der richtige Weg ist. Im Bayerischen Landtag führte die Frage nach den Lehren aus der Pandemie-Zeit zu einem wüsten Streit.
AfD-Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner hebt zu einer Abrechnung an
Ministerpräsident Söder (CSU) saß nur wenige Meter entfernt, als AfD-Politikerin Ebner-Steiner am Dienstag am Rednerpult zu ihrer Abrechnung anhob. Sie warf der Staatsregierung vor, "die Menschenrechte mit Füßen getreten" zu haben. Die Maskenpflicht sei durchgesetzt worden "zur Bereicherung der CSU-Amigos in Bayern". Markus Söder habe "seine Hand gehalten über diesen schwarzen Filz". Die Medien bezeichnete Ebner-Steiner als Mittäter, ehe ihr von Landtagspräsidentin Ilse Aigner das Wort entzogen wurde. Die AfD-Fraktionschefin hatte ihre Redezeit überschritten, ihre Forderung nach einem Untersuchungsausschuss konnte sie dann nicht mehr vortragen.
Die Rednerinnen und Redner anderer Parteien räumten einzelne Fehler im Krisenmanagement und der Kommunikation ein, wiesen aber die Vorwürfe der AfD als bodenlos zurück. Susann Enders (Freie Wähler) etwa sagte: "Sie schlachten schamlos eine globale Gesundheitskrise aus." Andreas Krahl von den Grünen, dem auch CSU-Chef Söder demonstrativ Beifall klatschte, griff zu einem drastischen Vergleich: "Was ist der Unterschied zwischen Ihrer Rede und einem Eimer voll Mist? – der Eimer." Auch Carolina Trautner (CSU) nahm sich Ebner-Steiner vor. Diese hatte in ihrer Rede eine Passage aus den Coronaprotokollen vorgetragen, wonach die Folgen des Lockdowns schlimmer seien als die der Pandemie. Dabei, so Trautner, habe Ebner-Steiner aber beiseitegelassen, dass sich diese Analyse auf die Situation in Afrika bezog. Der AfD gehe es nur darum, zu spalten, sagte die Abgeordnete aus Stadtbergen, die dem Kabinett Söder während der Pandemie als Ministerin angehört hatte.
Florian Herrmann (CSU) zu Ebner-Steiner: "Sie lügen herum, um Verschwörungstheorien zu verbreiten"
Florian von Brunn (SPD) erinnerte an die 183.000 Corona-Toten und forderte eine Veröffentlichung auch der bayerischen Corona-Protokolle. Es sei notwendig, die Geschehnisse von damals aufzuarbeiten und daraus zu lernen: "Hass und Hetze sind der falsche Weg." CSU-Staatsminister Florian Herrmann sprach sich für eine wissenschaftliche Aufarbeitung aus. Von einer politischen Aufarbeitung verspreche er sich weniger, da hier das Urteil oft schon vorher feststehe. Herrmann wies Ebner-Steiners Worte vom "Unrechts-Regime" scharf zurück: "Sie lügen herum, um Verschwörungstheorien zu verbreiten." Zudem lobte er die "beherzte Führung" durch Söder.