Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Brand im Ostallgäu: Menschen bangen eine Nacht lang um ihre Kirche

Brand im Ostallgäu

Menschen bangen eine Nacht lang um ihre Kirche

    • |
    Das Feuer im Kirchturm des Allgäuer Ortes Wald konnte nach stundenlanger Arbeit der Feuerwehr gelöscht werden. Der Schaden beträgt rund 100.000 Euro.
    Das Feuer im Kirchturm des Allgäuer Ortes Wald konnte nach stundenlanger Arbeit der Feuerwehr gelöscht werden. Der Schaden beträgt rund 100.000 Euro. Foto: Stefan Puchner (dpa)

    Um halb sechs bleibt die Kirchturmuhr der katholischen Pfarrkirche in Wald im Ostallgäu stehen. Zu dieser Zeit tobt ein starkes Gewitter über der Gemeinde mit rund 1100 Einwohnern. "Es war eine richtige Weltuntergangsstimmung", sagt ein Feuerwehrmann später. Der 60 Meter hohe Glockenturm wird während des Unwetters vermutlich von einem Blitz getroffen und brennt lichterloh. Auch Stunden später schlagen noch helle Flammen aus dem Gotteshaus in den nächtlichen Himmel. "Ich kann es nicht glauben, dass unsere Kirche brennt. So ganz wohl ist mir dabei nicht", sagt eine Anwohnerin, die mit ihrer Familie das dramatische Schauspiel aus sicherer Entfernung beobachtet.

    Etwa 220 Rettungskräfte sind vor Ort. Die Feuerwehrleute, die aus allen umliegenden Gemeinden gekommen sind, hatten Mühe, den Brandort zu erreichen. Mit dem Gewitter hat im Allgäu starker Schneefall eingesetzt, gleichzeitig hat sich auf den Straßen eine gefährliche Glatteisschicht gebildet. Auch die Löscharbeiten gestalten sich schwierig. Der Brand ist im Glockenstuhl ausgebrochen und hat sich nach oben ausgebreitet. Die hölzerne Spitze des Turms droht einzustürzen. Nur in der Höhe und aus sicherer Entfernung können die Feuerwehrleute über zwei Drehleitern gegen die Flammen kämpfen, ihre Kollegen am Boden können beim Löschen zunächst nicht helfen.

    Die Pfarrkirche zum heiligen Nikolaus steht mitten im Ort. Die Einsatzkräfte haben den Bereich weiträumig abgesperrt. Auch der Strom wurde abgestellt. Aus drei umliegenden Gebäuden werden 15 Menschen in Sicherheit gebracht. Darunter sind auch die Gäste eines Wirtshauses, die einen Geburtstag feiern wollten. Sie werden im Gemeindezentrum betreut. Aus einem nahe gelegenen Bauernhof werden zudem 25 Kühe aus dem Stall getrieben und bei anderen Landwirten untergebracht. Die ganze Aufregung sorgt auch für reichlich Unruhe bei den Tieren: Aus den Ställen des Dorfes ist an diesem Abend lautes Muhen zu hören.

    Kurz vor acht Uhr ist es dann so weit: Die etwa 20 Meter hohe Kirchturmspitze bricht ab.  Helle Funken stieben, als der Großteil der Trümmer krachend auf den Friedhof fällt. "Ich bin gerade zur Haustür raus als der Turm abgebrochen ist und bin wahnsinnig erschrocken", schildert eine Frau das dramatische Erlebnis. Ihr Haus liegt nur etwa 70 Meter von der Kirche entfernt. Trotzdem wirkt die Frau nicht besorgt. "Die Feuerwehr sagt, wir brauchen keine Angst zu haben. Und es ist sicher ganz gut, dass auf unserem Dach so viel Schnee liegt."

    Bei den Einsatzkräften macht sich Erleichterung breit, als die Spitze des Turms am Boden liegt. In den ersten beiden Stunden drang das Löschwasser nur durch drei kleine Öffnungen in den Glockenturm ein. "Als die Spitze weg war, kamen wir besser an die Flammen", sagt der Einsatzleiter der Feuerwehr, Markus Barnsteiner.

    Trotzdem haben die Feuerwehrleute Probleme, den Brand in dieser Höhe in den Griff zu bekommen. Bis ein Uhr morgens dauern die Löscharbeiten. Durch den Turm, der einem Kamin ähnelt, entsteht eine Sogwirkung, erklärt Barnsteiner. "Ohne den starken Wind wäre es mit Sicherheit einfacher gewesen, den Brand zu löschen." Wie hoch der Schaden ist, kann an diesem Abend noch niemand sagen. Auch die genaue Ursache für das Feuer wird erst in den nächsten Tagen feststehen. Zunächst müsse die Kirche von Statikern, danach von Brandermittlern untersucht werden. Einen Blitzeinschlag, so wie ihn viele Zeugen gesehen haben wollen, hält auch Barnsteiner für wahrscheinlich - selbst wenn die Kirche einen Blitzableiter hatte. "Wenn ein Blitz mit enormer Wucht und gezielt einschlägt, lässt er sich nicht ableiten."

    Viele Einwohner der Gemeinde sehen sich die dramatische Löschaktion an und bangen lange um ihre Kirche. Unter ihnen ist auch Josef Ampßler, der Bürgermeister von Wald. Stunden nach dem Brandausbruch wirkt er müde und traurig. Er kann noch gar nicht fassen, was passiert ist. "Für ein Dorf wie unseres ist es eine riesen Aktion, wenn die Kirche brennt." Er sei zunächst einfach nur froh, dass niemand verletzt wurde, sagt Ampßler. Wie es jetzt weitergeht in Wald, kann er noch nicht sagen. Der Pfarrer habe angekündigt, dass er am darauffolgenden Tag einen Gottesdienst im Gemeindezentrum durchführen will. "Von dort aus sollen auch die Sternsinger entsandt werden." Dann werde man weiter sehen.  dpa

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden