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Überlasteter Brenner: LKW-Buchungssystem für Slots als Lösung?

Blockabfertigung

Wer mit dem Lastwagen über den Brenner will, soll künftig vorher buchen

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    Lastwagen stehen auf der Autobahn A93 vor der bayerisch-österrreichischen Grenze in Fahrtrichtung Österreich im Stau.
    Lastwagen stehen auf der Autobahn A93 vor der bayerisch-österrreichischen Grenze in Fahrtrichtung Österreich im Stau. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Dort, wo sich an vielen Tagen Lastwagen an Lastwagen reiht, rauscht an diesem Mittwoch der Verkehr beständig. Es geht über die A93 durchs Inntal, vorbei an Brannenburg, Oberaudorf, Kiefersfelden – allesamt Orte, die man vor allem von den Verkehrsdurchsagen kennt. Eben weil dort so oft nichts mehr geht. Gleich hinter der österreichischen Grenze, in Kufstein, biegt der Tross um Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ab. Dort, wo die Tiroler regelmäßig den Schwerlastverkehr bremsen – Stichwort Blockabfertigung –, soll nun deren Ende eingeläutet werden.

    Gemeinsam mit seinen Kollegen aus Tirol und Südtirol, den Landeshauptmännern Anton Mattle und Arno Kompatscher, hat Söder auf die Kufsteiner Festung geladen, zum „Alpengipfel“, wie der CSU-Chef den Termin nennt. Gemeinsam hat man sich überlegt, wie man die verfahrene Situation auf der chronisch überlasteten Brennerroute lösen kann. „Wir spüren, dass der Brenner Entlastung braucht, der Brenner steht vor dem Kollaps“, fasst Söder das Problem zusammen. 

    2,5 Millionen Lkw wälzten sich im vergangenen Jahr über den Brenner

    Wer verstehen will, wie stark die Verkehrsbelastung zugenommen hat, muss nur auf die Zahlen schauen. 2,5 Millionen Lkw wälzten sich im vergangenen Jahr über den Alpenpass. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es noch 1,1 Millionen. 40 Prozent des Güterverkehrs in den Alpen gehen über den Brenner. Dazu kommen noch elf Millionen Autos, die jedes Jahr die Achse nutzen. 

    Auch deswegen hat sich zwischen Bayern und Tirol einiges angestaut. Die Blockabfertigung an der Grenze ist nur ein Beispiel dafür. 2017, als zu Pfingsten zwischen Kufstein und dem Brenner nichts mehr ging, hat man das Instrument in Tirol eingeführt. Die Folgen spürt man in Bayern regelmäßig: An den Tagen, an denen die österreichische Polizei nur 300 Lastwagen pro Stunde auf die Inntalautobahn lässt, staut es sich dann kilometerlang im Freistaat zurück, zum Teil bis ins Münchner Umland. 2019 dann erließen die Österreicher Fahrverbote auf den Landstraßen entlang des Brenners, weil zu viel Verkehr die Ausweichrouten verstopfte. Söder, der zu diesen Zeiten schon mal vom Skiurlaub in Österreich abriet, ließ wiederum die Straßen abseits der bayerischen Autobahnen für Transit-Lkw sperren, um an Tagen mit Blockabfertigung in Tirol Ausweichverkehr und verstopfte Ortsdurchfahrten in Bayern zu verhindern. 

    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit Anton Mattle, Landeshauptmann von Tirol (Mitte), und Arno Kompatscher, Landeshauptmann von Südtirol.
    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit Anton Mattle, Landeshauptmann von Tirol (Mitte), und Arno Kompatscher, Landeshauptmann von Südtirol. Foto: Johann Groder, APA/dpa

    Mit all diesen Streitereien soll jetzt Schluss sein. Was auch daran liegt, dass in Tirol seit Oktober ein neuer Landeshauptmann amtiert und es nun neue Gesprächsbereitschaft gibt. „Wir hatten ja einige Jahre Funkstille, jetzt senden wir wieder gemeinsam“, sagt Söder am Mittwoch in Kufstein, wo er gemeinsam mit Mattle und Kompatscher eine Absichtserklärung unterzeichnet. 

    Brenner: Das System mit den Slots soll zwischen Rosenheim und Trient gelten

    Im Kern geht es um ein digitales Verkehrsmanagementsystem für den Güterverkehr, auf das man sich gemeinsam mit Tirol und Südtirol geeinigt hat. Die Idee dahinter sind sogenannte Slots – Zeitfenster, die Speditionen für ihre Fahrzeuge im Vorfeld buchen sollen, wenn sie über den Brenner wollen. Sind diese ausgebucht, muss die Fahrt zu einer anderen Zeit oder an einem anderen Tag stattfinden. „Das wird eine Art buchbare Autobahn – unentgeltlich, aber verbindlich“, erklärt Söder. Bedeutet: Der Brenner ist natürlich mautpflichtig, aber die Buchung ist kostenlos. Nach ersten Plänen solle das System „großräumig“ zwischen Rosenheim und Trient in Italien gelten. Letztlich soll so erreicht werden, dass der Verkehr auf der 400 Kilometer langen Strecke besser fließt.

    Mehr als ein politisches Signal ist die „Kufsteiner Erklärung“ aber nicht. Denn letztlich müssen Berlin, Wien und Rom so ein Verkehrsmanagementsystem per Staatsvertrag besiegeln. Wie das System genau funktionieren soll? Was Speditionen davon halten, dass sie künftig Durchfahrten buchen müssen und neue Bürokratie auf sie zukommen könnte? Kompatscher sagt: „Es muss möglich sein, dass nicht jeder zu jeder Zeit losfährt.“ Und bis der Brennerbasistunnel fertiggestellt ist, mit dem viele Güter von der Straße auf die Schiene verlagert werden sollen, wird es noch dauern.

    Für Antworten sei es jetzt noch zu früh, meint Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter. „Die Details müssen erst ausgearbeitet werden.“ Eine erste Machbarkeitsstudie wurde in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Ingolstadt erstellt, nun soll es mit der technischen Ausarbeitung weitergehen. „Wir hoffen, dass wir im Spätherbst etwas vorlegen können“, sagt Bernreiter. Frühestens in ein bis zwei Jahren könnte das System an den Start gehen – vorausgesetzt, die drei Länder können sich einigen. 

    „Das wird nicht über Nacht gehen“, betont Söder. Bis dahin wird es so weitergehen wie bisher: Lastwagen, die an bestimmten Tagen in Kufstein abfahren müssen, gesperrte Landstraßen in Österreich und Bayern, Rückstau in Bayern. In zwei Wochen haben die Tiroler den nächsten Blockabfertigungstermin angesetzt.

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