Die Unterrichtsversorgung für die nunmehr gut 1,7 Millionen Schülerinnen und Schüler im Freistaat ist aus Sicht von Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) im neuen Schuljahr gesichert. "Wir sind aktuell voll im Plan, auch besser als im Vorjahr zum gleichen Zeitpunkt. Aber das heißt nicht, dass wir jetzt entspannen können", sagte Piazolo am Freitag in München. "Wir haben so viele Lehrerinnen und Lehrer wie noch nie, aber auch so viele Herausforderungen wie noch nie."
Inklusion, Integration und Ganztag seien nur einige der großen Baustellen, zählte Piazolo auf. Allein rund 30.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine seien inzwischen ins bayerische Schulsystem aufgenommen worden - so viele wie ein kompletter Abiturjahrgang. "Das ist schon wuchtig", sagte Piazolo.
Außerdem gebe es aufgrund der höheren Geburtenzahl generell mehr Kinder im Freistaat. In der Folge müssten - besonders an den Grund- und Mittelschulen - in diesem Schuljahr rund 26 000 Schülerinnen und Schüler mehr unterrichtet werden als im Vorjahr.
Deshalb seien für das neue Schuljahr etwa 3700 neue Lehrkräfte auf Planstellen eingestellt worden; hinzu kämen noch Vertragskräfte. Es werde immer schwieriger, Personal zu gewinnen, räumte Piazolo ein. Dies werde auch in Zukunft eine große Aufgabe bleiben: "Der Lehrermangel ist nicht nur ein Thema für ein Schuljahr."
Der Vorteil für Lehramtsstudierende: In allen Schularten herrscht derzeit Volleinstellung. Weitere Stellen wurden nach Zweitqualifikationen sowie durch freiwillige und dienstrechtliche Maßnahmen für Lehrkräfte gefüllt.
Besonders angetan zeigte sich Piazolo von der unerwartet hohen Zahl von 600 Quereinsteigern. Die von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) groß angekündigte und grundsätzlich nachgefragte Regionalprämie habe bei der Abwerbung von Lehrkräften aus anderen Bundesländern jedoch kaum Schlagkraft entfaltet. "Es ist nicht so, dass es da einen riesengroßen Zustrom gibt", sagte der Minister. Das Quereinsteigerprogramm habe wesentlich mehr gebracht.
Für die Nachwuchsgewinnung müsse deshalb die Attraktivität des Lehrberufs grundsätzlich gesteigert werden, etwa durch bessere Beförderungsmöglichkeiten, eine praxisorientierte Lehrkräfteausbildung und eine weitere Reduzierung der Bürokratie, zählte Piazolo auf. Perspektivisch sehe er die Notwendigkeit, zur Wahrung der Qualität des Bildungsniveaus 10.000 weitere Lehrerstellen zu schaffen.
Rund die Hälfte davon entfalle auf den demografischen Zuwachs. Doch Umfang und Komplexität der Aufgaben stiegen, auch aufgrund der Pluralität der Schülerschaft. "Wir müssen noch mehr als bisher den einzelnen Schüler betrachten", erläuterte der Minister.
Der bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband hatte erst vor wenigen Tagen beklagt, dass genau diese individuelle Förderung und Begleitung im Regelfall nicht mehr möglich sei. Auch für Arbeitsgruppen und ähnliche Angebote fehlten auf breiter Front die Kapazitäten. Dem widersprach Piazolo: "Es ist nicht so, dass nur der Pflichtunterricht stattfindet, sondern auch mehr."
(dpa)