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Bildung: Die kirchlichen Schulen befinden sich in der Krise

Bildung

Die kirchlichen Schulen befinden sich in der Krise

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    Hört man sich in Bayerns (Erz-)Bistümern und der evangelischen Landeskirche um, wird schnell klar, wie wichtig für diese Schulen und Kitas sind: Sie stellen eine Brücke in eine Gesellschaft dar, die sich immer weniger in Gottesdiensten blicken lässt.
    Hört man sich in Bayerns (Erz-)Bistümern und der evangelischen Landeskirche um, wird schnell klar, wie wichtig für diese Schulen und Kitas sind: Sie stellen eine Brücke in eine Gesellschaft dar, die sich immer weniger in Gottesdiensten blicken lässt. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Symbolbild)

    Die Ankündigung des katholischen Bistums Eichstätt Mitte März, sich aus Kostengründen von seinen Schulen zu trennen, hatte eine Art Schockwirkung. Wenige Tage später versuchte der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, die Lehrkräfte der Schulen seines

    Um welche Beträge es hierbei geht, zeigt das Beispiel des Erzbistums München und Freising. Nach dessen Angaben beliefen sich die Kosten für den laufenden Betrieb seiner 24 Schulen im Jahr 2020 auf gut 102 Millionen Euro, davon machten die Personalkosten mehr als 85 Millionen aus. Finanziert wurde das mit staatlichen Zuschüssen von knapp 80 Millionen, 13 Millionen an Schulgeld oder freiwilligen kommunalen Leistungen – und mehr als neun Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln. 2020 konnte das Erzbistum bei einer Bilanzsumme von rund 3,7 Milliarden Euro und Erträgen von rund 864 Millionen Euro noch einen Überschuss von 33 Millionen Euro erwirtschaften. Für 2022 rechnete es bereits mit einem Minus von 39 Millionen Euro.

    Kirchliche Schulen stellen eine Brücke in eine Gesellschaft dar, die sich immer weniger in Gottesdiensten blicken lässt

    Der Spardruck nicht nur im Erzbistum München und Freising ist massiv – und der Unterhalt von Schulgebäuden oder Neubaumaßnahmen sind teuer. Zwar könnten für große Baumaßnahmen staatliche Fördermittel beantragt werden, heißt es vom Erzbistum. Aber diese deckten in der Regel bloß etwa 30 Prozent der tatsächlichen Baukosten, und es dauere oft bis zu 15 Jahre, bis Fördermittel in voller Höhe ausbezahlt seien.

    Hört man sich in Bayerns (Erz-)Bistümern und der evangelischen Landeskirche um, wird schnell klar, wie wichtig für diese Schulen und Kitas sind: Sie stellen eine Brücke in eine Gesellschaft dar, die sich immer weniger in Gottesdiensten blicken lässt. Entschieden zurückgewiesen wird daher, was der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und der Jesuit Klaus Mertes kürzlich behaupteten, nämlich, dass die Motivation der Kirchen schwinde, „dem Staat als starker zivilgesellschaftlicher Partner mit eigenem Engagement bei der Bildung zur Seite zu stehen“. Am deutlichsten widerspricht das Bistum Würzburg. Die Schulen seien „wertvolle Orte kirchlicher Präsenz“. Problematisch sei „der Mangel an gesellschaftlicher und staatlicher Aufmerksamkeit für die schwierige finanzielle Lage“, kritisiert ein Sprecher. „Ein Bistum kann nicht Lückenbüßer sein für die dringend notwendige Unterstützung von Schulen, die die Gesellschaft braucht. Eltern – egal welcher Weltanschauung – bringen ihre Kinder gerne in kirchliche Schulen.“

    Kirchliche Schulen sind beliebt – trotz der kirchlichen Skandale

    In der Tat sind diese trotz diverser Skandale beliebt. Der renommierte Bildungsforscher Klaus Zierer, Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg, führt das auf ihr spezifisches Bildungsprofil zurück. Eltern gehe es darum, dass Glaube als Gabe und Aufgabe der menschlichen Entwicklung betrachtet und existenzielle Fragen zugelassen würden – „nicht um kirchenpolitische Fragen oder um medial vermittelte Kontroversen über lehramtliche oder moralische Standpunkte“. Mit Blick auf die abnehmende gesellschaftliche Bedeutung der Kirche frage er sich, ob diese das „Handlungsfeld primär unter ökonomischen Gesichtspunkten räumen soll oder ob sich nicht auch enorme Chancen“ für sie ergeben, „gerade in einer säkularen Gesellschaft Präsenz zu zeigen und sich für die Zukunft junger Menschen zu engagieren“. Dass dies gelingen könne, zeige das Schulwerk der Diözese Augsburg. Dort wurden in den letzten Jahren fünf Schulen neu gegründet.

    Zugleich hat Zierer den Eindruck, „in manchen Bistümern“ nehme das Schulwesen nicht mehr den Stellenwert ein, den es viele Jahrhunderte gehabt habe. „Mancherorts zieht man sich angesichts des öffentlichen Gegenwindes zurück, krempelt nicht die Ärmel hoch, sondern beschränkt sich auf die innerkirchlichen Aufgaben wie Gebet, Gottesdienst und Gemeindeleben“. Als gläubiger Mensch halte er das für einen Fehler, weil es die Marginalisierung der Kirchen befördere.

    Doch es gibt zu dem komplexen Thema nicht nur schlechte Nachrichten. Das Katholische Schulwerk in Bayern und die evangelische Landeskirche weisen auf Verbesserungen hin, darunter die Schaffung neuer Lehrstühle für Sonderpädagogik, mit der der Freistaat auf die Forderungen der Verbände reagiert habe, oder im Bereich der Quereinsteiger. Das Schulwerk der Diözese Augsburg wirbt gerade gezielt um diese: mit „schnellen Aufstiegschancen und beamtenähnlichen Beschäftigungsverhältnissen“ und einer Betriebsrente, „die vollständig vom Arbeitgeber getragen wird, sowie finanziellen Sonderleistungen“. Aus dem Bistum Eichstätt verlautet: Man sondiere mit möglichen kirchlichen Nachfolgeträgern und der Politik, um Schulschließungen abzuwenden. Im Bereich der Kitas, sagt eine Sprecherin, plane man „eine Intensivierung der Arbeit“.

    Bistum Würzburg kontaktiert gezielt Politikerinnen und Politiker

    Auf der Suche nach einem Weg in die Zukunft verfolgt das Bistum Würzburg auch eine bemerkenswerte Strategie für seine 507 Kindertageseinrichtungen, Kindergärten und Horte (Stand: 2021): Es möchte die Immobilienträgerschaft und damit die Verpflichtung zur Instandhaltung der Gebäude an die Kommunen abgeben. Zugleich bekennt es sich klar dazu, Kinder und Familien bei Erziehung, Bildung und Betreuung weiter begleiten zu wollen. Das Motto laute: „Menschen vor Steinen“. Dazu sucht das Bistum den Kontakt zu Entscheidern aus Politik und Behörden. Zuletzt wurden Landräte und Oberbürgermeister angeschrieben, um sie von „Kooperationsverträgen“ zu überzeugen. In ihnen geht es um die Übernahme von Defiziten.

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