Top-Verdiener in Bayern müssen sich immer seltener zusätzlichen Prüfungen durch die Finanzämter unterziehen. Haben die Beamten im Jahr 2010 noch mehr als 25 Prozent aller Einkommensmillionäre umfassend geprüft, waren es 2023 nur noch knapp über elf Prozent. Das geht aus einer Antwort der Staatsregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Landtag hervor.
Mehr Einkommensmillionäre, weniger Steuerprüfungen
Als Einkommensmillionäre gelten dabei laut Finanzamt all jene Personen, die Einkünfte von mehr als 500.000 Euro im Jahr beziehen - ein Relikt aus D-Mark-Zeiten, das aus dem damaligen Umtauschkurs von etwa 2:1 hervorgeht. 3.990 dieser Einkommensmillionäre gab es 2023 in Bayern, 2010 waren es 2.707. Für sie gelten laut Gesetz strengere Regeln bei der Steuererklärung. Sie müssen zum Beispiel Unterlagen länger aufbewahren. Außerdem dürfen die Finanzämter anlasslose Prüfungen vornehmen.
Die Grünen-Fraktion aber kritisiert, dass genau das zu selten geschieht. „Der Söder-Regierung fehlt der politische Wille, um Steuergerechtigkeit in Bayern durchzusetzen“, sagt Tim Pargent, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, gegenüber unserer Redaktion. „Eines muss jedem klar sein: Das Geld, dass die Staatsregierung hier ganz bewusst verschenkt, hätte Bayern eigentlich sehr nötig. Zum Beispiel, um wichtige Zukunftsinvestitionen zu finanzieren wie etwa den öffentlichen Nahverkehr oder zur Senkung von Kita-Gebühren!“
Die Finanzämter selbst nimmt Pargent in Schutz. Die Lage der Finanzämter verschärfe sich von Jahr zu Jahr. „Die Fallzahlen steigen, Zusatzaufgaben wie die Grundsteuerreform sorgen für Mehrarbeit, und überall fehlt es massiv an Personal“, sagt Pargent. Und fordert mehr Personal. „Unsere Behörden brauchen schnellstens mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine bessere technische Ausstattung, um die Prüfquote zu erhöhen. Der Fokus sollte dabei auf großen, komplexen Fällen liegen, da hier das größte Potenzial für Mehreinnahmen steckt.“
Durch die zurückgehende Zahl der Prüfungen geht Pargent von jährlichen Ausfällen im zweistelligem Millionenbereich aus. „Für das Jahr 2023 gibt die Staatsregierung durchschnittliche Mehrsteuern von rund 86.500 Euro pro geprüftem Steuerpflichtigen in der Einkommensliga ab 500.000 Euro an.“ Und rechnet hoch: „Selbst, wenn man die Prüfquote nur auf 25,9 Prozent anheben würde, wie es 2010 noch der Fall war – dann hätten wir Mehreinnahmen von insgesamt knapp 45 Millionen Euro verzeichnen können.“
Bayern prüft überdurchschnittlich viele Einkommensmillionäre
Die Staatsregierung weist diese Rechnung zurück. Die 86.500 Euro pro geprüftem Steuerpflichtigen beziehe sich auf solche Fälle, die von den Finanzbehörden als „risikoträchtig“ eingestuft wurden und gerade deshalb erneut geprüft wurden. „Es ist nicht sachgerecht, bei allen Einkommensmillionären ein Mehrergebnis in derselben Größenordnung wie bei den durchgeführten Prüfungen zu unterstellen“, sagt eine Sprecherin des bayerischen Finanzministeriums.
Viele Fälle bedürften schlicht keiner zusätzlichen Prüfung. „Auch Personen mit hohen Einkünften haben teilweise eine einfache Einkommensstruktur“, sagt die Sprecherin. „Manche Steuerpflichtige wurden zudem bereits mehrfach und ohne Beanstandungen im Rahmen einer Außenprüfung geprüft.“
Außerdem sei die Entwicklung kein spezifisch bayerisches Phänomen. „Die Quote abgeschlossener Prüfungen bei den sogenannten Einkommensmillionären ist in den letzten Jahren auch im Bundesschnitt – nahezu parallel zur bayerischen Entwicklung – zurückgegangen“, sagt eine Sprecherin des bayerischen Finanzministeriums. „Dabei lag die Prüfquote insgesamt in Bayern in den letzten Jahren teilweise – etwa in 2023 – auch über dem Bundesschnitt.“
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