In den nächsten Wochen wird es ernst für rund 6,4 Millionen Grundstücksbesitzer in Bayern: Denn mit der Festsetzung eines neuen Hebesatzes entscheidet jede einzelne Kommune derzeit, wie hoch die Grundsteuer künftig tatsächlich ist.
Zwar soll die neue Grundsteuer in der Regel nicht mehr Geld in die Gemeindekassen spülen wie bisher. Der Logik der einst vom Verfassungsgericht verordneten Reform folgt allerdings zwangsläufig, dass innerhalb einer Kommune manche Grundeigentümer künftig mehr bezahlen müssen, andere dagegen weniger. Ärger ist also programmiert.
Andere Bundesländer binden die Grundsteuer an den Wert der Immobilie
Was zu der Frage führt, ob die von Bayern als Sonderweg gewählte Lösung einer Bindung der Grundsteuer allein an die Fläche von Grund und Gebäuden die Lasten fairer verteilt als eine Orientierung etwa am Bodenrichtwert wie in Baden-Württemberg oder gar am aktuellen Verkehrswert der Immobilie wie in vielen anderen Bundesländern.
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) verteidigt den bayerischen Weg vehement gegen die auf ihn einprasselnde Kritik. Wichtig ist ihm allerdings der Hinweis, dass die Reform keine Idee der Politik war, sondern der Tatsache geschuldet ist, dass das Gericht die auf gut 60 Jahren alten Wertfestsetzungen basierende bisherige Grundsteuer als verfassungswidrig, da ungerecht einkassiert hat.
Anders als oft behauptet, gehe es zudem überhaupt nicht um zusätzliche Einnahmen für die Staatskassen: Die Reform sorge zwar „für Arbeit und Ärger beim Freistaat, das Geld bleibt aber bei den jeweiligen Kommunen“, erklärt der Finanzminister im Landtag.
Und auf die Höhe der Hebesätze und damit auf die tatsächliche Steuersumme könne und wolle der Freistaat gar keinen Einfluss nehmen: Dieses Recht liege wie bisher allein bei der jeweiligen Gemeinde und könne auch in Zukunft wie bisher jährlich geändert werden.
Füracker: Bayerns Flächen-Modell „in puncto Bürokratieabbau unschlagbar“
Auch inhaltlich verteidigt der Minister das Flächenmodell: Die Fläche von Grund und Gebäude sei „nicht streitbar“, erklärt er. Eine Bindung der Grundsteuer an den Wert führe hingegen alle sieben Jahre zu einer Neubewertung inklusive neuer Steuererklärung. Und eine Bindung an den Bodenrichtwert führe neben automatischen Steuererhöhungen zu viel Streit über die Richtigkeit der ermittelten Werte. Bayerns System sei deshalb „in puncto Bürokratieabbau unschlagbar“.
SPD und Grüne im Landtag beklagen hingegen massive Gerechtigkeitslücken: So fehle etwa eine „Bindung an die Leistungsfähigkeit“ der Eigentümer, findet der Grüne Tim Pagent. Und Volkmar Halbleib (SPD) sieht eine „Bevorzugung von Immobilien in Premium-Lagen in den Innenstädten“, während einfache Wohnlagen am Stadtrand teurer würden.
Warum spielt die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eigentümer keine Rolle?
Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eigentümer werde über die Einkommenssteuer ausgeglichen, dafür sei die Grundsteuer gar nicht da, entgegnet Füracker. Insgesamt werde Wohnen in Bayern durch die neue Grundsteuer auch nicht teurer, beteuert er: In den Innenstädten würden viele Mieter sogar entlastet, weil die durchgereichte Grundsteuer für Geschosswohnungen aufgrund im Verhältnis kleinerer Grundstücke tendenziell sinke, während Einfamilienhäuser auf großen Grundstücken am Stadtrand in der Tat eher mehr bezahlen müssten.
Dieser Schieflage könnten zumindest größere Städte theoretisch mit unterschiedlichen Hebesätzen zwischen Zentren und Peripherie begegnen. Eine solche „Zonierung“ habe er in seinem ursprünglichen Modell sogar vorgesehen, verteidigt sich Füracker: „Ich hätte das gerne so gemacht“, beteuert er. Diese Flexibilisierung sei im bayerischen Gesetzgebungsverfahren jedoch leider am Widerstand der kommunalen Spitzenverbände gescheitert.
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