Rund ein Jahr ist es her, dass CSU und Freie Wähler in Bayern in ihre zweite Koalition gestartet sind. Was hatte sich die Söder-Regierung für die neue Wahlperiode vorgenommen? Was ist bereits erreicht worden? Und wo hinken die bürgerlichen Parteien den eigenen Ansprüchen hinterher? Wir ziehen in einer Serie eine erste Zwischenbilanz. Heute: die Gesundheitspolitik.
Wie geht es weiter für die rund 400 Kliniken in Bayern? Rund zwei Milliarden Euro Defizit haben die Krankenhäuser im Freistaat laut Gesundheitsministerium zuletzt angehäuft. „Die Strukturen müssen effektiver werden, unabhängig von den Berliner Reformen“, forderte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) deshalb Ende im Oktober im Landtag.
Doch eine eigene Antwort auf die Krankenhaus-Krise blieb die Staatsregierung im ersten Jahr der neuen Wahlperiode weitgehend schuldig. „Die Lauterbach-Reform verhindern“, lautete vor allem das politische Ziel. Eine Strategie, die Ende November scheiterte: Das ungeliebte Gesetz des Berliner SPD-Ministers im Bundesrat bis nach der Bundestagswahl aufzuhalten, misslang. Die Reform, durch die Bayern negative Folgen für die medizinische Versorgung im ländlichen Raum befürchtet, ist damit beschlossene Sache.
Nun müsse eben eine neue Bundesregierung „wichtige Nachbesserungen in die Wege leiten“, fordert Ministerin Gerlach. Was damit gemeint ist? Wohl vor allem mehr Geld aus Berlin für die aus dem Ruder laufenden Betriebskosten der Kliniken auch in Bayern.
Kommunen: Staatsregierung sollte Schuld für die Klinik-Misere nicht nur in Berlin suchen, sondern vor allem auf dem Land selbst eingreifen
Doch nicht nur die Opposition im Landtag, auch Bayerns Kommunen erwarten von der Staatsregierung mehr als die Schuld der Klinik-Misere allein in Berlin zu suchen: „Wir drängen seit Langem auf eine Krankenhaus-Planung auf einer bayernweit soliden Datengrundlage“, klagte etwa Landkreistag-Chef Thomas Karmasin (CSU). Die Söder-Regierung müsse vor allem auf dem Land „selbst eingreifen“, verlangt er. Denn dort gebe es „deutlichen Nachholbedarf“.
Gerlach kündigte im Oktober an, nun etwa den künftigen regionalen Versorgungsbedarf sowie regionale Prognosen der Entwicklung der Patientenzahlen erheben zu wollen. Zudem will sie die kommunalen Träger zu kostensenkenden Kooperationen benachbarter Kliniken drängen.
Dass dies nicht längst passiert ist, sorgte im Landtag für Verwunderung: „Auf welcher Basis wurde denn bisher Planung und Steuerung der medizinischen Versorgung gemacht?“, fragt etwa der Grünen-Abgeordnete Johannes Becher.
Pflege-Krise: Beschleunigte Anwerbung von Pflegekräften und Förderung neuer Pflegeplätze, aber massive Kürzung beim Landespflegegeld
Zweites landespolitisches Dauer-Thema im Gesundheitsbereich ist die Pflege. Den Personalmangel dort will die Staatsregierung unter anderem mit einem beschleunigten Anerkennungsprogramm für ausländische Kräfte („Fast Lane“) beheben. Ein Modellprojekt mit einer mobilen Reserve soll zudem bei Personalausfällen etwa durch Krankheit für schnellen Ersatz sorgen, damit Pflegekräfte sich auf ihre Dienstpläne verlassen können und nicht immer wieder kurzfristig einspringen müssen.
Aus Kostengründen gestrichen wird dagegen ab 2026 die Hälfte des Landespflegegeldes von bisher tausend Euro pro Jahr ab Pflegestufe 2. Die damit eingesparten gut 200 Millionen Euro sollen etwa in eine verbesserte ambulante Pflege fließen, verspricht Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Ebenfalls versprochen sind 8000 zusätzliche Pflegeplätze in Bayern bis 2028. Im Jahr 2024 habe man bereits 1450 neue Plätze mit 73,4 Millionen Euro gefördert, teilt das Gesundheitsministerium auf Nachfrage mit. Einen Fahrplan für den weiteren Ausbau hat das Ministerium jedoch nicht: Letztlich könne der Freistaat neue Pflegeplätze nur finanziell fördern, heißt es dort zur Erklärung: „Geschaffen werden müssen diese allerdings von Investoren.“
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