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Bayerns Hochwasserhilfe: Warum Berlin nicht zahlt

Hochwasser

Nach dem Hochwasser: Bayern bekommt kein Geld aus Berlin

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    Was sind die Versprechen des Bundeskanzlers wert? Olaf Scholz und Markus Söder im Juni in Reichertshofen.
    Was sind die Versprechen des Bundeskanzlers wert? Olaf Scholz und Markus Söder im Juni in Reichertshofen. Foto: Luzia Grasser

    Lässt der Bund Bayern im Stich? Vier Monate nach dem verheerenden Hochwasser kurz nach Pfingsten wartet der Freistaat noch immer auf Geld vom Bund, um das Leid der Betroffenen zu lindern. Bislang hat Bayern aus Berlin keinen Cent erhalten. Nach Informationen unserer Redaktion ist fraglich, ob sich das noch ändert. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) reagiert empört. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte im Juni bei einem gemeinsamen Besuch im Katastrophengebiet die Hilfe des Bundes versprochen. Damals sagte er: „Das gehört sich so.“

    Diese Schäden richtete das Hochwasser an Pfingsten 2024 an

    Bei dem Hochwasser, das nach schwersten Regenfällen vor allem in Baden-Württemberg und Südbayern schwere Schäden hinterließ, starben mindestens sechs Menschen, Tausende mussten vor den Wassermassen fliehen. Auch die materiellen Schäden waren schwer: kaputte Häuser, zerstörte Straßen, vernichtete Ernten, Firmen, die nicht mehr produzieren konnten. In dieser Lage versprachen der Freistaat und der Bund schnelle Hilfe. Scholz etwa sagte bei seinem Besuch in Reichertshofen: „Wir werden alles dazu beitragen, auch mit den Möglichkeiten des Bundes, dass hier schnell weitergeholfen werden kann.“

    Die Bayern verstanden darunter auch das Versprechen, dass die Bundesregierung Geld überweist. Unter anderem gibt es einen Fluthilfefonds, den Bund und Länder gemeinsam finanzieren. Bayern zahlt nach Angaben des Finanzministeriums in München jährlich 35 Millionen Euro ein, bis 2050 sollen es 1,1 Milliarden Euro sein. Jetzt hätte die Staatsregierung gerne etwas zurück, doch Berlin denkt nicht dran.

    Hochwasser: Bayern und der Bund streiten ums Geld

    Auf Anfrage unserer Redaktion sagte eine Regierungssprecherin: „Der Bund kann sich nach geltender Staatspraxis nur dann und ausnahmsweise an den Kosten der Länder beteiligen, wenn eine Katastrophe nationalen Ausmaßes vorliegt und die betroffenen Länder bei deren Bewältigung überfordert wären.“ Um das festzustellen, müssten nicht durch Versicherungsleistungen abgedeckte Schadenssummen oder unmittelbare Auswirkungen einer Katastrophe auf die Länderhaushalte sowie eine angemessene Unterlegung der Schätzungen vorliegen. All das habe Bayern bisher nicht getan.

    Als Hochwasser-Katastrophen nationalen Ausmaßes gelten lässt die Bundesregierung Flutkatastrophen aus dem Jahr 2013 und 2021 (Ahrtal). Beim Hochwasser 2013 waren insgesamt elf Bundesländer mit einer geschätzten Schadenshöhe von acht Milliarden Euro betroffen; beim Hochwasser 2021 waren es vier Bundesländer mit geschätzten 30 Milliarden Euro. Für das Pfingsthochwasser sprach die Versicherungswirtschaft zuletzt von bis zu drei Milliarden Euro an Schäden, wobei deren Feststellung noch gar nicht abgeschlossen ist.

    Hochwasser-Katastrophen in Deutschland

    Der bayerische Ministerpräsident Söder hat die Darstellung der Bundesregierung scharf zurückgewiesen. Deren Begründung sei eine „unverschämte Nebelkerze“. Söder: „Was sonst, wenn nicht das, ist eine Katastrophe nationalen Ausmaßes?“ Das habe die Staatsregierung der Bundesregierung auch in mehreren Schreiben „ausführlich dargelegt“, betonte Söder gegenüber unserer Redaktion. Bayern werde benachteiligt und missachtet: „Vom damaligen Hochwasser-Tourismus durch den Kanzler, den Wirtschaftsminister und weitere Mitglieder der Ampel-Regierung ist nichts weiter geblieben als leere Versprechen und heiße Luft.“ Das sei „maximal unseriös und unsolidarisch.“

    In Bayern selbst laufen die Hilfsprogramme für Betroffene und werden aus der Kasse des Freistaats finanziert. Wie das Münchner Finanzministerium auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt, hat der Freistaat insgesamt mehr als 31,3 Millionen Euro an Hochwasser-Opfer bezahlt. Bisher seien bayernweit rund 13.470 Soforthilfeanträge von Privathaushalten und rund 320 Anträge auf Zuwendungen aus dem Härtefonds eingegangen. Das aber dürfte nicht das Ende der Fahnenstange sein.

    Hochwasser: So läuft die Auszahlung der Hilfsgelder in Bayern

    Im Bereich der Landwirtschaft läuft die Antragsfrist für das Hilfsprogramm „Hochwasser“ erst an diesem Montag aus. Bislang sind laut Landwirtschaftsministerium knapp 1000 Anträge eingegangen, bezahlt aber wurde noch nichts. Grund, so ein Sprecher: „Die Schätzung der Aufwuchs- und Ernteschäden dauert nach wie vor an.“ Insgesamt sind rund 20 Millionen Euro für die Hilfszahlungen vorgesehen.

    Beim Wirtschaftsministerium sind bislang gut 200 Anträge eingegangen, deren Gesamtwert: 28 Millionen Euro. Ausbezahlt wurden davon ganze 83.000 Euro. Das liegt laut Wirtschaftsministerium an beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Kommission. Danach gibt es ohne Gutachten eines Sachverständigen kein Geld. Diese Gutachten dauern aber offenbar. Erst dann dürfe man die Anträge bearbeiten und bezahlen, so ein Sprecher von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW).

    Apropos Europäische Union: Auch dort gibt es einen Solidaritätsfonds, aus dem Bayern Geld beantragt hat. Der Bund unterstützt das, versichert eine Regierungssprecherin. Interessant: Gegenüber Brüssel macht Berlin dann seinerseits sehr wohl eine nationale Katastrophe geltend. Dabei stützt sie sich nach Angaben der Staatskanzlei auf Zahlen, die aus München übermittelt wurden.

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