Herr Mehring, warum sollte die Union auf CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidat setzen?
FABIAN MEHRING: Als Digitalminister habe ich viel mit dem Bund zu tun und erlebe fast täglich, wie dringend unser Land einen Politikwechsel in Berlin benötigt. Deshalb hoffe ich, dass die Union nicht erneut nur den zweitbesten Kandidaten ins Rennen schickt. 2021 hat die CDU ihre Parteiinteressen über die Präferenzen der Bürger gestellt und statt Söder auf Laschet gesetzt. Einzig dieser Fehlentscheidung verdanken wir das aktuelle Ampel-Chaos. Wenn jetzt Friedrich Merz Kanzlerkandidat würde, sehe ich die Gefahr, dass sich dieses Desaster wiederholt.
Womit begründen Sie das?
MEHRING: Merz hat keinerlei Regierungserfahrung und verkörpert einen Politikertyp der 90er Jahre, der meine Generation nicht mehr erreicht. Markus Söder hat bewiesen, dass er erfolgreich regieren kann. Er beherrscht die Spielregeln unserer modernen Mediendemokratie. Nicht umsonst liegt Söder in allen Umfragen meilenweit vor Merz. Ich finde: Unser Land braucht jetzt einen populären Kanzler, um aus der Krise zu kommen und Kurs in der politischen Mitte zu halten.
Sie sind ein bayerischer Minister der Freien Wähler, die selbst bei der Bundestagswahl antreten. Gibt das keinen Ärger in den eigenen Reihen, wenn Sie jetzt einen Politiker der Konkurrenz als Kanzler empfehlen?
MEHRING: Wir Freie Wähler wollen doch nicht nächstes Jahr den Kanzler stellen, sondern erstmals in den Bundestag einziehen. Ein bayerischer Kanzler namens Söder, mit dem wir schon sechs Jahre erfolgreich regieren, wäre im Erfolgsfall ein perfekter Koalitionspartner.
Wollen Sie Söder nach Berlin loben, damit Sie es im Kabinett in München entspannter haben oder ist er als Chef gar nicht so streng?
MEHRING: Markus Söder ist für mich sogar ein ziemlich idealer Chef. Schließlich hat er mein Ministerium ja selbst gegründet, um Bayern bei den Zukunftstechnologien an die Spitze zu bringen. Entsprechend viel Rückenwind kriege ich von Beginn an aus der Staatskanzlei. Aber: Ein guter Draht zum nächsten Kanzler wäre ja auch praktisch.
Der aktuelle Halbjahresbericht des Verfassungsschutzes befasst sich ausführlich mit der Desinformation durch den russischen Geheimdienst über gefälschte Seiten, die vorgeben, zu bekannten Medien zu gehören. Kann man solche Seiten nicht technisch blockieren?
MEHRING: Das versuchen wir derzeit über das DSA-Gesetz der Europäischen Union zu ermöglichen. Deshalb war ich vor Kurzem in Brüssel und habe über den Bundesrat eine zweistellige Anzahl von Verbesserungen durchgesetzt. Die Schwierigkeit besteht darin, dass unsere Gesetze nur in Deutschland gelten, während einschlägige Plattformbetreiber im Ausland sitzen und global agieren. Deshalb arbeiten wir mit Hochdruck an neuen Regeln, die in ganz Europa gelten.
Sie haben eine Allianz gegen Fake News ins Leben gerufen. Die Grünen sagen, das reicht nicht. Sie fordern eine Task Force, die Desinformationskampagnen frühzeitig entlarven und die Öffentlichkeit davor warnen soll – unter Federführung des Digitalministeriums. Ist das in Ihren Augen sinnvoll?
MEHRING: Unsere Bayern-Allianz gegen Desinformation, die wir aus Tech-Weltkonzernen, Bayerns Qualitätsmedien und den Institutionen der Staatsregierung geschmiedet haben, ist europaweit einmalig. Ich habe sie schon in Paris und Berlin präsentieren dürfen und fahre nächste Woche nach Wien, um unser Bayern-Bündnis im österreichischen Kanzleramt vorzustellen. Wenn sich die Grünen noch mehr davon wünschen und selbst sagen, dass das unter meiner Federführung geschehen soll, verstehe ich das als Kompliment und Ansporn.
Immer wieder erkennen Menschen nicht, dass sie Falschinformationen aufsitzen, die gezielt auf Seiten im Netz und in den sozialen Medien gestreut werden. Was muss hier besser werden?
MEHRING: Kommunikation und Information verlagern sich immer mehr ins Digitale. Bislang ist es uns nicht in der gleichen Geschwindigkeit gelungen, die Spielregeln unserer Demokratie im digitalen Raum zu etablieren. Was am Stammtisch kriminell ist, muss auch im Netz illegal sein. Sonst stoßen politische Geschäftemacher in diese Lücke und funktionieren soziale Medien zu FakeNews-Maschinen um. Um das zu verhindern, braucht es neben wirksamen Gesetzen vor allem Medienkompetenz bei den Menschen, die sich online informieren.
Können Sie das an einem Beispiel erklären?
MEHRING: Niemand würde in der analogen Welt einer Information blind vertrauen, die man über einen Zettel ohne erkennbaren Abender im Briefkasten erhält. Auf sozialen Medien nehmen hingegen viele Leute für bare Münze, was User ohne Bild und Klarnamen ungeprüft in die Welt setzen. Deshalb muss die goldene Regel heißen: Ein Blick auf die Quelle einer Information ist in der digitalen Welt genauso unverzichtbar wie im echten Leben.
Zur Person
Fabian Mehring, 35, kommt aus dem Meitinger Gemeindeteil Waltershofen (Kreis Augsburg). Der Freie-Wähler-Politiker wurde 2018 erstmals in den Landtag gewählt. Seit November 2023 ist er Bayerischer Staatsminister für Digitales.
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