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Bayern: Seehofer kämpft an zwei Fronten gegen Merkel und Pegida

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Seehofer kämpft an zwei Fronten gegen Merkel und Pegida

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    Horst Seehofer und die CSU kämpfen derzeit an zwei Fronten.
    Horst Seehofer und die CSU kämpfen derzeit an zwei Fronten. Foto: Peter Kneffel dpa

    Drohungen, Bitten, Appelle - alles fruchtlos. Seit Wochen fordert CSU-Chef Horst Seehofer einen Kurswechsel von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingskrise, doch der lässt auf sich warten. Trotz Verschärfung des Asylrechts fehlt der aus CSU-Sicht entscheidende Satz: Ein Bekenntnis zur Begrenzung der Zuwanderung.

    Die Folge: Ein eigenartiger Zwei-Fronten-Krieg der CSU. Aus Seehofers Sicht schwächt Merkel die Union und stärkt AfD, Pegida, und Rechtsextremisten. "Die Gefahr, dass sich die Gesellschaft spaltet, ist jeden Tag mit Händen zu greifen", sagt er am Dienstagabend im Landtag in München. Seehofers unablässig wiederholtes Mantra: "Wenn wir das nicht lösen, wird das zulasten aller Parteien gehen, weil die Leute das Vertrauen verlieren." 

    Die große Angst der CSU-Landesleitung vor der AfD im Bundestag

    Sollte die AfD erst einmal mit zweistelligem Ergebnis im Bundestag sitzen, wäre sie kaum wieder zu verdrängen - so die große Angst in der CSU-Landesleitung. Und deswegen attackiert Seehofer die Verbündete Merkel, um die Feinde von rechts zu treffen. Dabei weiß der CSU-Chef den allergrößten Teil seiner Basis hinter sich. 

    Doch je länger Seehofer fordert, droht, appelliert und bittet, desto ohnmächtiger wirkt die CSU. Nach traditioneller Lehrmeinung in der Union sind die Anhänger von CDU und CSU weit weniger bereit, internen Streit zu tolerieren als im Grabenkampf erprobte Sozialdemokraten. 

    Zumindest einzelnen Mitgliedern der CSU-Spitze ist inzwischen nicht nur wegen der Rekordzahl von Flüchtlingen angst und bange. "Hilflos", seufzt ein CSU-Vorstand über die Äußerungen des Chefs.

    Nichts illustriert die christsoziale Ohnmacht besser als das Parteiorgan "Bayernkurier": "Bayern handelt: Grundlegende Änderung der gesamten Asylpolitik", betitelte die Redaktion im Juli einen langen Artikel. Seither hat sich die Zahl der Flüchtlinge vervielfacht - von damals 500 bis 600 auf mehrere tausend am Tag. 

    Düstere Zukunftsahnungen verfolgen Seehofer: "Die Union wird weiter abnehmen, CDU und CSU - das geht an beiden nicht spurlos vorüber", sagt er am Rande der Landtagssitzung. "Wahrscheinlich sind wir jetzt schon tiefer, als es die Umfragen ausdrücken."

    CSU und CDU haben keine konservativen Aushängeschilder mehr

    Jahrelang lagen Seehofer und Merkel auf einer Linie. Beide zerrten ihre jeweilige Partei mit Macht in Richtung Mitte. Sowohl in der CDU als auch in der CSU gibt es keine konservativen Aushängeschilder mehr. In der CDU hat Merkel sie entweder verdrängt, oder sie sind mangels Aufstiegsperspektiven von selbst gegangen. Ein prominenter Nationalkonservativer vom Schlage des einstigen Unionsfraktionschefs Alfred Dregger fehlt schon lange. 

    Merkel mag das politisch nicht unrecht sein - parteistrategisch ist ihr diese Lücke schon immer bewusst gewesen. "Gebt mir einen Dregger", soll sie nach dem Abgang des früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch gesagt haben. Vor einigen Jahren bildete sich der "Berliner Kreis", ein Zusammenschluss von Konservativen um den früheren hessischen Landtagsfraktionschef Christean Wagner. Furore machte dieser Kreis aber auch nicht.  

    Lange sah Merkel die Arbeitsteilung mit der CSU darin, dass Seehofer in der Tradition von Franz Josef Strauß rechts neben der Union keine Kraft aufkommen lassen sollte. Sie selbst durfte sich bei der Bundestagswahl 2013 aber bestätigt sehen, dass sie mit ihrem Kurs in der Mitte mehr Wähler gewann, als am rechten Rand verloren gingen. 41,5 Prozent für die Union, so viel wie seit rund 20 Jahren nicht mehr, sprachen dafür. 

    Über den Umgang mit der AfD und Pegida gehen die Meinungen auseinander. Unionsfraktionschef Volker Kauder gehört zu denen, die aus eigener Erfahrung mit den rechtsradikalen Republikanern im baden-württembergischen Landtag sagen: Besser nicht durch zu viel Beachtung aufwerten. 

    Seehofer dagegen glaubt, dass die Union die Erwartungen konservativer Wähler in der Flüchtlingskrise keinesfalls enttäuschen darf. Und so ist aus den christsozialen Abwehrgefechten gegen Rechtspopulisten ein unionsinterner Schwesterkampf mit Merkel geworden. Carsten Hoefer und Kristina Dunz, dpa

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