Hubert Aiwanger hat eine gebrauchte Woche hinter sich. Zu deren Beginn geriet der Freie-Wähler-Chef im Koalitionsstreit mit der CSU und Markus Söder gehörig unter die Räder, zum Ende hin erlitt er als Wirtschaftsminister eine Schlappe im Landtag. Dort wurde ein Gesetzentwurf aus dem Hause Aiwanger zerpflückt, der die Gewinnbeteiligung von Bürgern an Windkraft- und Solaranlagen regeln sollte. Das Wirtschaftsministerium habe ein bürokratisches Ungetüm erschaffen, kritisierten die Parlamentarier. Der so gescholtene Minister findet den Vorwurf unfair. „Ein Gesetz zu dieser komplexen Thematik passt eben leider nicht auf einen Bierdeckel“, sagte Aiwanger unserer Redaktion.
Hubert Aiwanger hat Ärger mit der CSU und Söder
Der Wirtschaftsminister steht schon lange in der Kritik, weil Bayern beim Ausbau der Windkraft weit hinter anderen Bundesländern herhinkt. Der Rückstand gilt als Erbe der früher geltenden und von der CSU durchgesetzten restriktiven Genehmigungspraxis (Zehn-H-Regel), mit der den Vorbehalten in der Bevölkerung gegen Windräder in der Nachbarschaft Rechnung getragen worden war. Um die Nachbarn in Zukunft gnädiger zu stimmen, sollen Investoren in Bayern per Gesetz verpflichtet werden, einen Teil des Erlöses an die Bürgerinnen und Bürger im Umgriff der Anlagen abzugeben. Bislang gibt es dafür nur eine Regelung auf Bundesebene. Sie basiert auf Freiwilligkeit und begünstigt allein die Kommunen.
Im Wirtschaftsausschuss des Landtags fielen die weitergehenden bayerischen Vorstellungen, die das Wirtschaftsministerium formuliert hatte, glatt durch. Nicht einmal der Koalitionspartner CSU fand sie gut. „In der jetzigen Form ist der Gesetzentwurf nicht beratungsreif“, sagte die energiepolitische Sprecherin der CSU-Fraktion, Kerstin Schreyer. Der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Florian von Brunn, formulierte es drastisch: „Ein derart schlechtes Gesetz muss man erst einmal zustande bringen. Es macht erneuerbare Energie für viele Unternehmen teurer, bringt enorme Bürokratie mit sich und stellt die Kommunen vor völlig unnötige Probleme. Aus dreimal schlecht wird niemals gut.“ Die Ausschussvorsitzende Stephanie Schuhknecht (Grüne) sprach gegenüber unserer Redaktion von einer „denkwürdigen Sitzung“. Nötig sei nun ein neuer Anlauf. „Die Absicht begrüßen ja alle, aber es muss auch gut gemacht werden.“
So sollen Bürger von Strom aus Wind und Sonne profitieren
Das Gesetz sollte nach Angaben aus dem Wirtschaftsministerium dafür sorgen, dass im Zuge des geplanten Ausbaus der Erneuerbaren innerhalb von 20 Jahren ein dreistelliger Millionenbetrag an Bürgerbeteiligung ausgeschüttet wird. Bei neuen Windrädern und Fotovoltaik-Freiflächenanlagen sollten 0,3 Cent pro eingespeiste Kilowattstunde Strom an die Gemeinde und Bürgerbeteiligungsprojekte gehen. Dieses Geld würde die Gewinnmargen schmälern. Aber nicht nur die Erneuerbaren-Energien-Verbände hatten Bedenken, auch die Kommunen und weitere Experten kritisierten Aiwangers Vorschläge als wenig praktikabel. Sein Ministerium räumt ein: „Die Thematik ist sehr komplex und die Interessenlage der verschiedenen Beteiligten ist sehr unterschiedlich und oft konträr.“ Der Minister selbst findet, dass sich sein Haus unter diesen Umständen gar nicht so schlecht geschlagen hat: „Die Gesetze anderer Bundesländer dazu sind teilweise noch deutlich komplizierter.“
Nach der Sommerpause will das Wirtschaftsministerium einen neuen Entwurf vorlegen. Das wäre also frühestens in einem halben Jahr, wobei das Ministerium bereits jetzt Zweifel weckt, ob es wirklich so schnell geht. „Abgewartet werden nun die Entwicklungen auf Bundesebene und die neuen Zielsetzungen der Bundesregierung, die derzeit nicht zu überblicken sind.“ (mit dpa)
„Die Gesetze anderer Bundesländer dazu sind teilweise noch deutlich komplizierter.“ - Einfach etwas verdeckt das Gesetz eines rotgrünen Bundeslandes einbringen und sich dann über die SPD und Grüne in Bayern wundern ;-)
Das Problem in Bayern ist nicht die fehlende Akzeptanz der Windkraft bei den Bürgerinnen und Bürgern. Nach Umfragen bejahen 80 Prozent der Mitbürger den Bau von Windkraftanlagen auch in ihrer Nachbarschaft. Den etwa 20 Prozent Gegnern - beispielsweise dem Wallfahrtsdirektor in Maria Vesperbild - muss man klarmachen, dass er damit unsere zukünftige Stromversorgung gefährdet. Und auch die Strompreise dann in Bayern nicht sinken werden. Das Problem sind einige Behörden, beispielsweise die Regierung von Oberbayern, die den Bau von Windkraftwerken nicht wollen und die Antragsteller in den Genehmigungsverfahren schikanieren (!). Hier müsste der für die Genehmigungen zuständige Minister Glauber durchgreifen. Und hier müsste der Bayerische Ministerpräsident führen und sagen, warum Windkraftwerke für uns wichtig sind. Raimund Kamm
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden