Schon wieder Ärger mit der AfD im bayerischen Landtag: Auslöser ist eine am Mittwoch geplante Veranstaltung mit dem umstrittenen Publizisten Thor von Waldstein. Die Kernfrage: Was wiegt schwerer, das Recht der demokratisch gewählten Abgeordneten auf die Ausübung ihres Mandats, oder Würde und Ansehen des bayerischen Parlaments?
In dessen Konferenzraum nämlich veranstaltet die AfD-Fraktion einen Vortragsabend mit dem Juristen und Publizisten Waldstein zum Thema „Der Volksbegriff in der deutschen Geistesgeschichte“. Er ist ein ehemaliger Funktionär der rechtsextremen NPD und Mitinitiator der „Bayerischen Liste für Ausländerstopp“. Nach Lesart der AfD handelt es sich bei ihm um einen „renommierten Rechtsanwalt und Buchautor“.
Ehemaliger NPD-Funktionär spricht bei AfD
Parlamentspräsidentin Ilse Aigner (CSU) ist alarmiert. In einer Stellungnahme des Landtagsamtes heißt es: „Im Bayerischen Landtag werden nur Veranstaltungen zugelassen, die nicht gegen die Würde des Hohen Hauses verstoßen. Im Namen der Präsidentin haben wir daher die AfD-Fraktion darauf hingewiesen, dass die Präsidentin von ihrem Hausrecht Gebrauch machen wird, wenn die Gefahr der Verletzung der Würde des Hauses konkret zu befürchten ist.“ Für ein Verbot aber sah Aigner offenbar keine Handhabe. Gegen dieses hätte sich die AfD auch juristisch gewehrt, wie der Parlamentarische AfD-Geschäftsführer, Christoph Maier, betont: „Als frei gewählte Abgeordnete entscheiden wir selbst darüber, welche Vortragsredner wir einladen, und brauchen dazu keine Genehmigung.“
Der Augsburger Landtagsabgeordnete Cemal Bozoglu (Grüne) sieht in dem geplanten Auftritt ein „weiteres Alarmsignal“. Denn erst am Wochenende hatte die bayerische AfD in Greding eine „Resolution für Remigration“ verabschiedet. Darin wird gefordert, „Personengruppen mit einer schwach ausgeprägten Integrationsfähigkeit und -willigkeit“ außer Landes zu bringen. Eine „umfassende Remigration im Millionenbereich“ im Zeitraum von zehn Jahren müsse Staatsziel werden.
Für die Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze ist klar: Die AfD, die als rechtsextremistischer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet werden darf, wird immer radikaler. „Das Agieren der AfD lässt keinen Zweifel daran, dass es dringend ein Verbots-Prüfverfahren braucht. Jede Sekunde, die wir hier verlieren, ist eine zu viel.“ Auch die Türkische Gemeinde in Bayern fordert ein Verbot der Partei. Die Resolution sei „ein gezielter Angriff auf Millionen Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund, die in Bayern geboren wurden und den Freistaat als ihre Heimat sehen.“
Innenminister räumt AfD-Verbot wenig Chancen ein
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) räumt einem Verbotsverfahren wenig Chancen ein. Die AfD-Bundespartei gelte nicht einmal als gesichert rechtsextrem. Ein Verbotsverfahren in diesem Stadium berge erhebliche rechtliche und politische Risiken. Gleichzeitig machte Herrmann gegenüber unserer Redaktion seine Haltung deutlich: „Die Forderungen der AfD in ihrem Remigrationspapier sind völlig indiskutabel und bestärken mich in meiner bisherigen Einschätzung, dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD vorliegen.“
Vertreter der AfD-Fraktion waren nicht bereit zu einem Interview. Der Parlamentarische Geschäftsführer Maier beantwortete schriftliche Fragen dann nur zum Teil. Darin betonte er, dass es Partei und Fraktion darum gehe, „die Asylgesetze verfassungskonform anzuwenden“. Dabei müssten vollziehbar ausreisepflichtige Personen unverzüglich abgeschoben werden, ebenso Straftäter und Terroristen. Einwanderung dürfe nur nach „strengen Kriterien“ erlaubt sein. Wer einwandern wolle, müsse Deutsch lernen und seinen Lebensunterhalt bestreiten können.
Das sagt die AfD zur Verbotsforderung
Partei und Fraktion der AfD sorgen in Bayern immer wieder für Skandale. Mitglieder der AfD suchen nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes vermehrt den Kontakt zu Extremisten. AfD-Landtagsabgeordnete beschäftigten zuletzt vier Mitarbeiter, die Verbindungen zu extremistischen Organisationen aufweisen und vom Steuerzahler entlohnt wurden. Eine Gesetzesänderung soll das künftig verhindern, doch derzeit hängt das Vorhaben in den Fraktionen.
Einhellig vertreten die Fraktionen von CSU, Freien Wählern, SPD und Grünen den Standpunkt, dass sie keine Vertreter der AfD ins Landtagspräsidium wählen. Das hindert die Rechtsaußen-Partei aber nicht daran, regelmäßig Kandidaten zu nominieren. Am Donnerstag bewirbt sich der von der Staatsanwaltschaft Würzburg unter anderem wegen Volksverhetzung und Nötigung angeklagte Daniel Halemba als Schriftführer für das Parlaments-Präsidium. Dass Halemba in der AfD selbst wegen diverser Verfehlungen mit einer Ämtersperre belegt ist, scheint dabei nicht zu stören.
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