Der nächste Anlauf: Bayern will für die Hochwasserschäden vom Juni Geld vom Bund. Finanzminister Albert Füracker (CSU) hat sich deshalb erneut an seinen Bundes-Kollegen Christian Lindner (FDP) gewandt. Ob Füracker diesmal mehr Erfolg hat? Schon jetzt schimpft der Bayer wie ein Rohrspatz.
Anlass für die Differenzen ist ein Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz im Juni im bayerischen Hochwassergebiet. Dort hatte der SPD-Politiker die Hilfe des Bundes zugesagt. Scholz bei seinem Besuch in Reichertshofen: „Das gehört sich so.“ Daraus leiten die Bayern einen Anspruch auf finanzielle Hilfen ab. Das Argument aus Berlin, der Freistaat habe bislang nicht hinreichend belegt, dass es sich bei dem Hochwasser um eine nationale Katastrophe gehandelt habe, weist Füracker energisch zurück.
Mehr als vier Milliarden Euro an Schäden bei Hochwasser 2024
Bei dem Hochwasser in Süddeutschland kamen mindestens sechs Menschen ums Leben, die Sachschäden werden auf mehr als vier Milliarden Euro geschätzt. Allein in Bayern liegt die Summe der Schäden, die nicht versichert waren, bei 1,8 Milliarden Euro. Bereits seit August kenne der Bund die vorläufigen Schadenszahlen nebst Erläuterungen im Detail, so Füracker auf Anfrage unserer Redaktion. „Dem Bund fehlen keine Unterlagen, sondern der politische Wille, Bayern und die vielen Flutopfer angemessen zu unterstützen.“ Scholz müsse nun die zugesagte Solidarität liefern. Füracker: „Unsere Unterstützungsbitten wurden erst monatelang ignoriert und dann mit vorgeschobenen Ausflüchten abgewimmelt.“
Im Berliner Finanzministerium sieht man das naturgemäß anders. Eine Sprecherin verweist darauf, dass man beim Juni-Hochwasser in Bayern mit Kräften von Technischem Hilfswerk, Bundeswehr und Bundespolizei geholfen habe. Zudem seien in den Freistaat rund 880 Millionen Euro an Aufbauhilfen geflossen. Sie sind für die Beseitigung von Schäden nach den Hochwassern von 2013 und 2021 gedacht. Ebenfalls in der Liste der Berliner enthalten: rund zwei Millionen Euro an Soforthilfen infolge des Hochwassers 2021. Grundsätzlich gelte: „Der Bund kann sich nur dann und ausnahmsweise an den Kosten der Länder beteiligen, wenn eine Katastrophe nationalen Ausmaßes vorliegt und die betroffenen Länder bei deren Bewältigung überfordert wären.“ So sei das im Grundgesetz geregelt. Ähnliche Auskünfte hatte der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz nach einer förmlichen Anfrage ans Bundesfinanzministerium erhalten. Die Messe sei gelesen, fürchtet der Politiker: „Der Bund wird sich nicht beteiligen.“
Hochwasser: Brüssel soll zahlen, Berlin nicht
Mehr Glück könnte Bayern in Brüssel haben - sagt zumindest das Bundesfinanzministerium. Bei der EU nämlich haben Bayern und Baden-Württemberg ebenso Finanzhilfen beantragt, der Bund unterstützte das ausdrücklich. Warum Europa nun zahlen soll, während sich Deutschland raushält, erklärt das Finanzministerium so: „Die Kriterien für Hilfen der Europäischen Kommission bei Naturkatastrophen größeren Ausmaßes sind nicht deckungsgleich mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Naturkatastrophe nationalen Ausmaßes in Deutschland.“
Fluthilfe: So läuft es in Baden-Württemberg
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick nach Baden-Württemberg. Dort wird der Sachschaden nach dem Hochwasser vom Mai/Juni mit rund 600 Millionen Euro beziffert, aber nicht nur wegen des geringeren Ausmaßes ist das „Ländle“ besser dran. In Baden-Württemberg galt bis Mitte der 1990er Jahre eine im Landesrecht verankerte Versicherungspflicht für Privathäuser, 94 Prozent sind dort gegen Hochwasserschäden versichert. In Bayern ist es nicht einmal die Hälfte. Deshalb gingen beim Finanzministerium in Stuttgart meist nur Hilferufe von Firmen und Kommunen ein. Um Letzteren zu helfen, sind rund 25 Millionen Euro vorgesehen. Die Frage, ob auch die grün-schwarze Landesregierung den Bund um finanziellen Beistand gebeten habe, beantwortet ein Sprecher in Stuttgart kurz und knapp: „Nein“.
Wenn die bayerische Staatsregierung meint, es reiche aus, Geräusche wie ein Rohrspatz von sich zu geben, dann sei ihr gesagt, dass allzu laute Vögel von der Katze gefressen werden. Heißt also: man kann das beantragen, was einem zusteht, aber man kann sich nicht aus der Pflicht stehlen, wenn man selbst aktiv werden muss. Dass es im "Ländle" besser läuft – das sollte uns zu denken geben. Denn immerhin haben die einen grünen Ministerpräsidenten. Als dieser gewählt wurde, stilisierte man dies in Bayern zur nationalen Katastrophe – ich erinnere mich noch gut, wie man damals vom Leder zogen. Dass man auf dem Rücken der Hochwassergeschädigten nun Imagepflege betreibt durch Verunglimpung der Reggierung, das ist unterstes Niveau. Scholz hat Hilfe zugesagt und geleistet – in Form von z.B. Bundeswehr, Bundespolizei, Technisches Hilfswerk etc. Wenn man daraus Geldleistungen ableitet, hat man was an den Ohren. Oder man muss die geforderten Unterlagen erbringen, notfalls eben ein zweites Mal.
Karl Brenner Frau Reichenauer, vielleicht wurde unser MP deshalb ohrenkrank, weil er so oft die Thesen Herrn Dobrinths anhören muss. Spaß beiseite - ich glaube, dass unsere Bundesregierung erst abwartet, wie hoch eventuelle Zahlungen der EU sind. Es scheint, danach richtet sich ihre Bereitschaft, finanzielle Hilfen zu leisten. Und das würde ja Sinn machen.
Wenn Sie den Bundeskanzler in Babenhausen gehört hätten, dann hätten Sie diesen Kommentar nicht geschrieben.
Was hat das damit zu tun, wenn die bayerische Staatsregierung nicht die nötigen Unterlagen liefert und die Hochwassergeschädigten benutzt, um Stimmung gegen die Ampelregierung zu machen? Ich war nicht dabei – klären Sie mich auch: Hat der Bundeskanzler finanzielle Hilfe zugesagt oder nicht? Oder hat er Hilfe zugesagt – und soweit bekannt, diese auch geliefert?
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