Der Zutritt zu Einzelhandelsgeschäften ist in Bayern vorerst nicht mehr auf Geimpfte und Genesene beschränkt. Gegen die sogenannte 2G-Regel hatte die Inhaberin eines Lampengeschäfts in Oberbayern per Eilantrag geklagt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gab ihr Recht. Die Aufhebung der Regel gilt vorläufig.
Die Beschränkung fußte auf der 15. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Weil Geschäfte, die Produkte des täglichen Bedarfs anbieten, ausgenommen sind, sah die Antragstellerin eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Die Richter erklären zwar, dass eine 2G-Zugangsbeschränkung grundsätzlich eine ausreichende gesetzliche Grundlage haben dürfte. Allerdings argumentieren sie weiter, dass das Infektionsschutzgesetz vorgebe, dass sich die Reichweite von Ausnahmeregelungen mit hinreichender Klarheit aus der Verordnung selbst ergeben müsse und nicht auf die Ebene des Normenvollzugs und dessen gerichtlicher Kontrolle verlagert werden dürfe.
Gericht sieht teilweises 2G im Einzelhandel als nicht rechtens an
In der Infektionsschutzverordnung werde das Kriterium des täglichen Bedarfs durch eine - ausdrücklich nicht abschließende - Liste von Beispielen konkretisiert, heißt es im Urteil weiter. Folglich werde die 2G-Regel in der bisherigen Form den Anforderungen nicht gerecht.
Zudem lasse sich etwa bei so genannten Mischsortimenten nicht mit ausreichender Gewissheit aus der Verordnung entnehmen, welche Geschäfte von der Zugangsbeschränkung betroffen sind und welche nicht. Gegen den Beschluss vom Mittwoch gibt es keine Rechtsmittel.
Bayerische Regierung gibt 2G im Einzelhandel auf
Die bayerische Staatsregierung will die Regelung fortan nicht mehr anwenden. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils erklärte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU): "Wir setzen in Bayern 2G im Handel komplett aus und sorgen damit für eine schnelle und praktikable Umsetzung der VGH-Entscheidung."
Er verwies darauf, dass die Anwendung der Zugangsbeschränkung eine Folge eines Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz sei, "aber wegen der entstandenen Abgrenzungsschwierigkeiten ist nun die Regelung wie in den Supermärkten die einfachere Alternative". Zugleich betonte Herrmann: "Die FFP2-Maskenpflicht im Handel gilt weiterhin und bietet Schutz."
Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) begrüßte die Entscheidung der Richter: "Der Einzelhandel hatte diese Lockerung schon länger gefordert, da die 2G-Kontrolle für die betroffenen Sortimente hohen Aufwand bedeutete und im Handel aufgrund der FFP2-Masken keine besondere Infektionsgefahr besteht."
Weiter sagte der Parteichef der Passauer Neuen Presse: "Die Abgrenzung des täglichen Bedarfs war ohnehin schwierig und war immer wieder Gegenstand von Gerichtsurteilen."
Auch in Niedersachsen wurde 2G im Einzelhandel schon kassiert
Die Anfang Dezember bundesweit eingeführte Zugangsbeschränkung im Einzelhandel war bereits vor rund einem Monat in Niedersachsen vom dortigen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg kassiert worden. Aus Sicht der Richter war diese Regelung zur weiteren Eindämmung der Corona-Pandemie nicht notwendig und auch nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar.
Dagegen scheiterte in Berlin die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof mit ihrem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht, das die Regeln als verhältnismäßig bewertete. Auch in Hamburg und Schleswig-Holstein blieben entsprechende Eilanträge ohne Erfolg.
In Bayern hatte es ebenfalls schon zuvor Eilanträge gegeben. Doch der dortige Verwaltungsgerichtshof bewertete diese als unzulässig, weil die jeweiligen Antragsteller etwa als Inhaber von Spielwarengeschäften ohnehin unter die Ausnahmeregelung fielen. (mit dpa)