Jüdisches Leben in Bayern soll mehr gefördert, Jüdinnen und Juden besser vor antisemitischen Angriffen geschützt werden. Um diese Ziele zu erreichen, hat das Kabinett in München am Dienstag beschlossen, eine interministerielle Arbeitsgruppe einzurichten. Sie soll alle Akteure zusammenbringen, die Aktivitäten koordinieren und dem Ministerrat jährlich berichten.
3027 antisemitische Straftaten im Jahr 2021 in Deutschland
Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen unter anderem die Zahlen, die am Dienstag vom Bundesinnenministerium veröffentlicht wurden. Danach wurden in Deutschland im vergangenen Jahr 3027 antisemitische Straftaten gezählt – das sind knapp 30 Prozent mehr als im Vorjahr und so viele wie noch nie innerhalb eines Jahres. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU), der derzeit auch Vorsitzender der Justizministerkonferenz ist, erklärte: „Der Judenhass hat ein erschreckendes Ausmaß erreicht. Wir in Deutschland haben eine besondere Verantwortung für Jüdinnen und Juden. Deshalb ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, alles für den Schutz des jüdischen Lebens in Deutschland zu tun. Jeder ist gefordert. Auch der Rechtsstaat muss seine Strukturen im Kampf gegen Antisemitismus weiter verstärken.“
Im Bereich der Justiz ist nach Aussage Eisenreichs in den vergangenen Jahren bereits einiges geschehen. 2018 seien Antisemitismusbeauftragte bei den Generalstaatsanwaltschaften eingerichtet worden. Seit 2020 würde auf Vorschlag Bayerns eine judenfeindliche Motivation im Gesetz ausdrücklich als strafverschärfendes Merkmal genannt.
Bayerisches Kabinett entwirft Gesamtkonzept gegen Judenhass
Am Dienstag nun hat das Kabinett, wie Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sagte, ein Gesamtkonzept entworfen, das alle Ministerien und viele weitere Institutionen einbezieht. Dabei geht es nicht nur um die Bekämpfung von Antisemitismus durch Polizei und Justiz und um Werteerziehung und Aufklärung an den Schulen, sondern auch um die Erforschung jüdischer Geschichte, um Erinnerungsarbeit und um die Förderung jüdischer Kultur. Außerdem werde der Freistaat ein Online-Portal einrichten, das die Angebote zur Förderung von jüdischem Leben vernetzt, Materialien und Best-Practice-Beispiele zur Verfügung stellt und Möglichkeiten aufzeigt, wie man Antisemitismus begegnen kann. Es soll dort auch, wie Piazolo sagte, „konkrete Hilfestellungen für diejenigen geben, die sich in bedrängter Lage fühlen.“
Der interministeriellen Arbeitsgruppe gehören neben den zuständigen Ressorts und dem Antisemitismusbeauftragten der Staatsregierung auch die israelitischen Kultusgemeinden, das Generalkonsulat des Staates Israel sowie verschiedene Institutionen und Vereine der Zivilgesellschaft an.
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