Politik benötigt starke Bilder, sonst wird es schwierig mit der Vermittlung. Kloster Banz hoch über dem Maintal bietet zwar eine prächtige Kulisse und schöne Ausblicke, ansonsten ist das Geschehen in einer Tagungsstätte aber überschaubar prickelnd: Menschen, die auf Stühlen sitzen und durch Gänge wandeln. Wenn die Gespräche spannend werden, gehen die Türen für die Öffentlichkeit zu. Gut, dass es die Bauern gibt.
Vor den Bauern forderte Söder Neuwahlen
Die Landwirte-Demonstration gegen die Subventionskürzungen durch die Bundesregierung am Abend des ersten Tages der CSU-Fraktionsklausur war so etwas wie der emotionale Höhepunkt. Die Bauern konnten ihre Wut auf Berlin artikulieren und Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder nach Neuwahlen rufen. Eigentlich war der CSU-Strategietreff zwar den Zielen in der Landespolitik gewidmet. Aber bei der CSU spielt die Politik in Bund und Land immer eng zusammen und das wurde auch in der Grundsatzrede deutlich, die Söder am Mittwoch hielt. Dort machte sich der 57-Jährige für eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens in der Republik stark und plädierte für die Wiedereinführung der Wehrpflicht.
Für Bayern skizzierte Söder einen Kurs, der vertrauten politischen Reflexen seiner Partei entspricht. Gerade wenn sie in Berlin nicht mitregieren darf, wird Bayern präsentiert als das bessere Stück Deutschland, in dem die Regierung stark ist und in Bildung, Sicherheit und Zukunft investiert. Söder stellte dabei eine Mischung aus bereits bekannten und neuen Zielen und Forderungen vor, die in der Fraktion dem Vernehmen nach auf viel Applaus stieß, aber wenig Überraschung hervorrief. Das allermeiste kannten die Abgeordneten schon aus früheren Ankündigungen. Die wichtigsten Punkte sind:
Bayerns Lehrer sollen mehr arbeiten
Schulen: Sie sollen nach dem neuerlichen Pisa-Schock besser werden. Eine Stunde mehr Deutsch in der Grundschule, eventuell auch mehr Mathe. Dafür könnte Englisch in der dritten und vierten Klasse weichen müssen. Der Religionsunterricht soll nicht angetastet werden. Vor der ersten Klasse gibt es einen verpflichtenden Sprachtest. Wer nicht besteht, muss noch einmal ein Jahr zur Sprachförderung in den Kindergarten. Fast die Hälfte der Lehrerinnen und Lehrer an Bayerns Schulen arbeitet in Teilzeit. Das soll sich ändern. Auf freiwilliger Basis sollen die Lehrkräfte dafür gewonnen werden, mehr zu tun. Im Gespräch ist etwa eine Höchstgrenze an Jahren, in denen Teilzeit gearbeitet werden darf. Söder sprach von einer Vorbildwirkung des Öffentlichen Dienstes.
Weniger Bürokratie in Bayern
Personal: Bis 2035 sollen 5000 Stellen weg, allein in diesem Jahr aber werden 6000 neue Stellen geschaffen. 4000 für Lehrer, der Rest überwiegend in Polizei und Justiz. Diese drei Bereiche sollen auch vom Stellenabbau verschont bleiben. Söder spricht beim Personal von einem „Aufbau, wo nötig, und Abbau, wo möglich“. Die Staatsregierung bekenne sich zur Schuldenbremse und wolle die Investitionsfähigkeit des Landes erhalten. Ersetzt werden sollen die fehlenden Kräfte an anderen Stellen der Verwaltung durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und den Abbau von Bürokratie.
Verwaltung: Weniger Bürokratie in Bayern, das ist auch eine klare Forderung aus der CSU-Fraktion. Nun sollen zehn Prozent aller Verwaltungsvorschriften gestrichen werden. Zudem sollen die Genehmigungen für Vereinsfeste vereinfacht werden. Wer Wirt wird, muss das nicht mehr genehmigen lassen. Eine Meldung soll genügen. Da bei diesem Thema die Details oft verzwickt sind, soll ein runder Tisch unter Vorsitz von Staatskanzleichef Florian Herrmann die Streichliste ausarbeiten. CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek möchte darüber hinaus eine Enquete-Kommission des Landtags. Fernziel könne eine Verwaltungsreform sein. Söder kündigt derweil ein neues Gesetz gegen die alten Gesetze an. Ein "Entrümpelungsgesetz" soll Vorschriften überflüssig machen.
Digitalisierung und Wirtschaft: Ein Gipfel mit den Kommunen soll erreichen, dass sich die Bayern viele Behördengänge sparen können. Der Ausbau von Stromnetzen und Windkraft soll Fahrt aufnehmen, der Freistaat will sich an bestehenden Gasnetzen beteiligen, die künftig auch Wasserstoff transportieren sollen.
Kommt es zu Neuwahlen in Deutschland?
Die CSU wolle sich als "Schutzmacht der normalen Leute" präsentieren, als Partei die Probleme löse, wie Söder sagte. Er ist offenbar davon überzeugt, dass die Christsozialen als reine Protestpartei in den nächsten Wahlkämpfen einen schweren Stand haben könnten. Hautnah erlebt hat es der Ministerpräsident beim Protest der Bauern vor den Toren von Kloster Banz, als es für seine CSU allen Solidaritätsbekundungen zum Trotz nur spärlichen Beifall gab. Im Sommer stehen die Europawahlen an und wer weiß, ob es nicht doch noch Neuwahlen im Bund gibt. Fast die Hälfte der Deutschen ist aktuellen Umfragen zufolge inzwischen dafür.