Es dauert nicht lange, bis BR-Intendantin Katja Wildermuth nach ihrem Bericht zur Lage des Senders über die „Wirtschaftlichkeit der Immobilienbewirtschaftung“ befragt wird. Sie antwortet am vergangenen Donnerstag im Rundfunkrat, einem Kontrollgremium, knapp. Gesprächsbedarf bleibt, und zwar reichlich. So interessiert sich nach Informationen unserer Redaktion auch der Bauausschuss des Bayerischen Landtags für das Thema. Denn hinter der sperrigen Formulierung steckt massive Kritik am beitragsfinanzierten Bayerischen Rundfunk, an den Kosten für dessen neuen Hauptstandort Freimann – und an der dortigen Kantine.
Allein deren Kosten veranschlagte die Landesrundfunkanstalt auf 15,5 Millionen Euro. 2020 hatte sie mit 3,9 Millionen Euro gerechnet. Der Bund der Steuerzahler Bayern e. V. sprach von einer „Kostenexplosion“. Entscheidender für den BR ist aber die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Die bezeichnete in ihrem kürzlich erschienenen 24. Bericht den Umbau und die Erweiterung der BR-Kantine als „exemplarisch“ für „unangemessen hohe Investitionsaufwendungen“. Mehr noch: Sie könne „nicht erkennen, dass einzelne Entscheidungen auf der Basis von nachvollziehbaren Wirtschaftlichkeitsabwägungen getroffen worden sind“.
Aufgabe der Kommission ist es, die Anmeldungen zum Finanzbedarf der Sender entgegenzunehmen und sie „anhand der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ zu prüfen. Sie kann den Finanzbedarf mindern. Schließlich empfiehlt sie eine Höhe für den Rundfunkbeitrag, über den die Landesregierungen und -parlamente entscheiden. Aktuell rät sie zu einer Anhebung ab dem nächsten Jahr um 58 Cent auf monatlich 18,94 Euro pro Haushalt. Für die öffentlich-rechtlichen Sender geht es um viel Geld: 2022 lagen die Gesamterträge aus dem Rundfunkbeitrag bei rund 8,5 Milliarden Euro.
Der CSU-Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner rät dem Bayerischen Rundfunk zu Transparenz
Umso kritischer fällt der Blick auf einzelne Kostenpunkte aus. Der Bauausschuss-Vorsitzende Jürgen Baumgärtner, CSU-Landtagsabgeordneter aus dem oberfränkischen Kronach, gibt im Gespräch dem Bayerischen Rundfunk mit auf den Weg: „Transparenz und kluge Kommunikation sind der Schlüssel zum Erfolg.“ Baumgärtner bestätigt, dass er Intendantin Wildermuth „nach Absprache mit allen demokratischen Parteien“ in die nächste Ausschusssitzung im Juni eingeladen hat. Sie solle zum Thema „Kostensteigerung beim BR“ umfassend informieren. Ebenfalls solle es um die KEF-Kritik gehen und um die Sender-Standorte. Baumgärtner ist überzeugt davon, dass Wildermuth die Einladung annehmen werde. Genauso wichtig, ergänzt er, sei es, einen Vertreter der KEF zu hören. Erst danach könne man zu einer Bewertung kommen.
Vor neun Jahren hatte der BR beschlossen, sich auf den Standort Freimann zu konzentrieren und neu zu bauen – um den Erfordernissen eines „medienübergreifenden Unternehmens“ gerecht zu werden. Für 2026 ist die vollständige Inbetriebnahme aller Redaktions- und Produktionsräume geplant. Der bei der KEF angemeldete Finanzbedarf: insgesamt 420 Millionen Euro bis Ende 2028.
Argumentierte der BR im Falle der Kantine unter anderem mit dem altersbedingten Zustand der Bestandskantine und einer „Schadstoffsanierung“, verwies er bei weiteren Kostensteigerungen auf Inflation oder Lieferengpässe. Die KEF-Prüfer dagegen wurden teils ganz grundsätzlich und bezweifelten etwa, „dass der Neubau und der Eigenbetrieb einer Kfz-Werkstatt … unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten sinnvoll ist“.
Warum hält der BR eigentlich trotz Neubaus an seinem Funkhaus in der Münchner Innenstadt fest?
Für erheblichen Unmut sorgte zuletzt auch eine Passage aus dem KEF-Bericht, in der der BR angab, in der Münchner Innenstadt zu bleiben – weil sein Flächenbedarf am neuen Standort in Freimann „nicht vollständig gedeckt werden könne“. Die KEF wurde auch hier deutlich: Da ihr zum Flächengesamtbedarf bislang keine Berechnungen vorlägen, könne diese „Behauptung“ nicht gestützt werden. Bleibt die Frage, warum der BR überhaupt am Funkhaus in der Nähe des Hauptbahnhofs festhält. Und die, warum der Neubau nicht ausreicht?
Der Sender erklärte der Kommission, den Standort Funkhaus München in der Innenstadt „weiterentwickeln“ zu wollen. Für den BR sei es „zur Auftragserfüllung wichtig, sichtbar und gut erreichbar im Zentrum der Stadt verankert zu sein“. Man werde daher „Nutzungen am Areal verankern, die dem Dialog mit der Gesellschaft und der Vernetzung mit Wissenschaft, Bildung und Kultur dienen“. Dazu gehörten „multifunktional nutzbare Veranstaltungs- und Aufnahmeräume für Chor und Orchester“, die auch Dritten offen stünden. Seine Flächen in der Innenstadt könne man, so der BR, um rund zwei Drittel reduzieren; die frei werdenden Flächen könnten verwertet werden: Erbpacht oder Verkauf. „Über den Verwertungserlös könne es dem BR gelingen, seinen restlichen Sanierungsbedarf in der Innenstadt zu bedienen“, wird der Sender im KEF-Bericht zitiert. Die Kommission entgegnete dem BR allerdings so bestimmt wie lapidar, dass sie „keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der staatsvertraglichen Auftragserfüllung und einer Innenstadtlage“ sehe.
Intendantin Wildermuth scheint also noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten zu müssen – gegenüber der KEF wie der beitragszahlenden Öffentlichkeit. Die dürfte angesichts von Millionenkosten und immensen Kostensteigerungen, von Einsparungen im Programm und von einem möglicherweise steigenden Rundfunkbeitrag wenig Verständnis für die Anliegen des BR aufbringen.
Was BR-Intendantin Katja Wildermuth kürzlich sagte
In der Rundfunkrats-Sitzung sagt Wildermuth am vergangenen Donnerstag, dass „wir im Zeit- und Kostenplan, was den Neubau in Freimann angeht, liegen“. Was die Perspektive für das Funkhaus-Areal betreffe, sei man gerade noch dabei, die letzten Daten zu prüfen. Es gebe eine „komplexe Gemengelage aus wirtschaftlichen, baurechtlichen und strategischen Fragen“. Dazu werde man in den nächsten Wochen etwas veröffentlichen – „in bewährter Weise zunächst intern“. Zuvor sagte ein BR-Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion: „Im Standortkonzept war von vornherein angelegt, dass Teile des BR am Funkhaus-Areal verbleiben, wo der BR seit seiner Gründung vor 75 Jahren ‚daheim‘ ist“.