Seit bald zwei Jahren – seit August 2023 – gibt es die „Bayerische Anlaufstelle für Opfer von Missbrauch und sexualisierter Gewalt“. Sozialministerin Ulrike Scharf versprach ihnen „schnelle und unbürokratische“, sogar „passgenaue Hilfe“. Die besteht hauptsächlich in der Vermittlung: Wer als Betroffener die Nummer der Hotline der Anlaufstelle wählt (www.bayern-gegen-gewalt.de), kann anonym mit geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sprechen. Diese bieten, so das Konzept, eine erste Orientierung und leiten Anruferinnen und Anrufer dann weiter an andere staatliche wie nicht-staatliche Anlaufstellen. Nach Angaben der Landesbehörde „Zentrum Bayern Familie und Soziales“, bei der die „Bayerische Anlaufstelle“ angesiedelt ist, gingen seit deren Bestehen über die Hotline 457 Anrufe ein (bis Ende 2023: 138; im Jahr 2024: 240; von Januar bis Ende März dieses Jahres: 79).
Betroffenensprecher: „Für Betroffene hat sich nicht wesentlich etwas geändert“
Missbrauchsopfer in Bayern zeigen sich allerdings enttäuscht: „Für Betroffene hat sich nicht wesentlich etwas geändert, die wesentlichen Dinge sind nach wie vor unberücksichtigt geblieben“, kritisiert etwa Richard Kick, Sprecher des unabhängigen Betroffenenbeirats im Erzbistum München und Freising. Er ist Mitinitiator einer Petition an den Bayerischen Landtag, die den Freistaat zum Handeln auffordert: Er soll „Gewalt an Kindern und Jugendlichen entschlossen entgegentreten!“, so deren Titel. „Als erster Schritt wäre die Einsetzung einer Unabhängigen Bayerischen Aufarbeitungskommission wichtig – sowie die Einrichtung eines landesweiten und unabhängigen Betroffenenrats“, sagt Kick im Gespräch und betont, dass es um alle Betroffenen gehen müsse, nicht allein die aus dem kirchlichen Kontext. Die Konzeption der „Bayerischen Anlaufstelle für Opfer von Missbrauch und sexualisierter Gewalt“ als reine Erstanlaufstelle halten er und andere Betroffenenvertreter für nicht weitreichend genug.
Vertreter von Betroffeneninitiativen aus ganz Bayern übergeben am 9. April eine Petition an den Landtag
Die Petition, die im vergangenen November startete, hat bislang zwar nur etwas mehr als 500 Unterschriften erreicht. Dafür fand sie eine bemerkenswert breite Unterstützung bei sogenannten Multiplikatoren – darunter namhafte Wissenschaftlerinnen und Anwälte und bis hin zum evangelisch-lutherischen Landesbischof Christian Kopp. An diesem Mittwoch übergeben Vertreterinnen und Vertreter von Betroffeneninitiativen aus ganz Bayern die Petition im Maximilianeum an die Abgeordneten Doris Rauscher (SPD) und Thomas Huber (CSU), die dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie vorsitzen. Sie hoffen, dass sich der Ausschuss schnell, noch binnen der nächsten Monate mit der Petition befassen wird.
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