Schon einen Tag nach den konzertierten Demonstrationen der bayerischen Bäuerinnen und Bauern war das Ausmaß der Proteste messbar. Insgesamt 75.000 Menschen hätten am Montag an den rund 400 Versammlungen über ganz Bayern hinweg teilgenommen, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion aus dem bayerischen Innenministerium. Anders als der bayerische Bauernverband noch am Montag betont hatte, waren mitnichten alle Veranstaltungen ordnungsgemäß angemeldet. Rund 175 Protestaktionen waren nach Informationen unserer Redaktion im Vorfeld nicht angezeigt gewesen.
Insgesamt heißt es aus dem Ministerium, die Lage sei friedlich, weitgehend störungsfrei und kooperativ gewesen. Gegen einzelne Landwirte wurden Ermittlungen eingeleitet und Anzeigen eingereicht, wie die Bilanzen der einzelnen Polizeipräsidien zeigen. Allein im Einsatzbereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West, der große Teile des Allgäus sowie die Landkreise Günzburg und Neu-Ulm abdeckt, wurden nach den Protesten am Montag 45 Ermittlungsverfahren eingeleitet - etwa Verstöße gegen das Versammlungsgesetz oder Nötigungen. Nahe Lindau zum Beispiel wurden mehrere Landwirte angezeigt, nachdem sie mit ihren Traktoren eine Auffahrt zu A96 blockiert hatten. Auch LKW-Fahrer hatten sich am Montag an den Protesten beteiligt und versucht, die A8 zu blockieren, indem sie mit etwa 30 Stundenkilometern nebeneinander fuhren.
Bauernproteste in Bayern gehen weiter
Bayerns Staatsregierung steht weiter hinter dem friedlichen Protest der Bauern. Bei einer Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung am Dienstag wies Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) jeden Vergleich zwischen protestierenden Bauern und Klima-Klebern als "empörend und unanständig" zurück. Bei den Aktionen der Klimakleber handle es sich um illegale Spontandemos. Die Demonstrationen der Bauern dagegen seien angemeldet und mit den Behörden abgesprochen, wie das in solchen Fällen üblich sei. Für den Spontanprotest auf den Straßen galt das nicht, wie auch Polizeistatistiken aus anderen Teilen Bayerns beweisen.
Von einer Demonstration mit rund 500 Teilnehmenden am Dienstag in Dillingen hatte sich der Bayerische Bauernverband vorab distanziert. Ein Unternehmer hatte dort zum Anti-Ampel-Protest aufgerufen. Die Aktion, die von einem großen Polizeiaufgebot begleitet wurde, verlief friedlich. Einige Aufschriften auf Traktoren schossen über tolerierbare Kritik hinaus, etwa: "Manchmal muss man ein Schiff versenken, um die Ratten loszuwerden". Sie blieben aber die Ausnahme.
In Augsburg ist am Mittwoch eine weitere große Demo gegen die beschlossenen Sparmaßnahmen bei den Agrarsubventionen geplant. Die Polizei rechnet mit 3000 Teilnehmern, 1000 landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Verkehrseinschränkungen in ganz Nordschwaben. (mit cf)