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Aus dem Archiv: Brennpunkt Münchener Straße? Ein Besuch an der unfallträchtigsten Straße der Region

Aus dem Archiv

Brennpunkt Münchener Straße? Ein Besuch an der unfallträchtigsten Straße der Region

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    Gerade im Berufverkehr kommt es in der Münchener Straße in Ingolstadt zu Stau.
    Gerade im Berufverkehr kommt es in der Münchener Straße in Ingolstadt zu Stau. Foto: Fabian Kluge

    Aus den Lautsprechern plärren blecherne Bandansagen. Vor den Bäckereien treffen Frühaufsteher auf Wachgebliebene. Pendler versuchen, gehetzt vom Alltag, sich einen Weg durch die träge Menschenmasse zu bahnen. Bahnhofscharme an einem frostigen Oktobermorgen in Ingolstadt. Kaum hat man das Bahnhofsgebäude verlassen, kaum ist der Duft gerösteter Kaffeebohnen dem der Abgase des Berufsverkehrs gewichen, schon macht sie mit ihrem Getöse auf sich aufmerksam: die Münchener Straße, Ingolstadts Problemstraße.

    Darauf, dass sie die Problemstraße ist, lassen zumindest die Zahlen des Unfallatlas' schließen. Jährlich veröffentlicht das Bundesamt für Statistik eine Übersicht, auf welchen Streckenabschnitten es besonders häufig gekracht hat. Die meisten Unfälle mit Personenschaden in Schwaben und dem angrenzenden Oberbayern sind 2019 demnach auf besagter Münchener Straße passiert - nämlich gut 50. Damit ist sie im Unfallatlas als einzige Straße der Region rot markiert.

    Ingolstadt: 30.000 Fahrzeuge passieren die Münchener Straße täglich

    Auf rund fünf Kilometern - zwischen Luitpoldpark und der Kreuzung zur B16 - verläuft die B13 als Münchener Straße in Nord-Süd-Richtung durch Ingolstadt. Vorbei an Discountern, Wohnhäusern und gesichtslosen Bürogebäuden. Aber auch vorbei am Hauptbahnhof. Eine Zählung aus dem Jahr 2019 hat ergeben, dass im Schnitt 30.000 Fahrzeuge pro Tag durch die Münchener Straße fahren. Am Mittwochmorgen gegen 7.45 Uhr bekommt man eine Ahnung davon, warum dort vergleichsweise viele Unfälle passieren.

    Abwechselnd schieben sich Lastwagen, Schulbusse und Autos über die insgesamt vier Spuren. Rote Ampeln führen zu Stau. Die Münchener Straße kreuzt viele Seitenstraßen. Zahlreiche Parkbuchten und Zufahrten erhöhen außerdem die Abbiegevorgänge. Zeigt ein Autofahrer an, dort links abbiegen zu wollen, wo es keine separate Spur dafür gibt, wechseln die nachfolgenden Fahrer reflexartig die Spur. Es wird gebremst, gehupt, geschimpft.

    Stadtverwaltung: Ganze Münchener Straße ist kein Unfallschwerpunkt

    Eine Fußgängerin, die in der Nähe der Straße wohnt, kennt Situationen wie diese. "An den Kreuzungen passiert eigentlich ständig was", sagt die junge Frau. Meistens seien das aber Auffahrunfälle. Der Blick in den Unfallatlas gibt ihr Recht: Zwar haben sich durchaus Verkehrsteilnehmer verletzt, tödlich endete im vergangenen Jahr jedoch keiner der Unfälle. Eine Idee, wie die Zahl der Unfälle in der Münchener Straße wieder sinken könnte, liefert die Anwohnerin gleich mit: "Mehr Linksabbiegestreifen würden helfen, weil viele nicht sehen, dass man an manchen Stellen abbiegen darf."

    Geparkte Autos in Parkbuchten am Straßenrand machen die Verkehrssituation in der Münchener Straße in Ingolstadt nicht einfacher.
    Geparkte Autos in Parkbuchten am Straßenrand machen die Verkehrssituation in der Münchener Straße in Ingolstadt nicht einfacher. Foto: Fabian Kluge

    Ist also die Verkehrsplanung an dem Unfallschwerpunkt schuld? Michael Klarner, Pressesprecher der Stadt, verneint. Anders als das Statistische Bundesamt es tut, dürfe man die Münchener Straße nicht als einen großen Unfallschwerpunkt betrachten. Nicht einmal der Bereich in der langen Münchener Straße, in dem sich die meisten der rund 50 Unfälle mit Personenschaden ereignet haben, sei dem städtischen Verkehrsmanagement oder der Verkehrspolizei aus den Vorjahren als besonderer Unfallschwerpunkt bekannt.

    Die Stadt vermutet daher eine statistische Zufälligkeit, die man sich näher ansehen müsse. "Dies geschieht gewöhnlich in der Unfallschau der gemeinsamen Verkehrsunfallkommission, bestehend aus dem städtischen Verkehrsmanagement, dem Tiefbauamt und der Polizei, die mindestens zweimal im Jahr tagt. Ausgehend hiervon werden gegebenenfalls weitere Maßnahmen angeregt", sagt Klarner. Die Unfälle 2019 seien in diesem Bereich ersten Erkenntnissen zufolge jedoch alle "im Umfeld von Abbiegemöglichkeiten passiert".

    Münchener Straße: Berufsverkehr "besonders schlimm"

    Zurück an der Münchener Straße: Gegen 9 Uhr zeigt sich sie sich tatsächlich von ihrer ruhigen Seite. Die dröhnenden Lastwagen und Busse sind normalen Fahrzeugen gewichen. An den Ampeln gibt es kaum noch Stau. Nach der unfallreichsten Straße der Region sieht der Streckenabschnitt der B13 nicht mehr aus. Das bestätigt auch die Anwohnerin: "Besonders schlimm ist es im Berufsverkehr." Typisch Großstadt eben. Die Stadt will zudem von keinem Unfallschwerpunkt sprechen. War das Jahr 2019 mit über 50 Unfällen vielleicht einfach ein Ausreißerjahr?

    Zu schweren Unfällen werden oft Einsatzkräfte der Feuerwehren gerufen. Ein Feuerwehrmann hat uns im Podcast von seinem harten Job erzählt.

    Dagegen sprechen die Unfallatlanten der vergangenen Jahre. Auch da ereigneten sich regelmäßig Unfälle in der Straße, 2016 auffallend viele. In diesem Jahr hat es ebenfalls bereits gekracht, im Januar sogar heftig. Eine 35-Jährige missachtete eine rote Ampel und kollidierte mit einem entgegenkommenden Wagen. Das Resultat: fünf Verletzte, 20.000 Euro Schaden.

    Polizei verzeichnet 19 Unfälle mit Verletzten im ersten Halbjahr 2020

    Auf der kompletten Länge der Münchener Straße hat die Polizei im ersten Halbjahr 2020 19 Verkehrsunfälle mit Personenschaden aufgenommen. Das Resultat: kein Todesopfer, 25 Leicht- sowie drei Schwerverletzte.

    Gerade an der Bahnhofskreuzung ist das Verkehrsaufkommen in der Münchener Straße in Ingolstadt besonders hoch.
    Gerade an der Bahnhofskreuzung ist das Verkehrsaufkommen in der Münchener Straße in Ingolstadt besonders hoch. Foto: Fabian Kluge

    Auf der Münchener Straße wird es indes Mittag, der Verkehr nimmt wieder zu. Die Schulbusse kehren auf die Straße zurück und mit ihnen das Getöse, das Gedrängle. Noch bis zum Eingang des Hauptbahnhofs ist es zu vernehmen, ehe die brummenden Motoren den blechernen Lautsprecherdurchsagen weichen und der Kaffeeduft die Abgase vergessen lässt.

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