Einen Tag bevor Yasar Aratemür seine Promotionsurkunde erhält, sitzt er in einem Augsburger Café. Vor ihm zwei Bände seiner Arbeit. Das eine, die geschriebene Doktorarbeit à 500 Seiten, der andere Band fast genauso dick, mit hunderten farbigen Karten der Türkei. „Ich glaube nicht, dass es noch einen Lokführer mit Doktortitel gibt“, sagt der Augsburger und ist sichtbar stolz. Aratemür arbeitet bei der Deutschen Bahn - und hat nebenbei einen Sprachatlas seiner Muttersprache Zaza erstellt. Die Sprache ist in Ostanatolien beheimatet. Von dort stammt der 45-Jährige.
Augsburg
Es ist wichtig, die jahrzehntelangen Unterdrückungen, denen Minderheiten wie die Zazas und andere ethnische Gruppen ausgesetzt waren, empathisch zu betrachten. Diese Gemeinschaften haben oft Diskriminierung, kulturelle Assimilation und das Verbot ihrer Sprachen und Traditionen erlebt. Diese Erfahrungen prägen bis heute das kollektive Gedächtnis dieser Gruppen und beeinflussen ihr Verhältnis zum türkischen Staat. Ich gratuliere Herrn Aratemür zu seinen Arbeiten. Es ist aber auch wichtig zu betonen, dass die Zazaki-Sprache in der Türkei nicht mehr verboten ist. Seit 2012 wird Zazaki in der Türkei als Wahlfach an Schulen angeboten. Dennoch bleiben Fragen offen, wie beispielsweise die tatsächliche Verfügbarkeit dieser Wahlfächer, ihre Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft und die tiefer liegenden strukturellen Probleme, die den Zugang zu Bildung in Minderheitensprachen beeinflussen.
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