"Ungeimpfte Krankenschwester sucht ab 16.03.22 eine neue Herausforderung! Schweren Herzens muss ich leider meinen Traumberuf aufgeben." Solche Stellengesuche erscheinen gerade in Zeitungen und Anzeigenblättern deutschlandweit. Oft nicht nur ein oder zwei Inserate, sondern ganze Seiten voll.
Häufig sind es Pflegerinnen und Pfleger, die in diesen Anzeigen einen Job suchen. Und häufig sind sie umgeimpft. Der Hintergrund: Ab dem 16. März gilt in Deutschland eine Impfpflicht für das Pflegepersonal. Die vielen Annoncen erwecken den Eindruck, dass gerade massenhaft medizinisches Personal kündigt. Oder eben gekündigt wird, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht gegen Corona geimpft sind.
Doch vieles lässt darauf schließen, dass es sich bei den Stellengesuchen größtenteils um falsche Anzeigen handelt – möglicherweise, um gegen die Impfpflicht Stimmung zu machen. Ein Redakteur des RBBrief einige der Inserenten an, die ein Stellengesuch in einem Bautzener Anzeigenblatt veröffentlicht hatten. Das Ergebnis: Viele Nummern existierten nicht.
In Chatgruppen des Messengerdienstes Telegram lassen sich außerdem Nachrichten finden, in denen sich die Initiatoren der Aktion verabreden. Auch bei unserer Zeitung wurde versucht, gefälschte Stellengesuche aufzugeben.
Auf Telegram verabredeten sich Gegner der Corona-Maßnahmen, Stellengesuche zu schalten
"Jemand hatte gerade eine gute Idee für eine Protestaktion", schreibt ein Gegner der Corona-Maßnahmen aus Augsburg. "Heute oder morgen macht jeder von uns eine kleine Anzeige fertig für den Stellenmarkt in der Augsburger Zeitung am Samstag." Und gibt gleich noch vor, was in der Nachricht stehen sollte: Job im medizinischen Bereich verloren, Schuld ist die Impfpflicht. Dass die Inserenten nicht im medizinischen Bereich arbeiten? Egal. "Stellt euch vor, wenn am Samstag 647 Stellengesuche von uns kommen würden."
Und tatsächlich gingen die Stellenanzeigen bei unserer Zeitung ein. "Mitte Dezember erreichten uns plötzlich gehäuft solche gefälschten Inserate von vermeintlich ungeimpftem Pflegepersonal ", sagt Matthias Schmid, Leiter des Werbemarkts bei der Augsburger Allgemeinen. Allerdings waren es nicht 647 Gesuche, sondern nur 30 bis 40. Gedruckt wurden die Fake-Anzeigen nicht.
"Ich kann mir schwer erklären, wie es in anderen Häusern seitenweise zu solchen Inseraten kam", sagt Schmid. Denn damit keine Fake-Anzeigen in der Zeitung landen, müssen sie durch mehrere Stufen der Plausibilitätsprüfung.
Die Inserenten geben ihr Gesuch in der Regel telefonisch oder über unsere Internetseite ab. Schon hier werden erste Inserate aussortiert. Zum Beispiel wenn Kontaktdaten fehlen. "Gibt es keine Möglichkeit für den potentiellen Arbeitgeber, Kontakt zum Inserenten aufzunehmen, wird das Gesuch nicht veröffentlicht. Das würde wenig Sinn ergeben", sagt Schmid.
Es gibt auch die Möglichkeit, ein sogenanntes Chiffre-Inserat aufzugeben. In diesem Fall werden Kontaktdaten nicht veröffentlicht. Die Kommunikation zwischen Inserent und potentiellem Arbeitgeber übernimmt der Verlag. Allerdings ist auch das nur möglich, wenn zumindest eine Adresse vorliegt.
Aussortiert werden auch Inserate, die ethischen Standards nicht entsprechen
"Falls wir den Verdacht haben, dass da irgendwas nicht stimmt, dann rufen wir die angegebene Telefonnummer an oder schreiben an die angegebene Adresse." Das war auch bei den gehäuften Ungeimpft-Inseraten im Dezember der Fall. "Da hat in vielen Fällen niemand abgenommen. Oder es war tatsächlich eine Fake-Telefonnummer." Von den etwa 40 aufgegebenen Inseraten wurden etwa 90 Prozent abgelehnt.
"Wenn uns jemand am Telefon aber vermittelt, dass er oder sie ungeimpft ist und sich im privaten Bereich engagieren will, dann veröffentlichen wir das schon. Es werden nicht grundsätzlich Inserate von Menschen abgelehnt, die nicht gegen Corona geimpft sind."
Aussortiert werden aber Inserate, die ethischen Standards nicht entsprechen. Zum Beispiel solche mit einer klar sexuellen Komponente. "In der Vergangenheit kam es vor, dass Arbeitgeber zum Beispiel nach einer jungen Frau eines bestimmten Aussehens gesucht haben", sagt Schmid. "Auch solche Inserate werden aussortiert."
Die Stellenanzeigen erscheinen überwiegend in der Wochenend-Ausgabe. Annahmeschluss ist der Donnerstagmorgen, veröffentlicht werden sie am Samstag. Zumindest dann, wenn die Texte unproblematisch und die Inserenten erreichbar sind. Was bei den gefälschten Inseraten nicht der Fall war.