Elbphilharmonie, Stuttgart 21, der Berliner Flughafen BER oder auch das Augsburger Staatstheater: Großprojekte, die ewig dauern, bis sie realisiert werden – und dann erheblich teurer werden als ursprünglich geplant - sind nichts Ungewöhnliches mehr. Dabei ist Projektmanagement aus Deutschland, wenn man Management-Experten glauben darf, ein weltweiter Exportschlager. Doch auch beim Bahnprojekt Augsburg-Ulm wird der Zeitplan wohl nicht eingehalten werden können.
Studie belegt enorme Kostensteigerungen bei Großprojekten
Dass dies kein Einzelfall ist, belegt eine Studie der Hertie School of Governance, die Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen bei 170 Großprojekten in Deutschland seit 1960 untersucht hat. Das Ergebnis: Im Schnitt erhöhen sich die Kosten um 73 Prozent. In der Spitze, wie bei BER und Stuttgart 21, bewegt man sich sogar im dreistelligen Prozentbereich. Wie die Bilanz beim Bahnprojekt Augsburg-Ulm hier einmal aussehen wird, lässt sich noch nicht abschätzen.
Sicher scheint: Es wird im kommenden Jahr vermutlich zu einer größeren Verzögerung kommen. Doch weder Bahn noch Projektleitung tragen die Schuld. Es sind der Zerfall der Ampel-Koalition und die daraus resultierenden Auswirkungen auf Entscheidungen zum Neubau der Bahnstrecke Augsburg-Ulm. Projektleiter Markus Baumann geht jedenfalls von etwa zwölf Monaten Verzug aus. Er begründet das so: Ursprünglich wollte das Verkehrsministerium zwischen März und Mai 2025 die Vorzugsvariante im Bundestag vorstellen, damit die Deutsche Bahn ab Juni 2025 weiterplanen kann. „Aber wir werden wohl keinen Bundestag haben, wenn wir die Entscheidung brauchen. Ich würde also momentan davon ausgehen, dass wir ein Jahr Verzögerung bekommen.“
Bei der Bahn-Pressestelle heißt es: „Aufgrund der fehlenden Bundeshaushaltsbeschlüsse und offener Fragen zur vorläufigen Haushaltsführung stehen aktuell wichtige Prämissen in der Finanzplanung der DB nicht fest. Die Auswirkungen dieser Situation auf verschiedene Projekte der DB werden aktuell bewertet und mit dem Aufsichtsrat im Dezember diskutiert.“
Bahnstrecke Augsburg-Ulm: Baubeginn frühestens 2030
Bahnmanager Baumann sagt, er hoffe, ab 2027 mit den ersten Teilabschnitten ins Genehmigungsverfahren gehen zu können. „Allerfrühestens 2030 könne Baubeginn sein.“ Immerhin: Bis dahin will die Bahn an Planungen arbeiten, um den Augsburger Hauptbahnhof fit für mehr Züge zu machen. Denn demnächst rechne man mit einer neuen Zugzahlen-Prognose für das Jahr 2040.
Absehbar scheint zu sein, dass die steigende Zahl an Güterzügen von Donauwörth nach München über Augsburg ein Problem für den Personenverkehr werden könnte, wenn man nicht reduziert. Zuletzt hatten auch der frühere Leiter der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), Herbert König, und CSU-Bundestagsabgeordneter Volker Ullrich darauf gedrängt, die Zahl der durchfahrenden Güterzüge zu begrenzen.
Auf die Planungen Augsburg-Ulm hat dies aber keinen Einfluss. Verkehrsexperte Ulrich Lange, Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Donau-Ries (Landkreise Donau-Ries, Dillingen und dem nördlichen Teil des Landkreises Aichach-Friedberg), ist zuversichtlicher, was die Auswirkungen der Neuwahlen betrifft: „Es hat sich nichts daran geändert, dass das Bahnprojekt Ulm-Augsburg im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans gelistet, Bestandteil des Bedarfsplans Schiene ist und damit oberste Priorität hat.“
Lange zufolge würden auch nach dem Scheitern der Ampel-Regierung die Planungen weitergehen, um die Vorschlagsvariante wie geplant dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr übergeben zu können. Auch wenn sich der Bundestag nicht wie vorgesehen noch in der jetzigen Legislaturperiode mit dem Projekt befassen wird können, werde dies auf den Gesamtzeitrahmen des Projekts wohl kaum Auswirkungen haben.
Kritik kommt von der IHK Schwaben
Kritischer sieht das der Verkehrsexperte der Industrie und Handelskammer (IHK) Schwaben, Peter Stöferle: „Die Bahn hat immer klar kommuniziert, dass sie die Bundestags-Entscheidung vor der Wahl erreichen möchte, um nicht viele Monate zu verlieren, bis sich eine neue Koalition und ein neuer Bundestags-Verkehrsausschuss gebildet haben. Genau dieses Szenario ist jetzt aber eingetreten.“
Für das Projekt und damit auch für die Region sei dies ein Nachteil. Die IHK setzt nun „im Interesse der Wirtschaft und des Standortes Bayerisch-Schwaben sehr darauf, dass die Bahn und die Politik in der Region alles tun werden, um diesen Zeitverzug von mindestens einem halben Jahr aufzuholen und dass der neue Bundestag schnellstmöglich den Weg für die weitere Planung und die Finanzierung frei macht“.
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