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Auch kleine Nager fressen Heu

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Auch kleine Nager fressen Heu

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    Erich Klas Heu und Stroh für Kleintiere
    Erich Klas Heu und Stroh für Kleintiere Foto: Manuela Mayr

    - Stall, Scheune, Wohnhaus, Garten, dazu vielleicht eine Weide unter Obstbäumen. So ungefähr stellen sich wohl die meisten einen Bauernhof vor. Landwirtschaft funktioniert aber auch anders. Erich Klas lebt es vor. Er wohnt in Windach (Kreis Landsberg) und arbeitet in Kottgeisering im Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck. Eine große Halle außerhalb des Dorfs und zwei Gewächshäuser sind die Basis seines Betriebs. Mit drei Angestellten produziert er dort Heu, Stroh und Getreide für kleine Nager, Katzengras, Tomaten und Sonnenstrom. "Ausgewandert" ist er allerdings nicht ganz freiwillig.

    Dass er es überhaupt geschafft hat, in der Landwirtschaft Fuß zu fassen, grenzt fast an ein Wunder. Dabei wollte der jetzt 37-Jährige von Kindesbeinen an nichts anderes. Der Stall daheim in Windach mit sieben Kühen, die Milchsammelstelle, in der am Abend das halbe Dorf zusammenkam: Für den Buben gab es nichts Schöneres. Aber die Eltern sahen keine Zukunft in ihrem kleinen Milchviehbetrieb. Sie meinten es gut, als sie ihrem Sohn verboten, Landwirt zu werden. "Irgendwann habe ich es eingesehen", sagt Klas. Er machte eine Schreinerlehre, sattelte später um auf Kfz-Mechaniker, hatte Spaß am Lernen und fand deshalb alles irgendwie interessant. Aber es war nicht das, was er wollte.

    Die Erleuchtung kam ihm vor etwa 15 Jahren in einer Münchner Zoohandlung. Für das Aquarium seines Vaters sollte er dort Fischfutter besorgen. Er sah Heu für Haustiere in Beuteln liegen. "Da wusste ich, das ist es." Klas kam mit dem Geschäftsinhaber ins Gespräch, erfuhr, dass der unzufrieden war mit der Qualität des Heus in seinem Sortiment. Klas zögerte nicht, kaufte Plastikbeutel, füllte zu Hause Heu ab und lieferte. Die Resonanz der Kunden war gut, Klas wurde zum ständigen Lieferanten und fand weitere Abnehmer. Die Eltern schüttelten den Kopf. Keiner glaubte an seine Geschäftsidee. Selbst nach fünf Jahren nebenberuflichen Erfolgs traute man ihm die selbstständige Existenz nicht zu. Als Klas wegen der beengten Lage der elterlichen Hofstelle die Aussiedlung beantragte, stellte sich das Landsberger Landwirtschaftsamt quer. Die Privilegierung, die das Bauen im Außenbereich erlaubt, blieb ihm verwehrt. Einen Milchviehstall mit 40 Kühen, so erzählt Klas, hätte er bauen dürfen, aber nicht eine Halle zum Trocknen, Lagern und Abfüllen von Futter für Meerschweinchen und Zwergkaninchen.

    Das Amt in Fürstenfeldbruck sah den Fall anders: "Endlich einer, der mal was anderes macht", habe es dort geheißen. Klas konnte seinen Traum in Kottgeisering verwirklichen, wo seine Mutter herstammte. Er holte die Ausbildung als Landwirt nach, machte die Meisterprüfung und absolvierte später auch noch eine Gesellenprüfung als Gärtner. Mit nur 17 Hektar Land ist er heute ein erfolgreicher Unternehmer. Heu, Stroh und Getreide von eigenen Feldern und von Kollegen vermarktet er über "Unser Land". Die Solidargemeinschaft von Bauern, Verbrauchern, Handwerkern, Händlern, Kirchen und Naturschutzverbänden in und um München gehört zu den bundesweit erfolgreichsten Initiativen zur Regionalvermarktung. Und Erich Klas ist mittendrin.

    Das Heu von "Unser Land" unter anderem für Tengelmann-Märkte in München kommt vom Ammersee und von Buckelwiesen aus dem Raum Garmisch-Partenkirchen. Für die Feneberg-Produktlinie "Von hier" wird es aus dem Allgäu geliefert und dort auch wieder verkauft. Für die "Basic"-Märkte mähen Bioland-Betriebe ihre Wiesen. Geschnitten, gereinigt und abgefüllt wird es in Kottgeisering mit einer selbst konstruierten Maschine.

    Klas hat Glück mit seinen Geschäftspartnern im Handel. Etwas von deren Fairness versucht er Im Alpwirtschaftlichen Verein an Bergbauern weiterzugeben. Weil "ohne sie die Kulturlandschaft verloren geht", hat er sich bei "Unser Land" dafür stark gemacht, dem Verein aus dem Verkauf des Heus einen Solidarbeitrag zur Verfügung zu stellen. Erich Klas ist mit Herzblut bei der Sache ­ auch wenn er keinen klassischen Bauernhof bewirtschaftet. "Vielleicht, weil alle gegen meine Ideen waren. Das hat mich angespornt!"

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