Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München muss sich ein weiteres Mal mit der Sicherheit des Atommüll-Zwischenlagers im schwäbischen Gundremmingen befassen. Am Donnerstag haben die Münchner Richter Klagen von Grundstückseigentümern aus der Umgebung des Kernkraftwerks verhandelt. Rund acht Stunden lang wurde im Sitzungssaal im Erdgeschoss des VGH debattiert. Kurz nach 18 Uhr teilt der Pressesprecher des bayerischen VGH mit, dass sich die Beteiligten nun geeinigt haben, in ein schriftliches Verfahren überzugehen. In den kommenden Wochen soll ein Urteil feststehen. Dieses werde den Klägern schriftlich zugestellt.
Darum geht es: Mehrere Anwohner des Lagers verlangen von der Bundesrepublik, dass die 20 Jahre alte Genehmigung der Atomanlage widerrufen wird. Sie begründen dies unter anderem damit, dass das Brennelemente-Lager nicht ausreichend gegen den Absturz eines großen Passagierflugzeugs wie den Airbus A380 geschützt sei. Wann der VGH in dem Verfahren eine Entscheidung verkündet, war zunächst unklar.
Prozess um Gundremmingen: Kläger sehen Sicherheit bei Zwischenlager gefährdet
Die Kläger hoffen wegen eines zehn Jahre alten Urteils aus Norddeutschland auf einen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht in Schleswig hatte im Juni 2013 die Zulassung des Zwischenlagers in Brunsbüttel kassiert, das Bundesverwaltungsgericht bestätigte später die Entscheidung. Beim Zwischenlager Brunsbüttel waren die Richter davon ausgegangen, dass es nicht hinreichend gegen terroristische Angriffe wie den Absturz eines Airbus A380 oder einen Angriff mit panzerbrechenden Waffen geprüft worden sei.
Das VGH hatte bereits im Jahr 2006 zum Start der Einlagerung von verbrauchten Brennelementen Klagen gegen das Lager in Gundremmingen (Landreis Günzburg) sowie die beiden anderen Zwischenlager in Bayern abgewiesen. Die jetzigen Kläger verlangen dennoch, dass die aus dem Jahr 2003 stammende Genehmigung für das Brennelementelager bei dem mittlerweile stillgelegten Atommeiler widerrufen wird. Die Kläger sehen weiterhin ihre Sicherheit gefährdet.
Anfang der 2000er-Jahre waren die Zwischenlager an den Standorten der deutschen Kernkraftwerke geplant und gebaut worden. Idee war, dass an den dezentralen Standorten der Atommüll verwahrt wird, bis es in der Bundesrepublik ein Endlager gibt. In Gundremmingen wurden ab 2006 Behälter mit Brennelementen eingelagert.
Nach Angaben der bundeseigenen Betreibergesellschaft der Lager, der BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung, sind in dem Lager in Schwaben bereits 127 von 192 Stellplätzen für Castor-Behälter belegt. Später sollen einmal 176 Behälter dort gelagert werden. Die Genehmigung des Lagers läuft bis zum Jahr 2046. Kritiker befürchten aber, dass bis dahin kein Endlager zur Verfügung steht und der Atommüll noch Jahrzehnte länger an den Standorten der früheren Atomkraftwerke verbleiben muss.
Kernkraftwerk Gundremmingen: Risiken von Flugzeugabsturz und Terrorismus?
Die Kläger kritisieren, dass die Risiken eines Flugzeugabsturzes auf das Lager und der Beschuss durch Terroristen nicht hinreichend geprüft worden sei. Die Betreiber weisen dies zurück. "Die Zwischenlager der BGZ zählen zu den bestgesicherten Anlagen in Deutschland", sagt Unternehmenssprecher Burghard Rosen.
Der Schutz der Anlagen gegen Terror werde von den Sicherheitsbehörden ständig geprüft und bei Bedarf angepasst. "So werden beispielsweise an den Zwischenlagern der BGZ zusätzliche Stahlbetonwände errichtet, um den Schutz der Lager zu verstärken."
Gundremmingen einer der größten Atomstandorte in Deutschland
Bezüglich des Themas Flugzeugabstürze verweist die BGZ auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA unter anderem auf das World Trade Center in New York. Seit damals sei "auch ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf Zwischenlager Bestandteil der Genehmigungsverfahren". Es sei nachgewiesen, "dass durch einen absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturz auf ein Zwischenlager eine Gefährdung von Leben und Gesundheit der Bevölkerung ausgeschlossen werden kann", sagt Rosen.
Gundremmingen zählt zu den größten Atomstandorten in Deutschland. In der schwäbischen Gemeinde ging 1966 das erste große Atomkraftwerk (AKW) der Bundesrepublik ans Netz. Dieser Meiler wurde nach einem Jahrzehnt und mehreren schweren Störfällen abgeschaltet. Die Blöcke B und C wurden im Jahr 1984 zusammen fertiggestellt und gingen im Abstand weniger Monate in Betrieb. Silvester 2021 wurde der Betrieb des Kernkraftwerks eingestellt. (dpa, sohu)
Zum Ende der Atomkraft in unserer Region bietet unsere Redaktion auch eine Podcast-Serie: "Gespalten – Gundremmingen und das Ende der Atomkraft"