Der Augsburger Bischof Bertram Meier wertet öffentliche Selbstverpflichtungserklärungen anderer deutscher Bischöfe zum kirchlichen Arbeitsrecht im Zuge der Aktion "#OutInChurch" als "Beiträge für eine Diskussion, die in kompetenten Gremien und in der Bischofskonferenz noch aussteht". Das erklärte ein Bistumssprecher am Dienstag auf Anfrage.
Damit gibt Meier – zumindest indirekt – zu verstehen, dass es in seinem Bistum keine derartige Absichtserklärung geben wird, wie zum Beispiel im
Jung hatte vor etwas mehr als einer Woche in einer "Selbstverpflichtungserklärung" versichert, dass er bei Beschäftigten seiner Diözese, des Caritasverbandes und aller anderen angeschlossenen Rechtsträger keine arbeits- bzw. disziplinarrechtlichen Maßnahmen ergreifen werde, wenn die persönliche Lebensführung oder die sexuelle Orientierung der Mitarbeitenden betroffen sei.
Bischof Jung schloss ausdrücklich "verkündigungsnahe Tätigkeiten" in seine Erklärung mit ein. Jungs Beispiel folgten andere Bistümer. Das Bistum Essen etwa erklärte dezidiert: "Die sexuelle Orientierung, das Eingehen einer zivilen gleichgeschlechtlichen Ehe oder einer zivilen Wiederheirat bei bestehender kirchenrechtlich gültig geschlossener Erstehe zieht bei uns im Bistum Essen keine arbeitsrechtlichen Sanktionen nach sich."
Mitte Januar outeten sich mehr als hundert Mitarbeitende und Ehrenamtliche der katholischen Kirche
Mitte Januar hatten sich mehr als hundert Priester, Ordensbrüder, Gemeindereferentinnen, Bistumsmitarbeiter, Religionslehrerinnen und Erzieherinnen öffentlich als lesbisch, schwul, bi, queer, nicht-binär oder transsexuell geoutet. Sie fordern unter anderem volle Anerkennung und eine Reform der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“.
In dieser wird zum Beispiel das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft als schwerwiegender Loyalitätsverstoß gewertet, der bei katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die pastoral oder als Religionslehrer tätig sind, in der Regel eine „Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen“ nach sich zieht.
Der Augsburger Bischof Bertram Meier hatte – ebenfalls auf Anfrage unserer Redaktion – bereits erklärt: "Sicher ist, dass – sollten konkrete Handlungserfordernisse erkennbar werden – das Bistum Augsburg sich im Gespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in jedem Fall um eine gute Lösung bemühen wird.“
Nun wies sein Sprecher am Dienstag darauf hin, dass die Grundordnung, die unter anderem die Loyalitätsobliegenheiten der in den 27 deutschen Diözesen Beschäftigten regelt, zuletzt im Jahr 2015 vom Verband der Diözesen Deutschlands "gemeinsam und für alle Bistümer verbindlich beschlossen" worden sei. "Eventuelle Änderungen dieser Rechtsquelle des Arbeitsrechtes der katholischen Kirche in Deutschland müssen gemeinsam diskutiert und gegebenenfalls beschlossen werden."
Die Bischöfe beraten bereits über eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts
Tatsächlich ist dieser Prozess schon im Gange. Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, sagte der Heilbronner Stimme, er erwarte zügige Fortschritte bei Lockerungen im kirchlichen Arbeitsrecht. Man sei schön länger daran, die Bestimmungen so zu modifizieren, dass Diskriminierung von queeren Menschen nicht mehr stattfinde.
So lange wollen einige Kirchenmänner offensichtlich nicht mehr warten. Vor wenigen Tagen setzten sich elf Generalvikare in einem offenen Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, den Limburger Bischof Georg Bätzing, für eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts ein.
Elf Generalvikare finden in einem offenen Brief deutliche Worte
"Uns beeindruckt der Mut einer so großen Zahl von kirchlichen Mitarbeitenden, die aufgrund der geltenden Loyalitätsobliegenheiten in der Grundordnung für den kirchlichen Dienst ihre sexuelle Orientierung verbergen, ihre Beziehungen verheimlichen müssen und eine sogenannte Zivilehe nicht eingehen dürfen, um ihren Arbeitsplatz oder ihre kirchliche Lehrerlaubnis nicht zu gefährden", schrieben sie. Die Grundordnung rufe seit Jahrzehnten unzählige Leidensgeschichten hervor. Dies sei ein nicht mehr akzeptabler Zustand. Die Generalvikare "bitten alle Bischöfe darum, kurzfristig eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechtes herbeizuführen".
Gezeichnet wurde der offene Brief von den Generalvikaren – das ist jeweils das "Alter Ego" des Ortsbischofs – aus Trier, Hamburg, Paderborn, Berlin, Essen, Limburg, Magdeburg, Speyer, Hildesheim, Münster und des Militärbischofsamts.
In wenigen Wochen treffen sich die deutschen Bischöfe zu einer Vollversammlung
Mit all diesen Reaktionen haben die Aktion "#OutInChurch" und die dritte Vollversammlung des Reformprozesses Synodaler Weg zwischen Bischöfen und engagierten Laien, die vor kurzem in Frankfurt am Main stattfand, in der katholischen Kirche binnen kurzer Zeit einiges in Bewegung gebracht. Das nächste – nicht öffentliche – Treffen der deutschen Bischöfe beginnt am 7. März. Dann sehen sie sich zur Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im bayerischen Wallfahrtsort Vierzehnheiligen.