Der Bruder von Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger hat eingeräumt, zu Schulzeiten vor mehr als 30 Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben. "Ich bin der Verfasser des in der Presse wiedergegebenen Flugblattes", heißt es in einer persönlichen Erklärung des Bruders, die ein Freie-Wähler-Sprecher am Samstagabend weiterleitete. "Ich distanziere mich in jeder Hinsicht von dem unsäglichen Inhalt und bedauere sehr die Folgen dieses Tuns. Ich war damals total wütend, weil ich in der Schule durchgefallen war. Ich war damals noch minderjährig." Zuvor hatte die Mediengruppe Bayern über das Eingeständnis des ein Jahr älteren Bruders berichtet.
Zuvor hatte es fast 24 Stunden gedauert, bis sich Hubert Aiwanger, Freie-Wähler-Chef, bayerischer Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister, mit eigenen Worten zu den massiven Vorwürfen äußerte, die die Süddeutsche Zeitung in einem am Freitagabend online veröffentlichten Artikel erhoben hatte. Ihre Recherchen legten nahe, dass Aiwanger als 17-jähriger Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst haben soll. Am Samstagabend stellte Aiwanger via Mitteilung klar: "Ich habe das fragliche Papier nicht verfasst und erachte den Inhalt als ekelhaft und menschenverachtend." Weiterhin erklärte er, dass ihm der Verfasser bekannt sei. Dieser werde sich selbst erklären. Laut Aiwangers Parteikollegen Fabian Mehring werde dies noch an diesem Samstagabend geschehen. "Weder damals noch heute war und ist es meine Art, andere Menschen zu verpfeifen", sagte Aiwanger.
Seit der Veröffentlichung des Artikels häuften sich die Rücktritts- und Entlassungsforderungen an ihn. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte am Rande des Augsburger Plärrer-Volksfestes Aufklärung vom Chef der mitregierenden Freien Wähler. Dieser traf sich am Samstag in München mit den Spitzen seiner Partei.
FW-Geschäftsführer Mehring: Es werden "schmutzige Kampagnen sechs Wochen vor wichtigen Wahlen gegen uns gefahren"
Kurz nach Ende dieses Treffens stärkte ihm der Parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler (FW), der schwäbische Landtagsabgeordnete Fabian Mehring, den Rücken. Unserer Redaktion sagte er: "Hubert Aiwanger hat heute in München gegenüber uns Vorständen seiner Regierungsfraktion sowie unseren FW-Kabinettsmitgliedern persönlich und glaubhaft versichert, nicht Urheber der widerlichen Hetzschrift zu sein, die laut Medienberichten vor über 35 Jahren auf der Schultoilette des niederbayerischen Gymnasiums aufgetaucht ist, dessen Schülersprecher Hubert war." Der FW-Politiker ergänzte: "Umso bemerkenswerter ist, welche schmutzigen Kampagnen sechs Wochen vor wichtigen Wahlen gegen uns gefahren werden, nachdem wir Freie Wähler auf der politischen Erfolgswelle schwimmen."
Aiwanger selbst führte aus: "Bei mir als damals minderjährigen Schüler wurden ein oder wenige Exemplare in meiner Schultasche gefunden. Daraufhin wurde ich zum Direktor einbestellt. Mir wurde mit der Polizei gedroht, wenn ich den Sachverhalt nicht aufkläre." Seine Eltern seien in den Sachverhalt nicht eingebunden gewesen. Aiwanger weiter: "Als Ausweg wurde mir angeboten, ein Referat zu halten. Dies ging ich unter Druck ein. Damit war die Sache für die Schule erledigt. Ob ich eine Erklärung abgegeben oder einzelne Exemplare weitergegeben habe, ist mir heute nicht mehr erinnerlich." Auch nach 35 Jahren distanziere er sich vollends von dem Papier.