Nach der tragischen Nachricht vom Tod der zweijährigen Hafsa und ihrer Mutter gibt es zum Zustand der weiteren Verletzten nach dem Anschlag in München hoffnungsvolle Neuigkeiten. Immer mehr von ihnen sind stabil oder können gar das Krankenhaus verlassen.
Mehr als 30 Verletzte waren nach der Auto-Attacke auf einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi am Donnerstagvormittag in Kliniken gebracht worden. Manche von ihnen konnten noch am selben Tag oder tags darauf wieder nach Hause. Das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) hatte 14 Patientinnen und Patienten aufgenommen. Neun konnten mittlerweile entlassen werden. Vier würden derzeit noch stationär behandelt, sagt eine Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion. Auch die kleine Hafsa wurde im LMU-Klinikum operiert. „Das medizinische Team hat alles versucht, um das Kind zu retten“, heißt es aus der Klinik. Man sei zutiefst betroffen, diesen Kampf verloren zu haben.

Neben dem Uni-Krankenhaus hat auch die kommunale München Klinik (MüK) Opfer aufgenommen. Sechs teilweise Schwer- und Schwerstverletzte hatte das medizinische Team dort zu versorgen. „Alle sind stabil“, heißt es nun aus der Pressestelle der Klinik. „Einige konnten bereits entlassen werden; die verbliebenen werden weiterhin auf Normalstationen versorgt.“ Auch das Rotkreuzklinikum, das Klinikum Dritter Orden und das Klinikum rechts der Isar hatten zwischenzeitlich Verletzte behandelt.
Die Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte der München Klinik standen nach dem Anschlag unter besonders großem Druck. Schließlich war die Demo, die so schrecklich endete, eine Veranstaltung für Angestellte des öffentlichen Dienstes. Das Krankenhaus ist eine städtische Einrichtung, deshalb waren auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von dort unter den Streikenden. Die Beschäftigten seien alle unverletzt geblieben, sagte am Sonntag MüK-Geschäftsführerin Petra Geistberger. Sie hätten sich unmittelbar nach dem Anschlag auf den Weg zurück an ihre Klinik-Standorte gemacht, um bei der Behandlung von Verletzten zu helfen. Das reguläre OP-Programm wurde nach Angaben des Krankenhauses nach dem Attentat „kurzfristig heruntergefahren, um OP-Kapazitäten für die Schwer- bis Schwerstverletzten freizumachen“.
Klinik in München hatte „Massenanfall“ von Verletzten jüngst trainiert
Wenn viele Verletzte auf einmal eingeliefert werden, spricht man in der Fachsprache von einem „Massenanfall“. Solche außergewöhnlichen Notfälle müssen Angestellte von Krankenhäusern regelmäßig trainieren. In der München Klinik hatte die letzte größere Übung zusammen mit Polizei und Rettungskräften erst im November stattgefunden.

In ganz Bayern wehten am Montag die Flaggen an staatlichen Gebäuden auf halbmast. Am Montagabend soll ein ökumenischer Gottesdienst in der Münchner Frauenkirche stattfinden. Die Stadt München hat im Rathaus ein Kondolenzbuch für die beiden Toten ausgelegt. „München trauert“, schrieb Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) als Erster in das Buch. „Wir alle sind zutiefst erschüttert. Der brutale Anschlag auf den Demonstrationszug hat uns mitten ins Herz getroffen. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei allen Opfern und ihren Familien.“
Die verstorbene 37-Jährige hatte als Ingenieurin bei der Stadtentwässerung gearbeitet. Wie ihre Tochter erlag sie zwei Tage nach der Tat ihren Verletzungen. Sie hatte ihr Kind im Kinderwagen dabeigehabt und lief der Polizei zufolge am hinteren Ende des Demonstrationszugs, als der Attentäter Farhad N. mit seinem Mini Cooper in die Menschenmenge raste - Schätzungen zufolge mit etwa 50 Stundenkilometern. Der Kinderwagen ist auf vielen Bildern des Tatorts zu sehen, wie flach zusammengefaltet lag er nach dem Zusammenstoß auf der Straße zwischen Mützen, einzelnen Schuhen und Wärmedecken, mit denen die Verletzten erstversorgt worden waren.
Der Mann, der für all das Grauen verantwortlich ist, sitzt in Untersuchungshaft in einem bayerischen Gefängnis. In welchem, teilt die ermittelnde Generalbundesanwaltschaft nicht mit. 140 Beamte sind Teil der Sonderkommission, die den Anschlag in den kommenden Wochen untersuchen wird. Die Polizei vermutet hinter der Tat des 24-jährigen, sehr religiösen Afghanen ein islamistisches Motiv. Ein Zeuge hatte unserer Redaktion kurz nach der Attacke gesagt, der Täter habe bei seiner Festnahme „Allahu Akbar“ gerufen, den Satz, der schon oft bei nachweislich islamistischen Anschlägen gefallen ist. Die Polizei hat das mittlerweile bestätigt.
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