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Analyse: Söder und die Kanzlerkandidatur: Mögen täte er schon wollen, aber …

Analyse

Söder und die Kanzlerkandidatur: Mögen täte er schon wollen, aber …

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    Kanzlerkandidat? Markus Söder redet in dieser Frage ein wenig um den heißen Brei herum.
    Kanzlerkandidat? Markus Söder redet in dieser Frage ein wenig um den heißen Brei herum. Foto: Bernhard Weizenegger

    War es der Charme von Caren Miosga? War es ihre Raffinesse? Oder ist es die Frage an sich, die den ansonsten so trittsicheren Markus Söder im Fernsehstudio kurzfristig ins Wanken brachte? Sein Bekenntnis, es sei „extremst unwahrscheinlich“, dass er Kanzlerkandidat der Union wird, kam am Sonntagabend jedenfalls ziemlich gewunden daher. Dabei ist es – und Söder weiß das selbstverständlich – ganz einfach. Bisher gelten in der beliebten K-Frage bei CDU und CSU diese Regeln:

    Drei eiserne Regeln gibt es zur

    Regel Nummer 1: Ein CSU-Vorsitzender wird nur dann Kanzlerkandidat der Union, wenn die CDU ihn lässt – so wie 1980 und 2002 als Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber antreten durften, um in allen Ehren die Wahl zu verlieren. 

    Regel Nummer 2: Die CDU lässt einem CSU-Vorsitzenden nur dann den Vortritt, wenn sie davon ausgeht, dass die Union ohnehin keine Chance hat, die Wahl zu gewinnen – so wie 1980 und 2002, als Helmut Kohl und Angela Merkel für sich entschieden, erst einmal in Wartestellung zu bleiben.

    Regel Nummer 3: Keinenfalls aber überlässt die CDU dem CSU-Chef die Kanzlerkandidatur, wenn sie davon ausgehen muss, dass er im Gegensatz zum CDU-Chef die Chance hat, die Wahl zu gewinnen und Kanzler zu werden. So war das zuletzt vor drei Jahren, als Söder unbedingt wollte, CDU-Chef Armin Laschet aber trotz schlechterer Umfragewerte darauf beharrte, selbst anzutreten. 

    Und für Geschichtsbewusste als Ergänzung noch Regel Nummer 4: Ein bayerischer Konservativer kann in Ausnahmefällen sehr wohl deutscher Bundeskanzler werden, allerdings nur dann, wenn er nicht Mitglied der CSU ist – so wie Ludwig Erhard (CDU) im Jahr 1963. 

    Söder hält sich ein Hintertürchen offen

    Mit dem Begriff „extremst unwahrscheinlich“, den er im Fernsehinterview mit Miosga verwendete, hat Söder also offenbar untertrieben. Gleichzeitig hat er sich unter Missachtung der Regeln 1 bis 3 ein Hintertürchen offengehalten – für den „extremst unwahrscheinlichen“ Fall der Fälle. 

    Mögen täte er schon wollen, aber wie es gehen könnte, weiß er nicht. Parteifreunde, die behaupten, Söder bestens zu kennen, nutzen das Bild von zwei nicht kompatiblen Gehirnhälften, um diese Zerrissenheit zu erklären. In der einen Hälfte, so sagen sie, wohne der Verstand. Dort ist klar, dass die Regeln 1 bis 3 weiterhin Gültigkeit haben und es keinerlei Sinn macht, noch einmal Energie in das Projekt Kanzlerkandidatur zu stecken. In der anderen Hälfte wohnten die Leidenschaften: Ehrgeiz, Stolz und die tief sitzende Überzeugung, der bessere Kandidat zu sein. Dort lebt der Traum vom ersten CSU-Bundeskanzler in regelmäßiger Wiederkehr fort. 

    In Söders Hirn kämpfen Verstand und Ehrgeiz miteinander

    Vielleicht aber unterschätzt Söder, wer versucht, ihn mit derlei trivialpsychologischen Interpretationen zu knacken. Einer der wichtigsten Philosophen der Macht, der Italiener Niccolo Machiavelli (1469 bis 1527), hat der Nachwelt ein paar Weisheiten hinterlassen, die schon länger ihre Gültigkeit unter Beweis gestellt haben als die vergleichsweise jungen unionsinternen Regeln zur Kanzlerkandidatenfindung. 

    Für politischen Erfolg braucht es nach Machiavelli Kraft (virtu) und Glück (fortuna). Für seine Kraft – gemeint ist die Fähigkeit zu regieren – muss der Politiker selbst sorgen. Sein Glück aber kann er nicht beeinflussen. In den Worten von Ex-CSU-Chef Erwin Huber: „Luck is, when opportunity meets preparation.“ (Glück ist, wenn die Gelegenheit auf Vorbereitung trifft). 

    Auch so kann man Söder verstehen. Statt „extremst unwahrscheinlich“ zu sagen, was ja auch grammatikalisch fragwürdig ist, hätte er auch einfach sagen können: „Ich bräuchte schon einen Riesendusel, um Kanzlerkandidat der Union zu werden.“ Dann hätte er auch nicht so um den heißen Brei herumreden müssen.

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